§ 3 Älteste Zeit der Barner im heutigen Mecklenburg
Wir hatten im ersten Paragraphen unternommen, das geschichtliche
Dunkel der Herkunft des meckl. Rittergeschlechts Barner zu liebten, und
wollen nun in diesem und in den folgenden Abschnitten an der Hand urkundlichen
und geschichtlichen Materials zu schildern versuchen, wie das Geschlecht
im Gebiet des heutigen Mecklenburgs sich ausgebreitet und in verschiedene
Linien und Äste sich verzweigt hat.
Der als Stammvater der Familie von Barner in Mecklenburg
zu geltende Otto Berner ist 1302 am Sonntag Reminiscere zu Wittenburg Zeuge,
als der Graf Nikolaus v. Schwerin seiner Stadt Crivitz zur Vergrößerung
der Feldmark ein Dorf schenkte (Urk. 1). Sämtliche 4 namentlich
genannte Zeugen sind milites d. i. Ritter, und Otto Berner wird als zweiter
genannt. Aus letzterem Umstande kann man schließen, daß
er älter als die beiden nach ihm, aufgeführten Heinrich v. Aderstadt
und Johannes v. Lützow war, da in Urkunden des Mittelalters bei der
Aufzeichnung der Zeugen die Reihenfolge unter Berücksichtigung des
Alters und der Würde geschah.Da die Zeugen alle schon die Ritterwürde
erlangt hatten, also nicht mehr so ganz jung gewesen sein werden, und Otto
Berner von diesen der zweitälteste war, so wird er schon bei ziemlichen
Jahren gewesen und vielleicht schon vor 1250 geboren sein. Daß
er in der Umgebung des Grafen von Schwerin auftritt, deutet wohl darauf
hin, daß er Lehnsvasall desselben war.
Die Grafschaft Schwerin bestand aus den Ländern
Schwerin, Wittenburg, Boizenburg, Silesen, Crivitz und Brenz. Das
Land Silesen war ein Landstreif am Ostufer des Schweriner Sees und bestand
aus den heutigen Kirchspielen Retgendorf, Zittow und Pinnow. Das
Land Crivitz schloß sich nach Süden und Osten daran an, wird
aber Bülow nicht mehr mit eingeschlossen haben, weil dies fürstlich
mecklenburgisch gewesen sein muß, da Fürst Johann von Mecklenburg
dem Kloster Dobbertin 1262 zwei Hufen in Bülow verleiht.Das Land Brenz
war das Gebiet des jetzigen Domanial-Amts Neustadt.
Wir werden wohl die Urheimat der Barner in Mecklenburg
im Lande Silesen und Crivitz zu erblicken heben. Dort wird Ritter
Otto Berner gräflichschwerinsche Güter, zu Lehn gehabt haben.
Nicht weit davon treten auch die Barner bald mit Grundbesitz nachweislich
auf.
Nach einer mecklenburgischen Volkssage (Studemund,
Meckl. Sagen, Bd. 1 (1823) S. 18 ff.) lebte 1349 in der Stadt Wittenburg,
die zur Grafschaft Schwerin gehörte, "der-alte ehrwürdige Stadtvogt
Berner". Dieser kann ein Bruder oder ein Sohn des Ritters Otto Berner
gewesen sein oder auch ein bürgerlicher Berner, der also nicht zur
Familie gehört.
Ritter Otto wird mindestens drei Söhne gehabt
haben: Johann, Otto und einen, dessen Vornamen wir nicht kennen.
Die Nachkommenschaft Johanns blühte in mehreren Generationen bis zur
Mitte des 15. Jahrhunderts und kann als die Lenschower Linie bezeichnet
werden. Otto (Sohn) ist derjenige, dessen Sprossen noch heute in Mecklenburg,
Dänemark und anderswo zahlreich leben.
Der Sohn Ritter Ottos, von dem nichts auf die Nachwelt
gekommen, hatte einen Sohn Werner Berner. Dieser wird in Urkunden
von 1336, 1342 und 1353 (Urk. 4, 6 u. 9) genannt und scheint in Sternberg
oder in der Gegend dieser Stadt gewohnt zu haben, da nach der Urkunde vom
1.
November 1336 seine Schuldner, Wismarsche Patrizier, ihre Schuld in Sternberg
leisten sollen und zwar im Falle seines Todes dem Herrn Heinrich von Sülten
und dem Otto Berner, seinem patruus. Bier ist dies Wort in seiner
alten Bedeutung als Oheim gebraucht, nicht in der des Mittelalters als
Vetter. Diese Substitution von 2 neuen Gläubigern für seinen
Todesfall läßt darauf schließen, daß Werner damals
nicht nur unbeerbt war, sondern auch mit seinem Ende rechnen mußte.
Zu denken gibt die Einsetzung des Heinrich v. Sülten neben einem Verwandten.
Wir werden nachher einen Heinrich Berner kennen lernen, der zu Sülten
wohnte. Es liegt nahe, diese beiden zu identifizieren. Und
doch werden es nicht dieselben Personen gewesen sein. Denn wäre
dieser Heinrich v. Sülten auch ein Mitglied der Familie Berner gewesen,
so wäre er als solcher genannt und ebenso, wie Otto als patruus von
Werner Berner bezeichnet wurde, auch mit frater oder dgl. belegt worden.
Heinrich von Sülten wurde in Wismar 1317 Bürger, war später
Ratsherr und kommt zuletzt 1349 vor.
§ 3a Lenschower Linie - Als Begründer
dieser Linie nehmen wir Johann Berner an, den wir für einen Sohn des
Ritters Otto halten. Johannes Berner zeugt und bürgt am 9. April
1313 (Urk. 9), als Eckhard Negendank sein Pfandrecht an seines Neffen Konrad
Gütern in Brahlstorf dem Schweriner Domkapitel
überträgt. Da er in der darüber aufgenommenen
Urkunde als -vorletzter aufgeführt wird, so kann man wohl annehmen,
daß er damals 1313 noch ziemlich jugendlichem Alter stand.
Brahlstorf, um das es sich in der Urkunde handelt, liegt im Lande Silesen,
in der Grafschaft Schwerin, also in der Gegend der Urheimat der Barner.
Auch die zweite über ihn handelnde Urkunde von 1344 (Urk. 7) weist
indirekt auf jene Gegend hin. Danach lieh er 1344 Borchard v. Lützow
ein kleines Kapital. Dieser ist wiederholt in der Gefolgschaft der
Grafen von Schwerin nachzuweisen und verkauft 1343') Besitz in Zittow,
das auch im Lande Silesen lag. Johann Berner und Borchard Lützow
werden wohl Nachbarn gewesen sein. Johanns Besitz erstreckte sich
aber noch weiter östlich nach Lenschow, das zwischen Crivitz, Sternberg,
Goldberg und Parchim liegt. Die Gegend bei Lenschow gehörte
bis 1261 zur Herrschaft Parchim-Richenberg, war dann eine Zeit lang gräflich
schwerinsch und wurde dann fürstlich mecklenburgisch. Es ist
ja möglich, daß die Grafen von Schwerin, die wir als die ersten
Lehnsherren der mecklenburgischen Barner anzusehen haben, damals, als ihnen
1261 bei der Landesentsetzung Pribislavs Parchim und Umgegend zufiel, zur
Verstärkung ihrer Macht in dem neu erworbenen Lande ihre alten Vasallen
mit Grundbesitz daselbst belohnten und darunter auch Ritter Otto Berner
oder dessen Vater mit Dorf Lenschow. Dieser Besitz wäre dann
gut ein Jahrhundert in der Familie gewesen, da Heinrich Berner noch 1361
als zu Lenschow wohnhaft genannt wird.
Als Johann Berners Söhne gelten uns: Otto d.
Ä., Martin, Heinrich und Otto d. J. ') Sie werden in der Urkunde vom
2 1. August 1852 (Urk. 8) als Brüder genannt; der jüngere Otto
war damals noch minderjährig. Diese Brüder leisteten als
Besitzer des Dorfes Lenschow der Stadt Parchim wegen der von dieser in
Lenschow verübten Brandstiftung und Plünderung nach geschehener
Genugtuung durch die Stadt Urfehde.
Martin und Otto d. J. treten in Urkunden nicht wieder
auf.
Heinrich begegnet uns 1361 März 31 (Urk. 12)
und zwar als in Lenschow wohnend und als erstgenannter Vormund der Kinder
seines älteren Bruders Otto. - Am 6. Dezember 1361 (Urk. 14) bürgt
zu Parchim ein Knappe Heinrich Berner bei einem Verkauf von Einkünften
aus Gömtow (jetzt Friedrichsruhe); die Rechtshandlung hat in Parchim
stattgefunden. Gömtow lag ungefähr eine gute Meile von
Lenschow, dem Wohnsitz Heinrich Berners, des Sohnes von Johann, ab.
Danach könnte also der Heinrich Berner vom 6. Dezember 1361 mit diesem
Lenschower Heinrich
Berner identisch sein. Nun sind aber die an den beiden Urkunden
hängenden Siegeln dieses vom 31. März 1361 und jenes vom
6. Dezember 1361 hinsichtlich der Zeichnung ganz verschieden, wie man aus
der Siegeltafel auch sofort erkennen kann. Es ist kaum anzunehmen,
daß der Lenschower Heinrich Berner so kurz hintereinander sich zweier
verschiedener Petschafte beim Siegeln bedient habe. Wahrscheinlicher
ist, daß es ein anderer Heinrich Berner war, der am 6. Dezember 1861
zu Parchim als dritter (und wohl jüngster) von drei Knappen als Mitlober
wirkte. Wir wollen ihn für einen Seitenverwandten, vielleicht
für einen Großneffen Ritter Ottos halten, dessen Ascendenz nicht
festzustellen ist. Über andere nicht zu ermittelnde Heinrich Berner
siehe das Ende dieses Paragraphen.
Der älteste Bruder der Lenschower Berner Otto
führte seinen Vornamen wohl nach seinem Großvater, dem Ritter
Otto, wie überhaupt dieser Rufname im Mittelalter bei den Berner häufig
begegnet. Otto zu Lenschow kann nicht alt geworden sein, da er nach
den beiden Urkunden vom 31. März 1361 damals schon tot war.
An diesem Tage verkauften die Vormünder seiner hinterbliebenen Kinder:
sein Bruder Heinrich zu Lenschow, Claus Wamekow (zu Sternberg), Henneke
Bohnsack zu Raden und Heinrich Berner zu Sülten vier Hufen in Steinhagen,
das zum Stift Schwerin gehörte und bei Bützow liegt. Es
hatte sich also der Familienbesitz von der Grafschaft Schwerin und dem
Fürstentum Mecklenburg auch auf das Stift Schwerin ausgedehnt.
Otto Berner war am 6. Januar 1354 (Urk. 10) Mitlober bei Verkauf von Rechten
an Groß-Görnow und am 18. Mai desselben Jahres (Urk. 11)
Zeuge, als der Herzog Johann von Mecklenburg-Stargard Hufen im Dorfe Pastin
einem Geistlichen, der sie gekauft hatte, verleiht. Da der genannte
Herzog Otto Berner als' Zeugen für eine Regierungshandlung zuzieht,
so wird Otto B. damals in der Umgebung des Herzogs sich befunden und unter
seiner Lehnshoheit gestanden haben, was hinsichtlich Lenschows zutrifft.
Außer diesem genannten Besitz von Lenschow und Steinhagen besaß
Otto auch noch Hebungen in Holzendorf bei Sternberg (Ksp. Dabel),
deren Charakter und Umfang aber aus der nur als Regest überlieferten
Urkunde von 1381 (Urk. 24) nicht deutlich hervorgeht.
Von diesem Lenschower Otto Berner kennen wir bestimmt
als Söhne: Claus und Hermann. Wahrscheinlich waren aber auch
die 1397 (Urk. 32) als zu Zaschendorf wohnhaften Gottschalk und Heinrich
seine Söhne.
Letztere beiden kommen nicht wieder urkundlich vor.
Auffallend ist ihr Wohnsitz Zaschendorf, das ja später von Martin
Berner angekauft wurde und dann Jahrhunderte der Stammsitz einer Linie
war. Es ist anzunehmen, daß also schon im 14. Jahrhundert
die Barner Besitz in Zaschendorf hatten und dieser später wieder aus
der Familie kam.
Auch Ottos Sohn Hermann wird namentlich nur 1381
genannt. Nach einer in diesem Jahre aufgenommenen und früher
im Klosterarchiv zu Dobbertin aufbewahrten Urkunde legte Hermann Berner,
Sohn Ottos von Lenschow, Zeugnis ab, daß der Herzog Johann von Mecklenburg-Stargard
und seine Räte ihn mit Jakob Pentzin (der 1369 Hof und Gut dorf von
Nik. Schade gekauft hatte) verglichen hätten dahin, daß
Pentzin ihm für das Geld, das sein Vater Otto Berner und seine Erben
an dem Gute Holzendorf wegen Hoferhebungen gehabt habe, 50 Mark lüb.
geben sollte.
Öfter in Urkunden ist uns der älteste
Sohn Ottos Claus Berner überliefert. Es mag erwähnt werden,
daß zu gleicher Zeit es noch mindestens einen Claus Berner gegeben
hat, und daß diese Namensvettern natürlich schwer auseinander
zu halten sind. Nach der Stellung in der Zeugenreihe und nach dem
Objekt und Ort der beurkundeten Handlung und nach den Siegeln und nach
sonstigen Merkmalen glauben wir aber doch das Richtige bei der Unterscheidung
dieser Claus Berner getroffen zu haben.
Claus, Ottos Sohn, wird ungefähr 1343 geboren
sein, da er am 1. November 1368 als eben mündig geworden auftritt
(Urk. 17). An diesem Tage wurden die 1361 von den Vormündern
der Otto Bernerschen Kinder verkauften vier Hufen in Steinhagen den Käufern
auch hinsichtlich des Lehnsrechts an den Hufen übertragen, indem Claus
Berner, der nebst seinen Brüdern 1361 beim Verkauf noch nicht mündig
und daher zu der Aufgabe seines Lehnrechts nicht fähig war, vor seinem
Lehnsherrn für Steinhagen, dem Schweriner Bischof Friedrich (von Bülow),
die Hufen aufließ und der Lehnsherr dann diese Auflassung konstatierte.
Dieser Claus Berner tritt dann am 23. Januar 1369 (Urk. 19) als Zeuge
auf, und zwar wird er seinem jugendlichen Alter entsprechend als letzter
in der Zeugenreihe aufgeführt. Wenn er in den drei Urkunden
vom 2. April 1390 (Urk. 27, 28, 28a) noch als letzter der Treuhänder
genannt wird, so liegt dies daran, daß die Vordermänner eben
doch noch älter waren als er. Sowohl diese drei Urkunden von
1390, wie auch die vorn 6. Januar 1396 (Urk. 31), wo auch Claus als Zeuge
mitwirkt, betreffen die Veräußerung des Werderhofs, der am Nordwestufer
des Tempziner Sees gelegen war. An der Urkunde von 1396 hängt
noch das Siegel Claus Berners. Weiteres ist über diesen Lenschower
Claus nichts erhalten.
Vielleicht war der Heinrich Berner, der 1445 und
1468 in Güstrow vorkommt (Urk. 59 u. 83), ein Sohn von ihm und der
letzte von der Lenschower Linie.
Wer der Heinrich Berner war, der 1373 seit 18 Jahren
ein Haus in Warnemünde besaß und es zwischen 1378 und 1382 an
Tesmar v. Oertzen verkaufte, ist nicht zu sagen. Vielleicht gehörte
er gar nicht zu der ritterbürtigen Familie. Warnemünde war damals
nur ein ganz unbedeutender Fischer- und Hafenort, der an und für sich
wolhl nicht zum Wohnsitz eines Edelmannes taugte. Aber der Umstand,
daß Heinrich Berner sein Haus an einen Edelmann wieder verkaufte,
spricht doch wieder für den adligen Stand Heinrich Berners.
Man kann ja vielleicht annehmen, daß er aus gesundheitlichen Rücksichten
und um Ruhe nach einem bewegten kriegerischen Leben zu genießen,
diesen Aufenthalt an der See fern von der Familie wählte. Sollte
er mit Heinrich Berner zusammenhängen, der 1361 Dezember 6 zu Parchim
Mitlober war?
Den Heinrich Berner, der im Verzeichnis der Hebungen
der Pfarre zu Alt-Gaarz von 1364 genannt wird, können wir wohl für
einen Bauern halten. (Urk. 15.)
Ebenso ist es zweifelhaft, ob der Heinrich Berner,
der 1426, 1437, 1441, 1446 und 1449 urkundlich als herzoglicher Vogt zu
Neubukow vorkommt und zwischen 1449 und 1460 gestorben ist, zu der ritterbürtigen
mecklenburgischen Familie gehört. Es deuten manche Umstände
auf bürgerliche Verhältnisse hin. Seine Frau hieß
Gherberghe, eine Tochter war an Hermann Knochenhauer in Wismar verheiratet.
(Urk. 50a, 56a, 58a, 61 und 61 a.)
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