§9 - Die von Bibow
Die, von
Bibow, welche ihren Namen zuverlässig von dem Gute Bibow bei Warin
tragen, führen mit den Hahn
ursprünglich gleichen Schild und
Helm, in neuern Zeiten ist der Hahn
auf ein viereckiges, grünes Kissen gestellt. Aus diesen
Umständen ist die Sage entstanden:
ein Glied des Geschlechts Hahn sei ein
sehr starker Trinker gewesen, deshalb habe ihm ein Landesherr bei einer
Belehnung den wendischen Namen Bibow, Trinker (von dem lateinischen
Worte: bibo
ich trinke) gegeben und weil derselbe beim Trinken auf einem
grünen Kissen zu
sitzen gewohnt gewesen sei, den Hahn in dessen Wappen ebenfalls auf ein
grünes
Kissen gestellt. Die ganze Sage, wenn die
Erzählung anders so genannt werden darf, beruht auf einer
neuern etymologischen Spitzfindigkeit aus einer Zeit, wo man alle
Zunamen für
ursprüngliche Personennamen hielt und die lateinische Sprache zu
allen
möglichen Etymologien gebrauchte.
Freilich liesse sich das Wort Bibow auch aus dem Wendischen
etwas
gezwungen durch: Trinker, erklären, da im Altböhmischen :
bibal: ein Trinker heisst;
aber, abgesehen davon, dass das Geschlecht der von Bibow eben so alt
ist, als das
der Hahn, der Sage also die historische Grundlage fehlt, so ist der
Name Bibow
kein ursprünglicher Personenname und das Wappen von dem hahnschen
ursprünglich nicht verschieden; in allen slavischen Dialekten
kommt auch aussser der angeführten Sprachform keine
einzige weiter vor, deren Stamm bib wär. Die von Bibow heissen nie
Bibow, sondern immer von Bibow (lateinisch : de Bibow); sie führen
also ihren Namen nicht von einer persönlichen Eigenschaft, sondern
von ihrem Riterlehn Bibow, welches in ältern Zeiten immer ein
altes Lehn der Familie, wenn auch nicht imer der Hauptlinie, doch der
Nebenzweige war, wie unten bei den Hardenack geiezcht werden soll. Das
Wappen der von Bibow ist in alter Zeit immer dem hahnschen völlig
gleich gewesen, denn in den ersten Jahrunderten fehlt das Kissen
durchaus: es liegen viele von bibowsche Siegel aus dem 14. Jahrhundert
vor und alle sind dem hahnschen gleich. Eben so fehlt auf einem
schönen von bibowschen wappen auf einer Glocke vom J. 1384 in der
Kirche zu Westenbrügge das Kissen unter dem Hahn. Das erste
Beispiel von dem Kissen unter dem Hahn findet sich auf dem
Leichensteine des Ritters Mathias Axekow (+ 1445) und seiner Gemahlin
Ghese (+ 1445), Tichter des Ritter Heidenreich von Bibow, in der Kirche
zu Doberan, ungefähr aus der Zeit, in welcher das
stammverwandte Geschlecht der Hardeack ausstarb. Auf diesem
Leichensteine stehen an den Ecken unten die Schilde un oben die Helme
der axekow und der von Bibow; der vonm bibowschen schlid hat den rechts
schreitenden Hahn ohne Kissen, dagagen steht der Hahn auf dem Helme auf
einem viereckigen Brette oder Kissen mit runden Knöpfen an den
Ecken. Das Kissen kam also im 15. Jahrhundert in das Wappen und zwar
zuerst auf den Helm. Zqwei von bibowsche Siegel vom J. 1499 haben das Kissen
noch nicht. Im 16. Jahrhundert
ist das Kissen allgemein.
Auf dem Epitaphium des General-Majors von Bibow (+ 1677) in der Kirche
zu
Westenbrügge ist das grosse Wappen gefärbt: im silbernen
Felde ein
rother Hahn auf einem viereckigen grünen Kissen mit goldenen
Knöpfen an den
Ecken.
Nach dem Wappen wären also
die von Bibow mit den Hahn
stammverwandt nach dem Zunamen freilich nicht, es wird sich aber bei
der Untersuchung über die Hardenack ergeben, dass der
Zuname das geringste Erforderniss für
den Nachweis einer Verwandtschaft sei. Viel wichtiger für die
Erkenntnis der Verwandtschaft sind die Vornamen, welche bei
stammverwandten Familien wechselseitig gleich und das erste
und leitende Zeichen der Stammesverwandtschaft zu sein pflegen. Der vorherrschende Vorname der von Bibow ist
Heidenrich, eine eigenthümliche alte Dehnung ded Namens Heinrich,
welchen der Stammvater des Geschlechts führte. Ausser diesem
führen die von Bibow gewöhnlich die Vornamen : Eckhard, nach
dem muthmasslich verwandten Geschlechte der Hahn, oder hardeack, nach
dem sicher verwandten Geschlechte der Hardenack.
Die
Stammesverwandtschaft der von Bibow mit den Hahn
ist, also sehr wahrscheinlich, und eben so
wahrscheinlich die Verwandtschaft mit den Hardenack, ein Beweis, dass
der
Schild nicht allein am sichersten für die Verwandtschaft
der Geschlechter zeugt, sondern dessen Bedeutung nur in der
wendischen Geschichte gesucht werden darf, da sie über die
bekannten
Stammväter hinausgeht.
Der Stammvater
des Geschlechts ist der Ritter heinrich von Bibow (Hinricus de Bibowe),
welcher im J. 1242 im Gefolge des Fürsten Johann von Meklenburg
vorkommt. Zwar reichen die bisherigen Stammtafeln der Bibow noch
höher hinauf und führen einen Conrad und einen Dietrich von
Bibow vor Heijrich von Bibow auf; aber diese Stammväter sind sehr
unsicher, da in den frühen Zeiten schlecht gedruckten Urkunden ein
altes Geschlecht von Dibow [VI-VIII] mit dem Vornamen Conrad und
Dietrich [1222-1237] sehr häfuig mit den von Bibow verwechselt
wird.
Das Stammlehn
Bibow verloren die von Bibow schon früh, jedoch an die
stammverwandten Hardenack, von denen es im 15. Jahrh. wieder an die von
Bibow überging. Im J. 1450 muthete (bispraket) Hardenack von Bibow
für sich, seinen Bruder und seine Vettern das Gut Bibow, in
welches sich Claus Bassewitz gesetzt hatte, und am 16. Aug. 1467
bezeugte der Herzog Heinjrich, dass der verstorbenen Hardenack von
Bibow das Gut Bibow, welches ihm und seinen Erben durch das Aussterben
des Geschlechts Hardenack angefallen sei (van dodes weghen des slechts
der Hardenack angefallen vnde gestorven), von Rechts wegen gewonnen
habe.
Die von Bibow
besassen dagegen bis zum Ende des 17. Jahrhunderts als
altväterliches Hauptlehn das Gut Westenbrügge und andere
Güter in der Nähe, in der Gegend von Bukow, an der
östlichen Grenze der alten Herrschaft Meklenburg. Im Anfrange des
17. Jahrhunderts hatte sich das Haus von Binow in die Linien
Westenbrügge und belngow getheilt; einzelne Glieder der Familie
besassen damals vorübergehend auch die Güter
Mollenstorf und Marin bei Penzlin. Die Blengower
Linie besass auch das Gut Langen-Hanshagen in Vorpommern.
Der letzte Besitzer, der Kammerjunker
Friederich Christoph von Bibow, musste um 1769 Langen-Hanshagen,
1774 Blengow seinen Gläubigern abtreten. Seine
Nachkommen sind verschwunden; sein ältester Sohn,
preussicher Lieutnant, lebte noch im Anfange dieses Jahrhunderts
verarmt in der
Gegend von Langen-Hanshagen und starb unbekannt und verlassen. Von der
alten
Linie Westenbrügge hatte sieh ein Zweig in Schwerin
niedergelassen, wo
derselbe einen Hof, Bibowen-Hof, besass, an dessen Stelle jetzt die
katholische Kirche erbauet ist. Am Ende
des 17. und im Anfange des 18. Jahrhunderts waren Bernhard Christoph
und
Hans Christoph herzoglich-meklenburgische Oberstallmeister. Des letzteren Sohn Carl Leopold von Bibow
war Major in königlich-dänischen Diensten; die Enkel
desselben, in Dänemark
wohnhaft, sind jetzt wahrscheinlich die letzten des Geschlechts.
zurück
zur Hahn-Übersicht