Der Stammvater
des Geschlechts Hahn ist ohne Zweifel der
Ritter Eckhard, der erste des Namens in der Geschichte, um so
unzweifelhafter
der Stammvater, als er allein von seinen Zeitgenossen den Namen Hahn
führt,
sein älterer Bruder Gottschalk aber, sich nach seinem Ritterlehn
von Dechow
nennt [IX] und Stammvater des Geschlechts von Dechow. wird. Von seinem
ersten
Auftreten an ist er beständig im Gefolge des Fürsten Johann
von Meklenburg, des
Stifters der fürstlichen Linie Meklenburg, Theil nehmend, an allen
wichtigen
und einflussreichen Begebenheiten bei der Begründung der neuen
Zustände, bei
dem gänzlichen Verschwinden der wendischen Formen. Er tritt mit
dem
Fürsten, ehe dieser im J. 1256 die Residenz nach Wismar verlegte,
in den alten
wendischen Fürstenburgen und den neu gestifteten Klöstern
auf, vorzüglich aber
auf der Burg Gadebusch, welche vor Wismar Hauptresidenz des
Fürsten Johann war,
und wirkt hier mit den Stammvätern der neuen Rittergeschlechter,
wie Thetlev
von Gadebusch, Gottfried und Johann von Bülow, Gerhard von Malin,
Conrad von
Swinge, Alverich von Barnekow, Thetlev von Parketin u.a., von denen
manche nur
noch in den Büchern der Gesuichte bekannt sind. Dies und der
Umstand, dass sein
Bruder Gottschalk von Dechow zu Dechow und Röggelin im Bisthume
Ratzeburg in
der Nähe von Rehna ansässig war [III], deutet darauf hin,
dass er, wie die
Stammväter vieler anderer alten Geschlechter, seine Besitzungen im
Lande
Gadebusch hatte oder vielleicth als Rath des Fürsten ein Burglehn
zu Gadebusch
und mit seinem Bruder die Familiengüter gemeinsam besass. In den
ersten Jahren
lebt er ohne ritterliche Würde [IV, V], wie alle seine Genossen
aus dem alten
Adel; seit dem J. 1236 erscheint er aber mit diesen mit der
Ritterwürde [VI]
geziert.
Noch
standen
die jungen Fürsten des Wendelands unter Vormundschaft, als am 30.
October 1230
die beiden ältern Brüder Johann und Nicolaus, später
Fürst von Werle, für sich
und ihre beiden andern Brüder, mit dem Grafen Gunzelin von
Schwerin ein
Frejndschaftsbündniss schlossen. Der Groll zwischen beiden
landesherrlichen
Häusern musste bei einer so feindlichen Stellung, wie sie die
Grafen von
Schwerin früher gegen die oboritischen Fürsten gehabt
hatten, bedeutend
gewesen sein. Nun aber waren von beiden Seiten die beiden Generationen,
welche
Zeugen der oft blutigen Begebenheiten gewesen aren, dahin gestorben :
Borwin I
1227, Heinrich Borwin II 1226 und der berühmte Graf Heinrich I,
Gunzelin I
Sohn, 1228. Es war Friede uim Lande und nach aussen hin; die jungen
Landesherren, welche aus eigener Anschauung das Heidethum nicht mehr
kannten,
waren dazu belebt von dem Geiste tieferer Wissenschaft und romantischer
Dichtkunst; denn Johann von Meklenburg soll in Paris Theologie studirt
haben
und Graf Gunzelin III von Schwerin pflegte in der blühenden Zeit
der
mittelalterlichen Dichtung Sänger, wie Rumelant, an seinem Hofe.
Kein Wunder,
dass sich die jungen Herrren die Hände reichten und ihre
Länder der Segnung des
Friedens, dessen sie so lange entbehrt hatten, theilhaftig zu machen
suchten. Sie schlossen daher Frieden
und Freundschaft [IV], verbündeten sich auf Treu und Glauben und
stellten ihre
Grenzen richtig; zum Pfande der Eintracht verlobten die wendischen
Fürsten ihre
einzige Schwester Margarethe dem jungen Grafen Gunzelin. Unter den
Bürgen für
dieses wichtige Friedenswerk, welches eine Erquickung nach so vielen
Leiden
sein musste, war auch Eckhard Hahn: sein ernstes Werk war die
Hülfe an der
Grundsteinlegung des Baues, in welchem wir noch heute glücklich
wohnen. Es zeugt für die Bildung und
Tüchtigkeit
Eckhards, dass der Fürst Johaiin ihn fortan in seiner Nähe
behielt; und auch
der Fürst Nicolaus muss ihn lieb gewonnen haben, da er später
seine ganze Liebe
auf Eckhards Sohn übertrug.
Nachdem
der Fürst Johann bald hierauf selbstständig die Herrschaft
seines Landes
Meklenburg angetreten hatte, trat Eckhard Hahn ganz in seinen Dienst:
im J.
1240 [X] zählt der Fürst ihn zu seinen Rittern (militibus
nostris). Am 9. Julii 1231 war er mit dem
Fürsten auf
der Burg Neuburg bei Ilow [V],. welche später der Fürstin
Luitgard, Johanns
Gemahlin, Lieblingssitz ward; hier verlieh der Fürst dem Kloster
Dobbertin das
Patronat der Kirche zu Goldberg: wahrscheinlich besah er die Burgen
seiner
neuen Herrschaft, denn am 29. April
1231 war er auch zu llow gewesen.
Die
politischen Zustände waren geregelt; nur in den geistlichen
Verhältnissen
herrschte noch Kampf. Das Bisthum Schwerin erstrecktze sich nach den
Stiftungsurkunden bis nach Vorpommern hinein. Während des letzten
Aufstandes der
Wenden hatten die pommerschen Herzoge sich die Unsicherheit der
Zustände zu
Nutzen gemacht und das Land Circipanien von der Trebel zwischen den
Recknitz
und Pene-Gewässern bis über Güstrow hinaus an sich
gerissen und druch ihren
Bischof von Camin Anstalten zu Cultivirung der Länder treffen
lassen. Traten
auch die herzoge von Pommern das Land mit Ausnahme des Landes
Stavenhagen und
des Klosters Dargun bald wieder ab, so wollte doch der Bischof von
Camin nicht
weichen, während der Bischof von Schwerin seinen Hirtenstab auch
über
Vorpommern von Rechts wegen ausstreckte. Es entstand ein langer und
hetiger
Streit, der erst im J. 1260 zu Gunsten des Bischofs von Camin seine
Endschaft
erreichte. Die Herzoge von Pomern standen dem Bischof von Camin dadurch
bei, dass
sie dem schweriner Bischofe seine Zehnten entzogen. Hierüber
entrüstet rief der
Bischof Brunward die Landesherren zu Hülfe und schloss am 5. Febr.
1236 mit dem
Fürsten Johann von Meklenburg einen Vergleich zur Wiedergewinnung
der
bischöflichen Zehnten [VI]. Das Bündniss beschworen 12
Ritter, unter diesen
auch Eckhard Hahn, und der Erzbischof Gerhard II von Bremen gab in
Gegenwart
der Bchöfer von Ratzeburg und Lübeck, des Abtes von Doberan
und des Probstes
von Neukloster zu Neukloster zu dem Unternehmen seinen Segen. Die
Ausführung
entsprach auch für den Augenblicj den Erwartungen. Der Fürst
Johann gewann bei
deisen Zuge das Land Loiz, welches Thetlev von Gadebusch erhielt. Bei
dieser
Gelegenheit kamen auch wohl noch mehrere meklenburgische Ritter, wie
Johann
Moltzan, nach Vorpommern.
Am 16. Mai 1236 ward das erste
Kloster im Bisthume Ratzburg, dass
Nonnenkloster zu Rehna von dem Bruder Eckhard, dem spätern Propste
des
Klosters, gestiftet. Am 6. Sept. 1237
bestätigte zu Gadebusch der Fürst Johan die Stiftung und
Bewidmung, [VII] indem
er dem Kloster das Patronat der Kirchen zu Rehna und Wedendorf und
über alle
Güter desselben welche dessen erste Wohlthäter, die Ritter
Thetlev von
Gadebusch, Gottfried und Johann von Bülow, Gottfried von
Brütsekow, Heinrich
bon Ertheneburg, Otto von Cowal und Heinrich von Schwerin, dargebracht
hatten,
dieselben Rechte verlieh mit welchen die übrigen Klöster im
Lande ihre Güter
besassen. Unterden Zeugen befand sich auch Eckhard Hahn. Am zweiten
Weihnachtstage 1237 war er unter den Zeugen [VIII] als der Bischof
Ludolf in
der Kirche zu Ratzeburg vor seinem Dom-Capitel, in Gegenwart von 20
Rittern.
und 16 Pfarrern des Bisthums das Kloster Rehna feierlich
bestätigte und mit
Rechten beschenkte. Bald darauf gab er auch seinen Rath, als der
Fürst Johann
demselben Kloster den Besitz des Dorfes Roxin, mit welchem das Kloster
zuerst
durch den Ritter Heinrich von Roxin fundirt war, und der dazu
gehörenden Hagens
bestätigte [IX]. Vielleicht nahm
Eckhard
so regen Antheil an dem Flor des Klosters, weil der Stifter desselben,
ein
Mönch Eckhard, nach dem Namen zu schliessen, in irgend einer
verwandtschaftlichen Beziehung zu ihm stand. Am 28.
Juni 1240 war Eckhard Hahn mit dem Fürsten Johann äuf
der alten
Burg Meklenburg, wo derselbe die meklenburgischen Schwertritte, unter
diesen
einen Raven und meherer von der Lühe, empfing, welche nach der
Vereinigung
ihrers Ordens mit dem deutschen Orden den Hof Sellin andas Kloster
Neukloster
veräusserten. [X]. Am 18. Januar 1241 war er vom Fürsten
Nicolaus von Werle
nach Güstrow abgeordnet, als der Graf Gunzelin sich dort mit
Gefolge aufhielt.
Vielleicht feierete dieser damals seine Vemählung mit der
Prinzessin
Margarethe, welche bis dahin im Kloster Dobbertin gegenwärtig war;
auch von
ihren Vormündern waren einige anwesend, wie Heinrich Grube, der
Dompropst von
Güstrow und eben derselbe Propst von Dobertin. Bei dieser
Gelegenheit schenkte
der Fürst dem jüngst in der Grafschaft Dannenberg gestifteten
Kloster Eledena
die Hufen und den Bach im Lande Turne bei Mirow, wo das Dorf Fleth mit
der
Flether Mühle angelegt ward [XI]. Mit der Stadt Lübeck lebte
der Fürst Johann
in hutem Vernehmen und begünsigte nicht nur den Flor der
Handelsverhältnisse
der Stadt , sonder beförderte auch die geistlichen Stiftungen
derselbebn,
welche schon früh viele Besitzungen im Lande meklenbzrg hatten,
auf alle Weise.
Das Johannis-Kloster in Lübeck war bis dahin von Mönchen und
Nonnen bestzt
gwesen: es entstand dadurch manches Aergernis, um dieses zu haben, ward
die
Versetzung des Mönchsconvents nach Wismar beschlossen, wo er ein
selbstständiges Kloster gewann, welches die Güter in Holstein
und in den
Wendenländern behielt. Als der Fürst Johann mit mehreren
Rittern, unter denen
auch Eckhard Hahn war, das Neujahrsfest 1245 in Lübeck feierte,
ward durch den
Bischof von Lübeck am 21. Jan. die
Auseinandersetzung vorgenommeri [XII, XIII], bei welcher auch der
Mönch,
ehemalige Graf Adolf von Holstein gegenwärtig war.
Dies
sind die uns bekannt gewordenen Handlungen und Verhältnisse des
Ritters Eckhard
Hahn; sie sind hinreichend, einen klaren Blick in seine hohe Stellung
und weit
reichende Wirksamkeit zu thun. Er stellte dem ganzen Geschlechte ein
würdiges
Vorbild auf und flösste demselben eine Gesinnung ein, welche ihm
und dem
Vaterlande immerdar zum Heil und Segen gereicht hat, und in seinem
Glanze
spiegeln sich alle, seine Nachkommen:
es giebt wohl kaum eine Generation in der Familie, in welcher
nicht ein
Glied des Stammvaters würdig gewesen wäre.
Mit dem
Jahre 1245 verschwindet Eckhard Hahn aus der Geschichte.
Ob der in der Nähe des Klosters Dargun in
den Jahren 1251 und 1252 unter den Zeugen an zweiter Stelle vorkommende
und.dem
Kloster beiräthige Ritter Eckbard der Ritter Eckbard Hahn sei,
lässt sich nicht
bestimmen, jedoch ist es leicht möglich, da sein Sohn Nicolaus
zuerst in der
Gegend des Klosters Dargun ansässig erscheint.
Das Todesjahr Eckhards ist
unbekannt; jedoch ist so viel gewiss, dass er mit seiner Gemahlin, am
30. Mai 1278. [XXXVII] sclion gestorben
war.
Wahrscheinlich starb er in dem kräftigsten Alter, da sein einziger
Sohn
Nicolaus erst im J.1266 auftritt und in der.Zeit von 1245-1266 die
Geschichte
keines Gliedes des Geschlechts Hahn gedenkt.