§ 5 Die Zaschendorfer Linie - Martin Berner
Martin Berner, der Begründer dieser Linie, war,
wie wir gesehen haben, ein Sohn des Tönnies zu Gutow, ein Enkel des
Claus zu Sternberg und ein Urenkel Heinrichs zu Sülten. Martin
wird in Gutow geboren sein, ist aber durch den frühzeitigen Tod seines
Vaters jung verwaist und dann, als auch der väterliche oder richtiger
großväterliche Hof in Gutow von seinen Vaterbrüdern 1430
verkauft wurde, vielleicht in Sternberg unter der Aufsicht seines Onkels
Gottschalk aufgewachsen, der ja Pfarrer zu Sternberg war und der auch wohl
Martins Bruder Johann zum Geistlichen und seine Schwester Sile zur Nonne
bestimmte. Daß Martin seit 1451 ab häufig bei Rechtshandlungen,
die der Herzog Heinrich IV. (der Dicke) von Mecklenburg-Schwerin beurkundet,
als Zeuge oder Mitlober auftritt, deutet darauf hin, daß er viel
in der Umgebung des Herzogs sich auf hielt. Man kann vielleicht vermuten,
daß er in seiner Jugendzeit, als er noch keinen ihm zusagenden Edelsitz
hatte, ständig am Hofe war und vielleicht auch eine Hofcharge bekleidete.
Grundbesitz hatte er ja genügend geerbt, aber es werden nur Bauernhöfe
gewesen sein, die wohl Einkünfte brachten, aber ihm zum Wohnsitz nicht
dienen mochten. Unvermögend kann Martin nicht gewesen sein,
da Herzog Heinrich, der, immer Geld brauchte und viel von seinen Vasallen
borgte, auch ihm 1460 ein Kapital von 150 Mark lübisch gegen 10 Prozent
ablieh (Urk. 67). Martin wird bei dieser Gelegenheit als Knappe "zu
Zaschendorf" bezeichnet. Er hat also damals (1460) schon auf diesem
Gute gewohnt, vielleicht als Pfandbesitzer, und hat es dann 1462 gekauft
(Urk. 68, 69, 70). Daß die Belehnung Martins mit Zaschendorf
einige Monate vor dem offiziellen Kaufvertrag liegt, darf nicht so sehr
auffallen, da man solches sonst noch in Urkunden findet. Vielleicht
konnte Martin nicht den Kaufschilling voll erlegen und wollten die Barnekows
nicht eher tradieren, weshalb Martin sich erst durch Verkauf von Einkünften
aus Zaschendorf an die Nikolaikirche zu Wismar Geld zur Ausbezahlung des
Kaufpreises verschaffte.
Es ist möglich, daß die Barner den Besitz
in Zaschendorf den sie nach der Urkunde vom 13. Mai 1397 (Urk. 32)
damals hatten, immer bis auf Martin gehabt haben und daß dieser nur
den alten Zaschendorfer Besitz durch Ankauf des anderen, vielleicht größeren
Barnekowschen Anteils vervollständigte, so daß nun das ganze
Gut und Dorf den Barner gehörte. Dann erklärt sich ja auch
leicht, daß Martin schon 1460 als zu Zaschendorf angesessen genannt
wird. Von da ab wird er immer nach diesem Wohnsitz genannt, das Gut
ist dann zwei Jahrhunderte lang der Stammsitz der älteren Linie seiner
Nachkommen gewesen und hat seiner gesamten Nachkommenschaft den Namen "Zaschendorfer
Barner" gegeben im Gegensatz zu den Schimm-Weseliner Barner.
Außer Zaschendorf besaß Martin, meist
durch Vererbung, Anteil in Penzin, Sülten, Kobrow, Panstorf, Kublen,
Pubow und Neperstorf. Letzteren Besitz erbte er und seine Schimmer
Vettern je zur Hälfte von ihrem Großvetter Martin Berner, Sohn
Ottos.
Sehr zweifelhaft ist Martius Verhältnis zu
dein Barnerschen Lehn Schimm. Wie wir schon wiederholt gesehen haben, wurde
mit diesem Gut Claus Berner zu Sternberg und seine rechten Erben, Männer
und Frauen, im Jahre 1427 von der Herzogin Katharina zu Mecklenburg als
Vormünderin ihrer damals unmündigen Söhne belehnt (Urk.
51). Die Herzogin versprach in dem Lehnbrief, daß ihre, Söhne
(Heinrich und Johann) nach erlangter Volljährigkeit und wenn Claus
Berner oder seine rechten Erben es begehrten, einen Lehnbrief auf Schimrn
nach Inhalt des von ihr ausgestellten neu erteilen sollten. Dies
letztere geschah (Urk. 91) 1475 Dezember 28 zu Schwerin durch Herzog Heinrich
IV. (sein Bruder Johann war längst tot), indem dieser unter Berufung
auf die Belehnung von Claus und desser) Erben durch seine Mutter Herzogin
Katharina und auf das Erfordern seitens der Vettern Martin und Gottschalk
Berner diesen beiden und ihren Erben für Schimm einen neuen Lehnbrief
erteilte.
Dies war soweit in Ordnung, als beide: Martin und
Gottschalk Enkel und Erben des erstbelehnten Claus waren. Nun war damals
die Belehnung von Claus statt seines Sohnes Hermann, der als der Ehemann
der Schimmer Erbtochter Dorothea Hoseke der eigentliche zu Schimm Berechtigte
war, deshalb geschehen, und das Lehn als nunmehriges Altlehn fester an
die
Barner zu ketten. Denn wenn Hermann belohnt wäre und ohne
Lehnserben starb, so fiel das Gut wieder aus der Barnerschen Familie.
Nun aber Claus und seine Erben belehnt waren, so war diese Befürchtung
bei den vielen anderen Nachkommen von Claus nicht so sehr vorhanden, da
bei einem unbeerbten Absterben Hermanns seine Brüder und deren Deszendenz
Lehnserben für Schimm wurden. Außerdem kam hinzu, daß
es als Kunkellehn verliehen wurde. Hatte Hermann nur Töchter,
so fiel das Lehn an diese und durch deren Männer in andere Familien.
Dies alles hatte Claus wohl bedacht und ließ sich und seine Erben
daher belehnen im Interesse der Barner. Trotz dieser Belehnung war
und blieb aber Hermann doch der, der allein ein Recht auf den tatsächlichen
Besitz und auf die ungeteilte Nutznießung von ganz Schimm haben konnte.
Daß Martin sich neben Hermanns Sohn Gottschalk bei der Neubelehnung
1475 mitbelehnen ließ (und zwar als der Sohn des älteren Sohnes
von Claus auch zuerst genannt), kann man verstehen, da er ja auch Erbe
von Claus war. Diese Mitbelehnung konnte ihm aber, wenn unsere obigen
Ausführungen richtig sind, kein tatsächliches Recht auf Besitz
und Natznießung gewähren, da er die realen Verhältnisse
kannte. Um so auffallender ist daher der Umstand, daß Martin
1481 (Urk. 97) seinen Schimmer Vettern Hans, Otto und Claus Berner den
halben Hof und das halbe Dorf Schimm wiederkäuflich verkaufte so,
wie Hermann es besessen habe. Hieraus muß man schließen,
daß Martin bei seiner Belehnurig ein tatsächliches Recht auf
die Hälfte von Schimm erwarb, weil er vielleicht vorher seinen Schimmer
Vettern mit Geld geholfen hatte und diese ihm dafür ein Miteigentumsrecht
und Mitbesitz an Schimm einräumten, die er dann nach knapp sechs Jahren
ihnen wiederkäuflich wieder überließ. Man kann aber
auch annehmen, daß der Verkauf von 1481 nur ein Scheingeschäft
war über etwas, was tatsächlich Martin, dem Verkäufer, gar
nicht gehörte, und vielleicht deshalb von ihm nach Verabredung mit
seinen Vettern vorgenommen wurde, um bei einem etwaigen späteren Verkauf
von Schimm sich oder seinen Nachkommen einen Anspruch auf das halbe Schimm
zu sichern. Doch wird man hierin nie klar sehen können, da auch
der Prozeß, den Martins Enkel Johann und dann dessen Söhne ein
Jahrhundert später um den Besitz des halben Schimm führten, keine
Klärung der Sachlage gebracht hat. An der Echtheit der Urkunde
von 1481 ist wohl nicht zu zweifeln. Der Umstand, daß die Originalurkunde
nach dem Zeugnis des die Abschrift beglaubigenden Notars damals viermal
durchschnitten gewesen sei, also dadurch als nicht mehr geltend kassiert
war, trägt auch nicht dazu bei, die ursprünglichen Verhältnisse
klarer zu machen.
Wie schon vorhin erwähnt, wirkte Martin sehr
oft bei fürstlichen und anderen Rechtsgeschäften als Mitlober
und Zeuge mit, wie aus den Urkunden von 1451 bis 1493 zu ersehen ist.
Außerdem wollen wir noch folgende besondere, urkundlich tiberlieferte
Ereignisse aus seinem Leben erwähnen: Herzog Heinrich IV. von Mecklenburg-Schwerin
beniühte sich, die damals in Mecklenburg grassierende Straßenräuberei
der Edelleute zu verhindern und ließ 1467 Dietrich v. Plessen, des
Herzogs Ulrich von Mecklenburg-Stargard Hauptmann zu Wredenhagen, aufheben,
weil dieser Rostocker Kaufleute beraubt hatte. Hierdurch beleidigt,
fiel der kriegslustige Herzog Ulrich sofort von Sternberg aus mit gewaffneter
Hand ins Schwerinsche ein, wobei es zu feindseligen Zusammenstößen
kam. Einem weiteren Ausbruche der Erbitterung zwischen den fürstlichen
Verwandten kamen die Lehnmänner der Lande Wenden und Stargard zuvor,
indem sie zu Sternberg am 22. Mai 1467 einen Präliminarvertrag
entwarfen, vermöge dessen Herzog Ulrich alle Gefangenen losgeben und
allen Schaden ersetzen sollte. Dieses Abkommen ihrer Vasallen bestätigten
Herzog Heinrich und sein Sohn Magnus zu Plan am 8. Juni 1467 und zeichneten
zugleich ihren und der Ihrigen Verlust durch den Überfall Ulrichs
auf (Urk. 81). Nach dieser Aufzeichnung ist auch Martin Berner beim
Kampfe und Verlust beteiligt gewesen, indem er (oder seine Leute) ein Pferd
zu 35 fl. und einen Panzer und zwei Armbrüste zu 11 fl. verloren hatte.
Auch versöhnte sich Herzog Heinrich unter Herzog Ulrichs Genehmigung
am 30. März 1468 mit der Stadt Sternberg wegen des in dieser
Fehde von beiden Seiten erlittenen Schadens, und die Stadt gelobte Heinrich
für die Zukunft Friedfertigkeit. Dieser Friede zwischen dem
Herzog und Sternberg wurde vermittelt durch den Meister des Klosters Tempzin
und die Vasallen Curd Sperling, Woldemar v. Plessen und Martin Berner (Urk.
89).
Was es für eine Bewandtnis hat mit einer in
Wismar beschlagnahmten geheimnisvollen Kiste, von der Bischof Johann v.
Ratzeburg in seinem Schreiben vom 30. Juli 1492 an den Rat zu Wismar
spricht, wobei Martin, Hans und Claus Barner eine Rolle spielen, ist nicht
klar (Urk. 119). Aus dem Schreiben Herzogs Magnus vom 1. Juni 1494
an den Wismarschen Rat wegen Auslieferung von Schmuckstücken ersehen
wir, daß Martin mehrere Kinder hatte (Urk. 123). Er wird zwischen
1494 und 1502 gestorben sein.
Nach dem Gedenkstein, der zu Ehren Johann Berners,
Martins Enkel, 1606 von Joachim Berner in der Zittower Kirche gestiftet
wurde, und auf dem die Wappen und Namen der vier Ahnen von Johann Berner
und seiner Frau Magdalene Pentz eingemeißelt sind, muß der
Geschlechtsname von Martins Frau auf sen geendigt haben. Der Anfang
des Namens ist leider, da der Stein früber auf dem Fußboden
des Altarraumes in Zittow eingelassen war, durch die vielen Tritte der
Jahrhunderte zertreten und nicht mehr zu lesen. Das Geschlechtswappen
von Martins Frau zeigt vier gegengezinnte Querbalken. Ein solches
Wappen ist nicht überliefert. Es ist möglich, daß
die Querbalken wellig gezogene Querbänder und dann das Wappen der
Wotsetsen (oder Wozenitz) darstellen sollen. Danach wäre also
Martins Frau eine Wozenitz gewesen. - Nach einer anderen Version soll sie
Kirchberg geheißen haben. Wenigstens sagte in dein Prozeß
um das halbe Schimm, der 1578 begann, die als Zeugin vernommene Dorothea
Kerchberg weiland Bürchert Rappen Witwe zu Sternberg aus, daß
Johann Barners Großmutter und ihr Großvater Schwester und Bruder
gewesen wären, auch heißt in diesem Prozeß Vincenz Kirchberg
zu Netzow des Klägers, Johann Berners Oheim. Aus dieser Verwandtschaft
ist aber noch nicht zwingend zu schließen, daß Joliann Berners
Großmutter von Vaters Seite eine Kirchberg war. Denn es kann
der Witwe Rappen geb. Kirchberg Großvater mütterlicherseits
ein Velroggen und ein Bruder der Mutter von Johann Berners Mutter, der
Frau v. Bülow geh. Velroggen, gewesen sein. - Wir wollen auf
Grund des Gedenksteins in Zittow annehmen, daß Martins Frau aus dem
mecklenburgischen Geschlechte der Wozenitz stammte.
Martin hatte mindestens zwei Kinder: Martin und
Anna. Diese war ebenso wie ihre Tante Sile im Kloster Neukloster,
wo sie 1516 von 54 Konventualinnen als die neunzehnte aufgeführt wird
(Urk. 158)
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