Übersicht über den Kreis Beuthen - Teil 2
(aus : Topographisches Handbuch von Oberschlesien, S. 313-320 & 409-423)

1) Land, Volksstamm und Einteilung
2) Ortsliste
3) Bevölkerung und Wohnart
4) Land- und Forstwirtschaft
5) Bergbau und Hüttenwesen
6) Gewerbe
7) Kommunikationsmittel
8) Handel
9) Verwaltung
10) Kirchenwesen
11) Schulwesen

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5) Bergbau und Hüttenwesen

Bergbau und Hüttenbetrieb sind für die Bewohner des Beuthener Kreises die hauptsächlichsten Nahrungsquellen. Während der von der Landwirtschaft lebende Theil der Bevölkerung nur 13 ½ Prozent derselben betrug, finden wir hiermit fast die Hälfte der Gesammtbevölkerung beschäftigt. Eine Darstellung der Naturschätze, welche den Gegenstand des Bergbaues bilden, haben wir schon oben gegeben; die dort geschilderten Steinkohlenflötze namentlich fallen ganz vorherrschend in den vorliegende Kreis und ihre Erzeugnisse bilden das wichtigste Product des Beuthener Reviers. Die Reichhaltigkeit der vorhandenen Lager läßt sich zur Zeit noch nicht ermessen, doch ist der Bedarf jedenfalls für unabsehbare Zeiträume gedeckt und nächst dem Ruhrkohlenrevier ist das oberschlesische das reichste Deutschlands. Das Feld, welches die sämmtlichen Beuthener Gruben, etwa 240 an der Zahl, einnehmen, beträgt circa 298,000 Maßen, welche ungefähr 1000,000 Morgen oder 4 ½ Quadratmeilen gleichkommen. Da die Steinkohle in Schlesien zu den Regalien gehört, Privatleute aber auf erfolgte Muthung stets nur ein Grubenfeld von 1200 Maßen (1 Maße = 58,8 qRuthen) neben der Fundgrube von 4 Maßen zugemessen erhalten, ist es erklärlich, daß sich ein erheblicher Thiel des Steinkohlenbergbaues in den Händen des Fiskus befindet. Es gehören dem Staate die vorerwähnte Königsgrube, welche im Jahre 1862 2,488,121 Tonnen, und die bei Zabrze dargestellte Königin-Louisen-Grube, welche in demselben Jahre 1,657,191 Tonnen förderte. Auch die Production der gewerkschaftlichen Gruben ist sehr bedeutend und überstieg im Jahre 1862 8,000,000 Tonnen. Die Verhältnisse gestalten sich für diesen Zweig des Bergbaues immer günstiger, der Kohlenbegehr, namentlich nach Oesterreich, ist in fortwährendem Zunehmen begriffen, der Kohlenhandel hofft von der projectirten Rechts-Oderuferbahn wesentliche Förderung und die Kohlen finden auch zu gewerblichen Zwecken, wie zum Fabrik- und Brennereibetriebe, Kalk- und Ziegeleibrennen, eine stets wachsende Verwendung. Selbst wenn die Eisenindustrie hier vollständig aufhörte, würde dem Kreise Beuthen sein Kohlenreichthum die Fortdauer seiner Bedeutung sichern.
    Ueber dem Sohlenstein findet sich der Galmei, theils unmittelbar auf ihm ruhend und vom Dolomit oder der denselben ergänzenden Lette bedeckt, theils in den Klüften des Dolomit eingelagert. Man unterscheidet weißen und rothen Falmei. Der erste findet sich durchgehends nur auf dem Sohlenstein, während der rothe, wo er mit weißem Galmei zusammentrifft, sich regelmäßig über diesen aufgelagert hat. Der Unterschied der Farbe ist bedingt durch den mehr oder weniger starken Eisengehalt, im Uebrigen haben beide Galmeiarten dieselbe chemische Beschaffenheit und kommen sowohl in festen Stücken, als auch in feinererdigen und mürben Massen vor.
    Die bedeutendsten Galmeiablagerungen finden sich bei Scharley (Scharley-, Wilhelime-, Cäcilien-, Neue-Helene-Grube), in der Nähe von Beuthen (Theresien- und Apfel-Grube), bei Miechowitz (Maria-, Elisabeth- und Emiliens-Freude-Grube), bei Trockenberg (Bescheertglück-, Schoris-, und Trockenberg-Grube) und in Nestern von vorzugsweise weißem Galmei bei Gorniki (Leopold- und Vorsehungs-Grube) und nordöstlich davon in den Gruben Planet, Heinrich und Verona. Die Mächtigkeit dieser Nester wechselt von wenigen Zollen bis 8 Lachter. Auch der Galmeibergbau gehört, gleich der Steinkohlengewinnung, in Schlesien zu den Regalien und Galmeigruben müssen daher, ebenso wie Kohlengruben, von der Bergbehörde gemuthet werden. Eigene Galmeigruben besitzt der Staat nicht, er bezieht jedoch von allem geförderten Galmei den zwanzigsten Theil in Natur und macht diesen in Königshütte zu Gute.
    Die Zahl der Galmeibergwerke beträgt etwa 100, das von denselben bedeckte Grubenfeld enthält 60,700 Maßen gleich 20,400 Morgen oder 9/10 Quadratmeilen. Im Jahre 1862 wurden an Galmei mehr als 6,000,000 Centner gefördert; das Hauptcontingent hierzu stellten die Gruben Neue Helene mit 1,350,373 Centnern und Scharley mit 1,328,658 Centnern.
    Neben der Steinkohle und dem Galmei sind namentlich Blei- und Eisenerze Gegenstand bergmännischer Gewinnung. Die Bleierze, welche hier vorkommen, bestehen mit geringen Ausnahmen lediglich aus Bleiglanz, d.h. Schwefelblei. Das Vorkommen desselben ist das nämliche, wie das des Galmei. Wo Bleiglanz selbstständig auftritt, erscheint es in einer fortlaufenden flötzartigen Ablagerung von wenigen Zollen Mächtigkeit und krystallinischer Bildung. In der Lette wird er jedoch nur in einzelnen Graupen und Knollen, theilweise sogar in vollständig ausgebildeten Krystallen gefunden. Da, wo er mit Galmei gemischt vorkommt, erscheint er theilweise in unregelmäßig aushaltenden, den Galmei durchziehenden Bändern, theilweise in einzelnen Knollenund oft mit dem Galmei so eng verwachsen, daß er kaum durch Handscheidung von ihm getrennt werden kann. Der Silbergehalt des Bleiglanzes ist gering; wo Bleiglanz im Galmei vorkommt, pflegt er 6 Loth Silber auf einen Centner Blei zu haben, wo er allein vorkommt, sinkt der Silbergehalt bis auf 1 ½ Loth herab. Unvermischt trifft man den Bleiglanz vorzüglich in der Nähe von Tarnowitz bei den Ortschaften Bobrownik und Trockenberg (königliche Friedrichsgrube) und bei Miechowitz, Groß-Dombrowka und Kamien, mit Galmei vermischt auf Scharley-, Wilhelmine-, Cäcilien-, Neue-Helene-, Theresien-, Apfel-, Maria- und Bally-Castle-Grube. Blei- und Silbererze gehören ebenfalls zu den Regalien.
    Neben der landesherrlichen Friedrichsgrube bestehen nur sieben gewerkschaftliche Bleierzgruben. Es wurden im Jahre 1862 auf der Friedrichsgrube 90,015 Ctr., auf der Samuelglücksgrube 7040 Ctr., auf Bleischarley 17 Ctr., auf Balley-Castle 933 Ctr., auf Cäcilie 4565 Ctr., auf Neue Helene 29,133 Ctr., auf Scharley 20,830 Ctr. und auf Wilhelime 2808 Ctr., zusammen 155,371 Centner Bleierze gefördert. Die Verarbeitung erfolgte auf der 1862 nach den neuesten technischen Verbesserungen umgebauten Friedrichshütte.
    Die zur Verhüttung benutzten hier vorkommenden Eisenerze bestehen theils in den Brauneisenerzen der Muschelkalkstein- Formation (Eisenoxyd-Hydrat), theils in den Thoneisensteinen oder Sphärosideriten der Steinkohlen-Formation (kohlensaures Eisenoxydul). Der Sprachgebrauch unterscheidet beide Arten mit den Ausrücken : Eisenerz und Eisenstein und nennt die im Eisenerze, dem Brauneisenstein, vorkommenden festen Stücke Stufen oder Stuferze, die erdartigen Massen aber milde Erze. Da die Eisenerze in Schlesien nicht zu den Regalien gehören, so steht es jedem Grundbesitzer frei, dieselben abzubauen, ein Recht, welches die Rustikalen in der Regel an Hüttenbesitzer oder Spekulanten gegen eine Grundzins abtreten. Im Jahre 1862 betrug die Förderung der Brauneisenerze, welche sich auf die Orte Naklo, Radzionkau, Bonrowniki, Orzech, Rudy-Piekar, Trockenberg, Beuthen, Tarnowitz, Dombrowa, Miechowitz und Chorzow ausdehnt, etwa 584,500 Tonnen, bei der Thoneisensteine aus der Steinkohlen-Formation bei Myslowitz, Kattoiwtz, Zalenze, Kochlowitz und Ruda etwa 50,000 Tonnen. Die Zahl der Arbeiter bei den Eisenerzgruben betrug 1764, die zugehörigen Frauen und Kinder 1441.
    Außerdem werden an Mineralien im Kreise gewonnen : Thon (namentlich zwischen Ruda und Antonienhüte, bei Bielschowitz, Chropaczow und Bobrek), Sandstein, gelber Sohlenkalkstein und Dolomit.
    Unter denjenigen industriellen Anlagen, welche dazu dienen, die durch den Bergbau gewonnenen Mineralien durch Verarbeitung benutzbar zu machen, sind bei der Bedeutung des Galmeibaues die Zinkhütten die wichtigsten.
    An Rohzink wurden pro 1862 dargestellt :





100 Pfunde Zink erforderten

Laufende No.
Name der Hütte
Zahl der Öfen
Produktion (Centner)
Galmei & Ofenbruch, Pfund
Kohlen, Tonnen
1
Thurzo
30
20,204
-
-
2
Hugo
30
23,403
-
-
3
Liebeshoffnung
52
38,220
-
-
4
Deutsche Hütte
20
12,820
840
7
5
Mariawunsch
28
23,717
693
4,81
6
Fannywunsch
24
12,691
-
-
7
Theresia
8
7,123
541
4,28
8
Glaubenshütte
38
9,726
-
-
9
August & Franz
18
7,244
-
-
10
Fanny & Franz
30
28,050
641
4,65
11
Emma
8
4,570
840
7
12
Henriette
10
8,303
636
4,10
13
Auguste
10
8,650
651
4,09
14
Kunigunde
10
11,704
-
-
15
Norma
10
6,250
-
-
16
Stanislaus
17
16,613
633
4,95
17
Justina
12
7,586
918
8,67
18
Wilhelimne
94
86,673
-
-
19
Paulshütte
29
26,129
-
-
20
Germania
2
902
-
-
21
Arnold
7
6,810
-
-
22
Amalie
4
4,000
-
-
23
Carlshütte
36
28,312
-
-
24
Bobrek
24
26,443
-
-
25
Godulla I-IV
72
74,671
-
-
26
Gutehoffnung
21
20,625
-
-
27
Morgenroth
12
11,780
-
-
28
Georg
56
43,504
642
5,47
29
Silesia I
60
54,519
-
-
30
Silesia II
60
56,000
-
-
31
Silesia III
60
53,003
-
-
32
David
15
11,016
-
-
33
Johanna
16
9,311
840
7
34
Victor
8
4,886
840
7
35
Rosamunde
8
4,637
-
-
36
Clara
12
8,983
-
-
37
Wessola
-
550
-
-
38
Josephine
-
2,441
-
-
39
Eduard
-
9,327
-
-
40
Lydognia (fiskal)
-
23,573
-
-

    An Zinkblech wurden fabricirt : auf Sillesiahütte 108,168 Centner mit einem Geldwerthe von mehr als 600,000 Thalern.
    An Zinkweiß wurden producirt : auf Germaniahütte 4837 Centner und auf Antonienhüte 14,559 Centner, zusammen 19,396 Centner mit einem Geldwerthe von 152,079 Thalern.
    Es arbeiteten bei den Zinkhütten 4330 Arbeiter mit 5813 Frauen und Kindern.
    Neben den Zinkhütten sind die Eisenhütten und die Blei- und Silberhütte Friedrichshütte vor großer Bedeutung. Was zunächst die letztere anbetrifft, so hat dieselbe im Jahre 1862 producirt : für fiskalische Rechnung 7591 Zollpfund Brandsilber, 57,041 Centner Kaufblei, 198 Centner Walzblei und 16,710 Centner Kaufglätte; für Rechnung von Privaten 439 Pfunde Brandsilber, 2294 Centner Kaufblei und 2329 Centner Kaufglätte. Die Preise des Bleies stellten sich auf 6 bis 6 ½ Thaler pro Centner.
    Die Eisenhütten lieferten im Jahre 1862 folgende Resultate : An Roheisen wurde producirt :






verbraucht
pro 100 Pfd.
Roheisen

Lauf. No.
Name der Hütte
Zahl der Hohöfen
Betriebswochen
Produktion, Centner
Eisenerz, Pfd.
Kalkstein, Pfd.
Coaks, Tonnen
Durchschnitt / Woche, Ctr.
1
Antonien
2
89
81,413
378
163
1,6
893
2
Bertha
1
36
36,067
333
126
1,3
1022
3
Donnersmark
4
104
123,237
350
112
1,4
1182
4
Eintracht
2
52
49,800
-
-
-
-
5
Friedens
4
-
119,000
340
88
1,1
-
6
Hohenlohe
4
-
71,582
-
-
-
-
7
Hubertus
3
148
128,080
311
110
1,15
865
8
Hugo
1
51
40,143
349
117
1,59
787
9
Kattowitzer
1
52
25,508
322
90
0,9
490
10
Laura
6
-
201,110
-
-
-
-
11
Rheden
2
87
86,451
342
104
1,38
994
12
Tarnowitzer
4
176
196,682
-
-
-
-
13
Vulcan
7
-
144,005
-
-
-
-
14
Königs
9
293
333,251
318
102
0,94
1135

Hohöfen mit
Holzkohlen-
Betrieb



Holzkohlen
(Scheffel)
15
Brinnitze
1
-
26,160
-
-
-
-
16
Dietrichs
1
49
17,148
318
48
11,5
345
17
Hugo
1
52
27,900
373
74
13,1
536
18
Nierade
2
2
693
-
-
-
-
19
Thurzo
1
52
19,405
374
68
13,4
372
Zusammen 1,727,635 Centner Roheisen

    An Gußwaren lieferten die Hohöfen zusammen 25,404 Centner, von den Kuppel- und Flammöfen aber die zu Donnersmarkhütte 8322 Centner, die zu Eintrachthütte 8700 Centner, die zu Laurahütte 4180 Centner, die zu Tarnowitz 3550 Centner.
    An Eisenbahnschienen, Tyres, Achsen, Stab- und Feineisen aller Art lieferten : Baildonhütte 51,025 Centner, Betlem-Falvahütte 34,920 Centner, Laurahütte 294,076 Centner, Rhedenhütte 72,433 Centner, Sophienhütte 37,036 Centner und Königshütte 227,924 Centner.
    An Eisenblech endlich lieferte Laurahütte 25,852 Centner und Königshütte 3305 Centner.
    Es arbeiteten bei den Eisenhütten 3838 Arbeiter mit 7632 Frauen und Kindern.

6) Gewerbe

    An Bergbau und Hüttenarbeit schließt sich im Beuthener Kreise ein sehr lebhafter Gewerbe- und Handelsbetrieb an. Die Bedürfnisse der großen Volksmenge fordern Befriedigungsmittel aller Art; viele Fabrikate sind für den Bergbau und Hüttenbetrieb selbst erforderlich und werden daher Gegenstand der Production oder des Handelns; die Billigkeit und Fülle von Brennmaterial lassen auch andere Fabrikunternehmungen vortheilhaft erscheinen.
    Die Gewerbetabelle für 1861 weist an Fabriken nach : 2 Watten- und Dochtfabriken, 1 Webestuhl in Leinen,3 Webestühle als Nebenbeschäftigung, 2 Stückfärbereien, 1 Maschinenfabrik mit 23 Arbeitern, 1 Eisenbahnwagenfabrik mit 40 Arbeitern, 1 Stahlwaarenfabrik mit 27 Arbeitern, 1 Eisengießerei mit 30 Arbeitern, 16 Kalkbrennereien mit 61 Arbeitern und 14 Arbeiterinnen, 36 Ziegeleien mit 358 Arbeitern und 86 Arbeiterinnen, 1 Cementfabrik mit 10 Arbeitern, 17 Coarks-Anstalten mit 507 Arbeitern und 18 Arbeiterinnen, 2 chemische Fabriken mit 31 Arbeitern und 6 Arbeiterinnen, 2 Steingufabriken mit 95 Arbeitern und 4 Arbeiterinnen, 1 Oelmühle mit 16 Arbeitern, 4 Sägemühlen mit 17 Arbeitern, 1 Lichtfabrik, 1 Knochenmühle, 40 Wassermühlen mit 50 Mahlgängen, 40 Meistern, 31 Gehülfen und 3 Lehrlingen, 2 Bockwindmühlen, 3 Roßmühlen mit 3 Mahlgängen, 9 Dampfmühlen mit 39 Mahlgängen und 71 Arbeitern, 1 Tabaksfabrik, 18 Bierbrauereinen mit 31 Arbeitern und 10 Branntweinbrennereien mit 17 Arbeitern.
    An Dampfmaschinen sind vorhanden : 288 mit 10,411 Pferdekraft für Bergbau und Hüttenbetrieb, 6 mit 292 Pferdekraft für landwithschaftliche Zwecke, 2 mit 42 Pferdekraft für Schneidemühlen, 7 mit 207 Pferdekraft für Getreidemühlen, 1 mit 6 Pferdekraft für Maschinenfabrikation, 17 mit 864 Pferdekraft für metallische, 10 mit 96 Pferdekraft für andere Fabriken, 6 Lokomotiven mit 397 Pferdekraft und 2 sonstige Dampfmaschinen mit 14 Pferdekraft, zusammen 339 mit 12,159 Pferdekraft.
    Der Handwerkerstand ist im Kreise zahlreich vertreten. Ein Theil der Handwerker steht in besonderer Beziehung zu den Bergbau und Hüttenbetrieb, so die Bauhandwerker, nämlich die Mauerer- und Zimmermeister, die Schmiede, Tischler und Seiler. Ein anderer Theil sorgt für die unmittelbaren Bedürfnisse der großen Bevölkerung.
    Die Gewerbetabelle für 1861 weist nach : 140 Bäcker mit 102 Gehülfen und 55 Lehrlingen, 18 Conditoren, 2 Verfertiger von Produkten aus Getreide etc., 228 Fleischer mit 85 Gehülfen und 51 Lehrlingen, 2 Fischer, 8 Gärtner, 28 Barbiere, 1 Friseur, 2 Inhaber von Bade-Anstalten, 5 Scharfrichter und Abdecker, 10 Gerber, 8 Seifensieder, 1 Tintenverfertiger, 2 Steinmetze mit 33 Gehülfen, 16 Töpfer mit 20 Gehülfen, 22 Glaser, 25 Maurer mit 184 Gehülfen und 66 Lehrlingen, 71 Maurerflickarbeiter, 16 Maler mit 66 Gehülfen, 5 Zimmermeister mit 155 Gehülfen und 7 Lehrlingen, 67 Zimmerflickarbeiter, 4 Brunnenbauer, 2 Dachdecker, 2 Steinsetzer, 4 Schornsteinfeger mit 11 Gehülfen, 66 Stellmacher, 2 Wagenbauer, 246 Schmiede mit 335 Gehülfen und 109 Lehrlingen, 52 Schlosser mit 76 Gehülfen und 35 Lehrlingen, 2 Nadler, 1 Gürtler, 3 Kupferschmiede, 6 Gelbgießer, 8 Klempner, 3 Goldarbeiter,1 Steinschneider, 2 Verfertiger musikalischer Instrumente, 13 Uhrmacher, 3 Flachsarbeiter, 4 Wattenmacher, 19 Seiler, 1 Tuchscheerer, 2 Färber, 414 Schumacher mit 155 Gehülfen und 85 Lehrlingen, 5 Handschuhmacher, 32 Kürschner, 52 Reimer, 284 Schneider und 37 Schneiderinnen mit 95 männlichen und 46 weiblichen Gehülfen, 3 Putzmacher und 21 Putzmacherinnen mit 12 weiblichen Gehülfen, 9 Hutmacher, 172 Tischler mit 85 Gehülfen und 47 Lehrlingen, 45 Böttcher, 2 Verfertiger grober Holzwaren, 2 Korbwaarenmacher, 3 Tapiziere, 16 Drechsler, 2 Haarkammmacher, 4 Bürstenbinder, 14 Buchbinder, 2 Bildermaler und Photographen, 11 Musiker mit 59 Gehülfen und 4 umherziehenden Musiker mit 8 Gehülfen.

7) Communicationsmittel

    Der Beuthener Kreis ist in hohem Grade reich an Communicationsmitteln. Er wird von der oberschlesischen Eisenbahn mit allen ihren Nebenbahnen durchschnitten, und zählt gegenwärtig in seinen Grenzen :

        auf der oberschlesischen Eisenbahn                            7,600 Ruthen
        auf der Bahn von Kattowitz nach Idahütte                  3,585 Ruthen
        auf der Bahn von Kattowitz nach Zombkowitz              600 Ruthen
        auf der Bahn von Myslowitz nach Neu-Berun            1,800 Ruthen
        auf der Bahn von Kattowitz nach Hohenlohehütte       1,220 Ruthen
        auf der Bahn von Schwientochlowitz nach Königshütte  680 Ruthen
        auf der oberschlesischen Zweigbahn                         31,260 Ruthen
        auf der Oppeln-Tarnowitzer Bahn                               2,000 Ruthen
                                                                                     ------------------
                                                                zusammen         48,745 Ruthen
mit Einschluß von Kattowitz-Louisenglück und anderer etwa 25 Meilen Eisenbahn. Auf diesen liegen 10 Bahnhöfe und auf der oberschlesischen Zweigbahn noch zahlreiche Controllstellen.

    An Kunststraßen hat der Kreis :

    Fiskalische                                                                                      14,454 Ruthen
    Kunstraßen der Bergbauhülfskasse                                                  10,171 Ruthen
    Straßenstrecken fremder Gesellschaften, welche den Kreis berühren  4,700 Ruthen
    Actien-Chaussee Königshütte-Domb-Kattowitz                                1,868 Ruthen
    Gräflich Henckel-Siemianowitzer Chausseen . von Beuthen nach
    Laurahütte, von Königshütte nach Antonienhütte und von Deutsch-
    Piekar nach Koslowagura                                                                  5,570 Ruthen
    Gräflich Henckel-Neudecker Chausseen von Neudeck nach
    Tarnowitz und Koslowagura nach Niesdara                                       3,680 Ruthen
    Gräflich Schaffgotsch'sche Chaussee von Beuthen über Schomberg
    nach Morgenroth und Bobrek                                                            2,250 Ruthen
    Actien-Chaussee von Ruda-Kuznica nach Zabrze und Grzibowitz       3,200 Ruthen
    Kreischaussee von Miechowitz bis zur Kreisgrenze bei Kunari            2,295 Ruthen
                                                                                                        -------------------
                                                                            zusammen               48,188 Ruthen

und mit den kleinen Anschlüssen etwas 25 Meilen Chaussee.
    Daneben bestehen noch für den Gebrauch der Gruben und Hüttenwerke viele gute Schlackenwege. Auch die gewöhnlichen Communicationswege sind größtentheils in gutem Zustande. Die einzige Wasserstraße ist die Przemsa von Myslowitz an.

8) Handel

    Gegenstand des lebhaften Handels sind namentlich die Produkte des Bergbaus und Hüttenbetriebe, welche exportirt, und diejenigen Gegenstände, welche für den Bedarf der Werke und die Consumtion der Bevölkerung importirt werden. Zur ersteren Klasse gehören namentlich Steinkohlen, Zink, Eisen, Thionwaaren, zur letzeren Fettwaaren, Pulver, Hanf, Holz, Getreide, Wein.
    Die Tabelle der Handels- und Transportgewerbe, der Gast- und Schankwirthschaften, sowie der Anstalten und Unternehmungen zum literarischen Verkehr für 1861 weist nach : 49 Kaufleute ohne offenen Laden mit 22 Commis etc., 379 Kaufleute, welche offenen Verkaufsstellen halten, mit 176 Commis etc., 104 umherziehende Händler, 5 Bankiers, 2 Mäkler, 4 Spediteure, 54 Agenten, 114 Gasthöfe mit 55 Kellnern und 61 Kellerinnen, 22 Speisewirthe, 216 Schankwirthe mit 57 Dienern, 4 Buchdruckereien mit 11 Arbeitern, 2 lithographische Anstalten mit 4 Arbeitern, 4 Buchhandlungen und 7 Leihbibliotheken.
    Der Handel mit dem Nachbarlande Polen, welcher seine Centralpunkt in neuerer Zeit von Myslowitz nach Kattowitz verlagt hat, ist besonders bedeutend und hat auch durch die dortige Insurrection keine erhebliche Minderung erfahren.
    In vorzüglicher Bedeutung ist der Produktenhandel, welcher eine so gewaltige Bevölkerung mit ihren Lebensbedürfnissen versehen muß.
    Der Kreis Beuthen hat die höchsten Getreidepreise Oberschlesiens. Nach den bei der Grundsteuer zur Basis dienenden vierundzwanzigjährigen Durchschnittspreisen stellen sich der Weizen auf 71 Sgr. 9 Pf. (gegen der Durchschnittspreis des Regierungsbezirks von 67 Sgr. 9 Pf.), der Rogen auf 52 Sgr. 8 Pf. (gegen 50 Sgr.), die Gerste auf 41 Sgr. 11 Pf (gegen 38 ½ Sgr.), der Hafer auf 28 Sgr. 7 Pf. (gegen 25 Sgr. 5 pf.), die Kartoffeln auf 18 Sgr. (gegen 14 Sgr. 3 Pf.) für den Scheffel; das Stroh auf 15 Sgr. 7 Pf. (gegen 11 Sgr. 1 Pf), das Heu auf 23 Sgr. 8 Pf. (gegen 21 Sgr. 2 Pf.) für den Centner. Da die einheimische Produktion kaum die Hälfte des Nahrungsbedarfs deckt, so findet eine beträchtliche Zufuhr aus den Nachbarkreisen und nach Umständen selbst aus weiter Ferne statt. Sowohl der Marktverkehr aus Jahr- und Wochenmärkten, deren nach und nach an allen frequenteren Ortschaften eingerichtet sind, als der Absatz der Kaufleute, Krämer und Schänker sind von großer Bedeutung. Ebenso der Holzhandel, indem der Starke Bedarf von Bau-, und Grubenhölzern durch Zufuhr aus dem Oesterreichischen und aus den Nachbarkreisen gedeckt wird, die betreffenden Fuhrwerke aber Kohlen und andere Berg- und Hüttenprodukte als Rückfracht heimbringen.
    Da der kaufmännische Verein zu Beuthen, seiner lebenswerthen Wirksamkeit unerachtet, nicht allen Bedürfnissen genügt, die Handelskammer zu Gleiwitz aber wegen ihres allzuentfernten Sitzes für eine lebendigen Verkehr der Mitglieder aus diesem Kreise Hindernisse darbietet, so ist die Errichtung einer eigenen Handelskammer zu Beuthen beantragt.

9) Verwaltung

    Die Verwaltung des Kreises wird durch die außerordentliche Stäke der Bevölkerung und die Lebhaftigkeit des Verkehrs, wie sie das reiche industrielle Leben mit sich bringt, in hohem Grade erschwert. Es ist deshalb bereits seit längerer Zeit eine Theilung des Kreises in Aussicht genommen; entweder nach Süden hin, wobei Myslowitz, oder nach Norden, wo dann Tarnowitz der Sitz neuer Kreisbehörden werden sollte; beides ist auf große Schwierigkeiten gestoßen.
    An der Spitze der Kreisverwaltung steht der Landrath, dessen Bureau sich in der Kreisstadt Beuthen befindet. In  Kreis-Communalangelegenheiten stehen demselben zwei Kreisdeputirte zur Seite. Die Kreisversammlung zählt 22 Mitglieder aus dem Stande der Ritterschaft, 2 aus dem Stande der Städte und 3 bäuerliche. Die jährliche EInnahme und Ausgabe des Kreises beläuft sich auf etwa 6000 Thlr. Für die Bearbeitung der eigentlich landräthlichen Geschäfte sind dem Landrath eine Regierungs-Assessor als ständiger Vertreter und zwei Kreis-Secretaire beigegeben. Ein Polizei-Inspector steht der Executiv-Polizei vor. Der Kreis fällt in drei Baukreise : der Norden in den des Kreis-Baumeisters zu Lublinitz, die Mitte und der südöctliche Thiel in den des Kreis-Baumeisters zu Beuthen, und der Südwesten in den des Kreis-Baumeisters zu Gleiwitz.
    Unter dem Landrathsamte stehen die Magistrate, die Polizeiverwalter in den oben geschilderten 35 gutsherrlichen Dominialbezirken und 17 Gendarmen. Da die meisten Gutsbesitzer ihre Wirthschafts-Inspectoren oder anderwärts bschäftigte Beamte zugleich als Polizei-Verwalter benutzen und nur wenige die stellvertretenden und ausübenden Polizeibeamten in Gemeinschaft mit Anderen angestellt haben, so sind die Polizeibezirke größtentheils nicht abgerundet und liegen mit einander im Gemenge. Nur 9 Polizeiverwalter sind lediglich für den Polizeidienst angestellt, tragen Uniform und haben uniformirte Polizeidiener zur Unterstützung.  Besonders schwierig ist die Beaufsichtigung der polnischen Flüchtlinge und sonstigen vagirenden Arbeiter, die Controlle der Bettler und Vagabonden, des überaus lebhaften Fuhrwesens und der ansteckenden Krankheiten. Vom Landratsamt werden jährlich gegen 900 Pässe, außerdem aber eine grpße Zahl von Grenzlegitimationsscheinen für den Verkehr mit Rußland und österreichisch Polen ausgestellt. Unter Polizei-Aufsicht stehen 164 Personen. Der Landrath ist zugleich Grenz-Commissarius für den Umfang seines Kreises und hält als solcher mit dem russisch-polnischen Grenzcommissar nicht selten Conferenzen.
    Der erste Midicinalbeamte des Kreises ist der Kreisphysicus, welchem der Kreischirurgus zur Seite steht. Für Veterinairpolizei ist ein Kreisthierarzt angestellt. Alle diese Beamten wohnen in Beuthen. Das Heilpersonal im Allgemeinen veranschaulicht folgende Tabelle :


Zahl der

Thierärzte
Thierärzte
Hebammen

Apotheken


zur med. Praxis ber. Civilpers. nicht zur med. Praxis ber. Wundärzte
Heil-
Gehülfen
erster Klasse
zweiter Klasse

Anzahl
Gehülfen
Lehrlinge
Stadt Beuthen
8
-
2
1
1
7
1
2
1
Stadt Tarnowitz
4
-
2
-
-
4
1
2
1
Stadt Myslowitz
4
1
1
-
-
3
1
2
-
Landkreis
16
-
2
-
-
53
5
7
1
Summa
32
1
7
1
1
37
8
13
3

    Der Kreis gehört zu den durch die Rindviehpest, welche in den angrenzenden polnischen Ländern große Verheerungen anrichtet, vorzugsweise bedrohten.
    In militärischer Beziehung gehört der Kreis theils zum Aushebungsbezirk des 2. Battallions 2. obeschlesischen Landwehr- Regiments Nr. 23 (Groß-Strehlitz), theils zu dem des 1. Battallions 1. oberschlesischen Landwehr-Regiments Nr. 22 (Gleiwitz). Die Revier-Feldwebel der Landwehr-Compagnien haben, soweit die Ortschaften des Kreises zu ihren Bezirken gehören, die Controlle über 4900 Wehrmänner und Reservisten zu führen.
    Gerichtsbehörde ist das königliche Kreisgericht in Beuthen, eines der bedeutendsten der Monarchie, zu welchem die Commissionen zur Tarnowitz und Myslowitz gehören. Der Staatsanwalt für die Kreise Beuthen und Lublinitz hat in Beuthen seinen Sitz, demselben ist ein Gehülfe beigegeben.
    Für die Erhebung der indirecten Steuern befindet sich in Myslowitz eine Ober-Zollinspection. Mit der Kreis-Steuerkasse in Beuthen ist ein Nebenzoll-Amt zweiter Klasse verbunden. An directen Steuern kommen jährlich auf : 19,051 Thlr. Grundsteuer, 32,575 Thlr. Einkommensteuer, 51,275 Thlr. Klassen- und 14,525 Thlr. Gewerbesteuer, zusammen 117,426 Thlr. Es macht dies auf dem Kopf der Bevölkerung 24 Sgr., eine Summe, deren verhältnißmäßige Geringfügigkeit sich nur aus der großen Zahl der in den untersten Stufen der Klassensteuer contributirenden Arbeiter erklärt.

10) Kirchenwesen

Der Kreis, welcher schon zur Zeit der markgräflichen Regierung größtentheils zur Reformation beigetreten, demnächst aber fast vollständig zur katholischen Kirche zurückgeführt war, nähert sich in neuerer Zeit mehr und mehr einem paritätischen Charakter.
    An Kirchen zählt die katholische Confession 19 Pfarrkirchen, 7 Filialkirchen und 6 anderen gottesdienstliche Gebäude; die evangelische Confession : 4 Pfarrkirchen und 2 andere gottesdienstliche Gebäude. Außerdem sind 5 Synagogen vorhanden.
    An diesen Kirchen fungiren : 29 katholische Pfarrer, 1 Kreisvicar und 23 Capläne, sowie 4 evangelische Prediger, einschließlich des Strafanstalts-Predigers in Antonienhütte.
    Unter den in neueren Zeiten ausgeführten größeren Kirchenbauten sind die katholischen Kirchen in Deutsch-Piekar, Beuthen, Königshütte, Biskupitz, Miechowitz, Kattowitz und Zabrze und die evangelische Kirche zu Kattowitz, bei denen auch den Anforderungen der schönen Kunst Rechnung getragen ist, rühmend zu erwähnen. Bei diesen recht kostspieligen Unternehmungen hat sich bei den Mitgliedern beider Religionsparteien ein schöner Sinn für gegenseitige Beihülfe und wahre christliche Liebe bethätigt, wozu das im Ganzen recht befriedigende persönliche Verhältniß der beiderseitigen Geistlichkeit wesentlich mitwirkt.
    Auch die zahlreiche Judenschaft, welche in 5 Synagogengemeinde mit 7 gottesdienstlichen Versammlungsorten vereinigt ist, welcher aber die Ritualvorschrift untersagt, am Sabbath weite Wege zu wandern, ist meist sehr opferwillig, ihre gottesdienstlichen Zwecke zu fördern.

11) Schulwesen

    Der rasche Anwachs der Bevölkerung hat die Beschaffung der Schulen und Lehrmittel für eine die früheren Räumlichkeiten und Lehrkräfte weit überscheitende Kinderzahl außerordentlich schwierig gemacht. Indessen ist eine thätige Veraltung, welche meistens durch den guten Willen der Schulpatrone und Gemeindevorstände unterstütz wurde, sehr Anerkennenswerthes für die öffentlichen Schulen geschehen und wo dies noch nicht möglich war, helfen Familien- und Privatschulen vorläufig aus.
    Im Jahre 1846 betrug die Zahl der öffentlichen Schulen 53 mit 81 Lehrern und 13,198 schulpflichtigen Kindern. Dagegen bestanden 1861 : 58 katholische Schulen mit 125 Lehrern und Adjuntanten und 18,668 Schulpflichtigem, 3 evangelische öffentliche Schulen mit 8 Lehrern und 1600 Schulpflichtigen und 6 jüdische Schulen mit 751 Schülern.
    Die katholischen Gemeindeschulen erhalten ihre Lehrer zum größten Theile aus dem utraquistischen Seminar zu Peiskretscham. Die Nothwendigkeit, im Deutschen und Polnischen zu unterrichten, beschränkt die Auswahl unter den Lehrkräften sehr. Zwar ist für Verbesserung der Lehrergehälter Vieles geschehen, kein Lehrer hat gegenwärtig unter 200 Thaler Einkomen, sämmtliche Lehrerstellen sind besser dotirt, wie in den Nachbarkreisen, und die den Lehrern meistens übertragenen Gemeindeschreibereien erhöhen ihr Ansehen und ihre Einnahme, was bei der Theuerung der Lebensbedürfnisse sehr erwünscht ist, ziehen sie aber häufig zum Nachtheil der Schule von ihrem Lebensberufe ab.
    Wo keine besonderen  Knappschaftschulen bestehen, sind die Kinder der Berg- und Hüttenleute den Gemeindeschulen zugewiesen und tragen nicht wenig zu deren Ueberfüllung bei. Der oberschlesische Knappschaftsverein hat deshalb für jedes Knappschaftskind jährlich einen gewissen Beitrag (in den letzten Jahren 24 Sgr.) für die Beschaffung freien Schulunterrichts bewilligt. Das Oberbergamt verwaltet den gemäß der Bergordnung in Uebereinstimmung mit § 134 II. 16 des Allg. Landrechts aus den Erträgen der von jeder Grubengewerkschaft für Kirche und Schule abzutretenden zwei Freikuxe gebildeten Freikuxgelder-Fonds und legt aus demselben für jedes Kind einen gewissen Beitrag (zuletzt 12 Sgr.) jährlich zu. Mit diesen Geldern ist ein willkommenes Hülfsmittel geboten, sowohl den Gemeinden eine Erleichterung der Schullasten, als auch den Lehrern eine Verbesserung ihres Einkommens zu verschaffen. Wenn trotz alledem noch eine nicht unbedeutende Zahl (in manchen Gemeinde bis 10 Prozent) ohne Schulbildung aufwachsen und bei der Militäraushebung als Analphabeten erscheinen, so wird diesem Uebelstande nach Kräften mehr und mehr entgegengearbeitet.
    Verkannt wird es nicht, daß für einen so volkreichen und wohlhabenden Kreis auch eine höhere Bildungsantalt Bedürfniß ist. Die evangelische Schule zu Beuthen ist 1863 zu einer Rectoratsschule erhoben, und wegen Errichtung einer katholischen Bürgerschule oder eines Gymnasiums sind bereits Verhandlungen im Gange.
    Eine bedeutende Äußerung sittlichen Einflusses war in den 1840er und 1850er Jahren die Bildung der Mäßigkeitsvereine, deren Folgen noch jetzt unverkennbar sind. Auch der landwirthschaftliche Kreisverein, der berg- und hüttenmännische Verein zu Königshütte und Beuthen, sowie der kaufmännische Verein zu Beuthen haben eine erfreuliche Einwirkung auf Bildung, Gemeinsinn und Hebung der betreffenden Zweige der Volkswirthschaft geäußert. Der Kreis Beuthen stellt sich demnach als ein, der großen Schwierigkeiten eines so ungewöhnlichen Umfangs unerachtet, in sich wohlorganisirtes und in lebendiger Fortentwicklung begriffenes Ganzes dar.