a) Lüder, jener der schon 1427 genannt war,
machte 1439 auf seinen Antheil Lehsen und sein Gut Waschow eine Anleihe,
bewohnte diese Güter aber nicht, sondern seinen Hof zu Wittenburg;
als "Lüder Blücher zu Wittenburg" leistete er am 1. December
1439 Gewähr für die von Züle zu Marsow, am 23. März
1440 für die Preen zu Badow, und derselbe "Lüder Blücher
zu Wittenburg" verkaufte 1441 eine Rente aus seinen Lehsener Antheil, 1442,
am 15. April, eine solche aus Waschow, und am 31. April 1442 machte er
wiederum eine Anleihe und setzte dafür einen Wiese zum Pfande, die,
wie es scheint, zu dem Lehnhofe in Wittenburg gehörte. Der 21. April
1442 ist das letzte Datum aus seinem Leben, und gestorben ist er spätestens
zwei Jahre hernach; denn Sein Sohn Hermann verfügte am 14. October
schon über das Gut Waschow.
Lüders Frau wird nie in Urkunden genannt. Wenn,
wie man vermuthen darf, der Name Tönnies, welchen der jüngste
Sohn führte, von Seiten der mütterlichen Verwandtschaft damals
in die Familie von Blücher eingedrungen ist, so ist allerdings die
Auswahl der Familie im Westen MEcklenburgs, welche erwiesener Maßen
diesen Vornamen führten nicht gross; aber freilich sind es doch immer
mehr als einen, und darum wäre keine Vermuthung von Nutzen.
b) Von den Söhnen Lüders kommt der älteste,
Lüder, der Ratzeburger Domherr, hier nicht in Betracht. Von den beiden
andern wird Tönnies zweimal, und zwar einmal in einem Urkunden- Auszuge
und einmal in einer nicht von ihnen selbst ausgestellten Urkunde vor Hermann
genannt, sonst Hermann von beiden zuerst; ohne Zweifel war also Hermann
älter als Tönnies. Hermann war, wie es scheint, auch bedeutender
als sein bruder; überhaupt tritt Tönnies wenig hervor, und er
starb in seinen besten Jahren. Zum letzten Mal findet sich Tönnies
am 1. Juni 1463 genannt; am 12. März verkaufte Hermann schon auf eigene
Hand eine Rente aus dem Gute Waschow und verfügte fernerhin bis zum
Jahre 1480 ganz allein über dasselbe. Er lebte noch im Jahre 1485.
Es fragt sich, ob beide Brüder, Hermann und
Tönnies, die nach den Urkunden beide auf dem Hofe zu Waschow lebten,
zu Lehsen also vermuthlich kein Haus hatten, überhaupt eine Theilung
des väterliche Nachlasses vorgenommen haben. Den Hof zu Wittenburg,
welchen sie vom Vater ererbt hatten, verkauften sie beide gemeinschaftlich
1452; bewohnt hat ihn auch bis dahin wohl keiner von beiden, da nie einer
von ihnen als "zu Wittenburg"; sondern immer nur als zu Waschow wohnhaft
bezeichnet wird. Man müsste sich beinahe verwundern, wenn dieses verhältnissmässig
nicht grosse Landgut bei der damaligen Wrthschaft der Bauern, an die bei
weitem der grösste Theil ausgethan war, zwei Familien erhalten konnte.
Die Urkunden beweisen aber auch, dass das Vermögen des Waschower Hauses
um diese Zeit im Abnehmen begriffen war; denn die meisten betreffend Verpfändungen,
wie auch die Briefe des Vaters Pfandbriefe waren. So versetze Hermann eine
Wiese, beide Brüder machten 1447 eine kleine Anleihe, 1452 verkauften
sie, wie erwähnt, den Hof zu Wittenburg, 1465 verkaufter Hermann wieder
eine Rente, und ebenso 1477 und 1485.
Von einer Beteiligung der beiden Brüder bei
öffentlichen Angelegenheiten und bei Streitigkeiten, die zu jener
Zeit nur allzu häufig waren, liest man nichts. Denn dass jener Hermann
von Blücher, der mit Gerd Lepel, einem in jener Gegend sonst unbekannten
Manne aus einen pommerschen Geschlechte, gemeinschaftlich eine Fehde mit
Lübeck führte, auch seine Vetter für sich gewann und bei
ihm Zuflucht fand, dann späterhin auch für Gerke Borchhagen,
als dieser den Lübeckern Urfehde schwören musste, Bürgschaft
leistete, eben jener Hermann von Blücher auf Waschow gewesen sei,
ist höchst unwahrscheinlich, da dieser wohl nicht nach Preten, sondern
nach Waschow seine Zuflucht genommen hätte. Dagegen ergiebt sich aus
gelegentlichen Andeutungen, dass Hermann auf Waschow in einigen Beziehungen
zum Herzoge Heinrich IV. stand, wie er denn auch zu verschiedenen Malen
als getreuer Vasall für dessen Anleihen sich mit verbürgt hat.
Beide Brüder haben, wie sich sogleich ergeben
wird, Kinder hinterlassen, obwohl Latomus das Gegentheil angiebt; aber
die Herkunft und die Namen ihrer beiden Frauen zu ermitteln, ist bis auf
etwaige weitere Entdeckungen urkundlicher Nachrichten nicht möglich.
Hermann hat freilich zweimal für Johann von Lützow auf Dreilützow
Bürgschaft geleistet, und einmal für Detlev von Züle zu
Marsow; aber wenngleich solche Bürgschaften auf Verwandtschaftsverhältnisse
hinzudeuten pflegen, reichen diese doch nicht aus, um eine bestimmte Vermuthung
darauf zu gründen. Steinmetz giebt seinem anderen Hermann eine von
Scharffenberg, und fügt sogar eine Jahreszahl 1476 hinzu. Wenn nun
vielleicht jemand die beiden Persönlichkeiten zu einer verschmelzen
wollte, so würde damit also der Name der Gemahlin unseres Hermann
gewonnen; aber wahrscheinlicher dünkt es uns, dass diese geborene
von Scharpenberg keine andere ist, als jene Geseke, die Wittwe Lüdekes
auf Lehsen, welche, wie wir schon wissen, 1453 in ihrem Siegel den Scharpenbergschen
Stral führte.
Ueber die nächste Verwandtschaft der Gemahlin
des Tönnies von Blücher darf man vielleicht aus der Verhandlung
über die Vormundschaft ihrer Kinder eine Vermuthung wagen. Als "erer
beyder frunde", des Vormundes Hermann von Blücher und der Mündel
(Antons Kinder), welche mit Hermann verhandelten, werden "Volradt Pren,
Reymer Blucher, Hans Bokeman" genannt. Da Reimer Blücher der Blutsfreund
des Vormundes war, so scheint es, dass Vollrath Preen der nächste
mütterliche Blutsfreund der Mündel gewesen ist.
c) Ein altes Concept, das freilich undatiert ist,
dessen Abfassungszeit sich aber doch mit ziemlicher Genauigkeit feststellen
lässt, belehrt uns, dass um das Jahr 1480 Hermann Blücher auf
Waschow der Vormundschaft für seine "Bruderkinder", nämlich für
"Lüder Blücher und seine Brüder" entbunden ward. Eine flüchtige
Correctur dieses Entwurfes, bei welcher versehentlich das Wort "veddern"
stehen geblieben ist, könnte zu dem Irrthum verleiten, dass Hermanns
Bruder Lüder geheissen habe, wenn nicht, wie soeben gezeigt ward,
der Name Tönnies für denselben ganz fest stünde.
Als Lüders Schwester darf man nun wohl um ihres
Namens willen wegen Nonne Antonie (Tönnige) von Blücher im Kloster
Rühn (bei Bützow) ansehen, die zuerst 1479 und zuletzt 1495 erwähnt
wird; vielleicht war sie die "Klosterjungfrau", von welcher bei der Vormundschaftsentlassung
die Rede ist.
Brüder Lüders weist unsere Urkundensammlung
aber noch nicht nach. Es steht freilich zu vermuthen, das der Domherr Hermann
von Blücher zu Ratzeburg zu diesen gehört hat; aber bezeichnet
wird er als solcher an keiner Stelle. Nachträglich ist uns jedoch
noch ein Bruder Lüders, und zwar mit dieser ausdrücklichen Bezeichnung,
aus einer Urkunde des Lübischen Archivs bekannt geworden, er hiess
Hartwig. Leider ist die Thätigkeit Hartwigs, von welcher dieses Aktenstück
Kunde giebt, kleine lobenswerthe, sonder ein Strassenraub, den er 1488
in Gemeinschaft mit einem Wackerbart zwischen Grevesmühlen und Dassow
an einem Mönche verübte, mit einer Andeutung, dass er sich noch
ähnliche Thaten hat zu Schulden kommen lassen. - Es geht aus derselben
urkunde hervor, dass Hartwig gewiss wenig über 30 Jahre alt, vor dem
27. April 1490 verstorben ist.
[.........]
e) Wo Hermann zum letzen Male, 1485, erscheint, steht neben ihm sein
Sohn Tönnies (Anton); sie verkaufen gemeinschaftlich eine Rente aus
Waschow. Tönnies war aber freilich nicht
Hermanns einziger Sohn; vielmehr hat Steinmetz ganz Recht, wenn er
Letzterem vier Söhne zuschreibt. Reimar Blücher, Hermanns
Vetter, giebt ausdrücklich Zeugniss, dass Achim (Joachim) von Blücher
auf Waschow Hermanns Sohn gewesen ist, und die Erbtheilungsacte vom Jahre
1511 belehrt uns, dass Achim jünger als Lüder, aber älter
als Hartwig wer. Welche Stelle aber der damals schon als verstorben erwähnte
Bruder Tönnies bei ihnen oder zwischen ihnen eingenommen hatte, ist
aus dieser Urkunde nicht zu entnehmen. Indessen erklärt sich
der Umstand, dass gerade er allein 1485 mit dem Vater eine Schuldverschreibung
ausstellte, am einfachsten aus der Annahme, dass er damals allein erst
mündig war; er war also der älteste Bruder. Diese Behauptung
wird dann auch durch Antons späteres Auftreten vollkommen bestätigt.
Denn, wie es scheint, war er schon 1491 in herzoglichem Dienste, am 29.
Juni 1500 wohnte er auf Waschow und leistete für Ulrich von Pentz
eine Bürgschaft, 1503 aber verwaltete er das Amt eines fürstlichen
Vogtes zu Grabow vielleicht auch zu Neustadt, während sein Bruder
Lüder erst 1504 genannt wird, und zwar in einer anscheinend keineswegs
bedeutenden Stellung am herzoghclien Hofe. Spitere Zeugenaussagen,
dass Lüder und Achim von Blücher als Mündel Reimars auf
dessen Hofe erzogen seien, werden ganz richtige enthalten. Von Hartwig
wird es nicht erzählt; vielleicht blieb er bei der Mutter, die noch
1511 am Leben war.
So selten Tönnies von Blücher auch genannt
ist, darf man ihn doch gewiss für einen tüchtigen Mann ansehen.
Wenigstens muss er sich als Beamter die volle Zufriedenheit seiner Herzoge
erworben haben, da sie ihm im Jahre 1503 das schöne Lehngut Sukow
im Amte Neukalen verliehen, welches jetzt das älteste Besitzthum der
Familie von Blücher ist. Doch war nicht er, wie freilich in
neueren angegeben wird, der Stammvater der jetzt weit verzweigten Linie
Sukow, und er hat vielleicht kaum ein Jahr jenes Gut besessen, wenn er
überall schon desselben mächtig geworden ist. Im November
1504 war bereits Henning von Oldenburg Vogt zu Grabow; wahrscheinlich hatte
aber Tönnies von Blüchers Tod ihm den Weg zu diesem Amte gebahnt,
da im Sommer 1506 nicht mehr Tönnies, sondern schon sein Bruder Lüder
in der Lübischen Fehde den Rossdienst von dem Gute Sukow leistete,
und im December desselben Jahres Lüder und Hartwig von Blücher
die Verzichtleistung der von Kaland auf ihre Lehnsansprüche entgegennahmen.
Dass Tönnies keine Kinder hinterlassen hat,
sagt nicht nur Steinmetz, sondern auch Zeugenaussagen bei Gelegenheit eines
Sukower Processes um die Mitte des 16. Jahrhunderts stimmen damit
überein, und der Erbvertrag vom Jahre 1511 giebt eine Bestätigung.
Es ist nicht unsere Absicht, schon hier auf die
Erwerbung von Sukow näher einzugehen; eine ausführlichere Erörterung
versparen wir uns auf die Geschichte der Sukower Linie im nächsten
Bande. Nur um unserer Stammtafel einen gewissen Abschluss geben zu
können, sei hier darauf hingewiesen, dass Lüder von Blücher
sich am 18. Juli 1507 mit Else Smeker (aus dem
Hause Wüstenfelde) vermählte; beide erscheinen zuletzt im Jahre
1513 in den Acten, wo "Lüder Blücher mit der Frawen", auf den
5. Juni zur Hochzeit des Herzogs Heinrich mit der Pfalzgräfin Helena
nach Wismar entboten ward. In der Vasallenrolle von 1521 werden schon
"Lüder Blüchers nhagelathen kyndere tho Sukow" aufgeführt.
Lüder ist der Stammvater der Linie Sukow, die in den Häusern
Sukow, Wasdow und, Göhren, Teschow und Kuppentin - und in den gräfiichen
Häusern Finken und Blücher fortblühet.
Dem dritten Sohne Hermanns, Joachim, fiel bei der
Erbteilung 1511 das väterliche Stammgut Waschow mit dem Antheil von
Lehsen zu. Er war nach Steinmetz mit einer von Lützow vermählt;
in den Urkunden wird ihr Name nie genannt. Die Nachkommen Achims
verloren freilich das Stammgut Waschow in der Noth des dreissigjährigen
Krieges, erwarben aber später die werthvollere Besitzung Gützkow
im Osten Meklenburgs, und heutiges Tages sitzen sie auf Buderose in Schlesien.
Joachim wird 1521 noch als Lehnmann auf Waschow aufgeführt; nicht
lange hernach wird er aber gestorben sein. Wenigstens muss man aus
den Worten Reimars von Blücher, den Achim zum Vormunde für seine
beiden Kinder Jürgen (Georg) und Dorothea bestellt hatte, den Schluss
ziehen, dass dieser die Vormundschaft, die er 1529 niederlegte, eine Reihe
von Jahren geführt hat.
Der jüngste der 4 Brüder, Hartwig, tritt am spätesten
hervor, und er wird überhaupt nicht oft , genannt. Seine jüngeren
Jahre verlebte er zum Theil am herzoglichen Hofe; vielleicht verdankt er
dieser Stellung die Gunst des Herzogs Heinrich, dass ihm das Gut Klein-Renzow
zu Lehn gegeben, und dass er, indem er nach dem Abgange des letzten von
Boddin (1501) die Erbjungfer Anna von Boddin heirathete, und damit in den
Besitz des Gutes Boddin auf ihre, der Erbjungfer, Lebenszeit gelangt war,
auch erblich mit diesem Gute belehnt ward. 1506 war Hartwig noch mit seinem
Bruder Lüder im gemeinsamen Besitze von Sukow, ward aber doch als
Lehnmann der Vogtei Wittenburg, sei es für Boddin allein, oder auch
schon für Klein-Renzow, aufgerufen. Dass Hartwig von Blücher
1521 noch lebte, ergiebt sich aus der Vasallenrolle jenes Jahres; spätere
Lebenszeichen fehlen. Seine Nachkommen haben eine grosse Anzahl von
Häusern gegründet, Boddin, Klein-Renzow, Wibendorf (Blücher),
das (ältere) Haus Bobbin, das ältere Haus Rosenow, und Wietow;
das letztgenannte ist allein übrig geblieben.
Endlich ist hier noch eine Tochter Hermanns von
Blücher zu erwähnen. Die Familie von Gamm, die wir oben (S. 26)
als eine der wenigen sicher wendischer Abkunft genannt haben, erinnert
sich noch alter Verwandtschaft mit der Familie von Blücher. [...]
Ueberblicken wir schliesslich das Resultat unsres
§ 35, so lässt sich dasselbe zu folgender Stammtafel
zusammenfassen.