Hauptort der Herrschaft gleichen Namens und Sitz
des Herzogs von Ratibor, liegt an der Ruda in einem breiten, von waldigen
flachen Hügeln zu beiden Seiten begrenzten Thale, 2 Meilen nordöstlich
von der Stadt Rybnik. Rauden war früher Eigenthum des Cisterzienser-Klosters
gleichen Namens, welches 1258 von Herzoge Wladislaus von Oppeln gegründet
wurde, und ist nach Säcularisirung der Klöster mit dem Herzogthum
Ratibor vereinigt an den Landgrafen zu Hessen-Rothenburg, nach dessen Tode
aber durch Erbschaft 1834 an den jetzigen Besitzer, Prinzen Victor zu Hohenlohe-Schillingsfürst,
Herzog zu Ratibor und Fürst von Corvey gelangt. Das ehemalige Stiftsgebäude
ist jetzt Schloß und befindet sich inmitten eines weitaugedehnten
Parks mit merkwürdigen uralten Eichen, von denen eine gegen 1000 Jahr
alt geschätzt wird. Die äußeren Anlagen sind durch die
Freundlichkeit des Besitzers dem Publikum geöffnet und bilden mit
einer, etwa 1/4 Meile entfernten Waldanlage, der Buk genannt, seine sehr
besuchten Erholungsort für die nähere und weitere Umgegend. Rauden
selbst enthält eine sehr geräumigen, wohl eingerichteten, dem
Besitzer der Herrschaft gehörigen Gasthof und gewährt somit dem
Fremdenverkehr jede Bequemlichkeit.
Bei der ehemaligen Stiftskirche, deren Patron der
Besitzer der Herrschaft ist, ist ein Pfarrer mit zwei Caplänen angestellt,
welche außerdem noch eine Begräbniskirche zu versehen haben.
Die Pfarre ist von dem Herrn Patron in den Jahren 1861 und 1862 ganz neu
massiv erbaut worden. Die Schule, ein ebenfalls massives, geräumiges
zweistöckiges Gebäude, ist neuerdings wieder völlig in Stand
gesetzt worden und enthält 3 Schulkassen mit eben so viel Lehrern
für Kinder. Rennersdorf und Jankowitz-Rauden sind hier eingeschult.
Ferner existirt in Rauden noch eine Privat-Simultan- Schule, an welcher
zwei Lehrer angestellt sind, mit 55 Kindern, und eine Industrieschule für
30 Mädchen (Constanzenschule), in welcher eine Lehrerin Unterricht
in weiblichen Arbeiten giebt. Außerdem befindet sich hier eine von
der Frau Herzogin geb. Prinzessin von Fürstenberg 1858 gestiftete
und mit großer Munisicenz unterhaltene, von barmherzigen Schwestern
versehene Kranken-Verpflegungs-Anstalt nebst Apotheke, einer Filiale der
Rybniker. Erwähnenswert ist überdies, das die treffliche Sammlung
oberschlesischer Volkslieder : "Piesni Ludu Polskiego w Górnym Szlasku
z musyka", welcher der Dr. med. Julius Roger (Breslau 1863) herausgegeben
hat, von hier ausgegangen ist. An gewerblichen Anlagen ist in Rauden selbst
eine nach amerikanischer Art construirte Wassermühle zu bemerken.
Dicht an Rauden anstoßend und dazu gehörig
liegt an der Ruda noch die Amalienhütte und die Victorhütte (Brantolka),
mit einem im Betriebe befindlichen Walz- und Schneidewerk, welches 1859
: 308 Centner gewalztes Stabeisen, 13.745 Ctr. Schnitteisen und 1514 Ctr.
Schnitteisen-Ausschuß, 1860 : 17.382 Ctr. Schnitteisen, und 1518
Ctr. Ausschuß, 1861 : 17.111 Ctr. Schnitteisen und 1891 Ctr. Ausschuß
producirt hat. Diese Schnitteisen wird aus in den Hütten zu Paprotsch
und Stodoll gefrischtem Kolbeneisen gewonnen.
In Groß Rauden herrscht ein reger Verkehr
und die Einwohner sind in guten Verhältnissen, wozu die ordentliche
und nüchterne Lebensweise wesentlich beiträgt. Außer dem
Gasthof ist eine ziemlich untergeordnete Frühstücks-Stube und
ein Kretscham für die kleinen Leute vorhanden. Die Bevölkerung
von dem eigentlichen Groß Rauden besteht aus 195 Haushaltungen mit
1131 Seelen, zur Hälfte polnisch. Die Rustikalfeldmark enthält
1227 Morgen Acker. Der Viehstand beträgt 83 Pferde, 205 Stück
Rindvieh, 11 Schweine und 7 Ziegen. ...
An Steuern zahkt die Gemeinde 135 Thlr. Grund-,
64 Thlr. Haus-, 102 Thlr Einkommen-, 818 Thlr. Klassen- und 145 Thlr. Gewerbesteuer.
Der Verkehr von Groß Rauden bewegt sich hauptächlich auf der
durch den Ort führenden sehr belebten Straße von Gleiwitz über
Kieferstädtel nach Ratibor, und Gleiwitz und Ratibor sind für
die Bewohner die Hauptmarktorte.
Das Dorf Klein Rauden liegt 1/3 Meile unterhalb Groß Rauden an der Ruda, 2 1/4 Meile nordwestlich von der Kreisstadt. Das Terrain (1538 Morgen Acker) ist wenig wellenförmig, das ziemlich breite Rudathal wird von sandigen, waldbedeckten Hügeln begrenzt. Im Rudathal ist der Boden feuchter, humoser lehmiger Sand und ziemlich tragbar, die ansteigenden Ländereien aber sind zu sandig, um noch als gutes Ackerland bezeichnet werden zu können. Neben dem mangelhaften Ackerbau beschränken sich die Erwerbsmittel der Bewohner auf die Arbeit im herzoglichen Forst. Klein Rauden hat seine eigene Schule für 107 Kinder. Auch eine eingängige amerikanische Mühle ist vorhanden. Es sind im Dorfe 103 Haushaltungen mit 490 polnisch Sprechenden und einem Viehstande von 38 Pferden, 141 Stück Rindvieh, 28 Schweinen und 4 Ziegen. Als Marktort wird, je nach der Witterung und Beschaffenheit der Wege, für diejenigen Producte, welche sich in Groß Rauden nicht absetzen lassen, Pilchowitz, Kieferstädtel, Gleiwitz oder Rybnik benutzt. Zu Klein Rauden gehört noch die Mühle Quidate und das Forsthaus Wildeck. Quidate, eine Herzogliche Brettmühle liegt 1/12 Meile westlich von Klein Rauden an der Ruda und enthält in 4 Haushaltungen 25 Menschen und einen Viehstand von 2 Pferden, 10 Stück Rindvieh und 1 Schwein; Wildeck liegt 1/16 Meile südwestlich von Klein Rauden, enthält 1 Haushaltung mit 10 Menschen und einen Viehstand von 4 Stück Rindvieh. 115 Thlr. Grund-, 10 Thlr. Haus-, 218 Thlr. Klassen- und 434 Thlr. Gewerbesteuer.
Dorf nordöstlich von Groß Rauden und nordwestlich 2 1/4 Meile von Rybnik in einer Waldlichtung an der Straße von Rauden nach Kieferstädtel auf dem Hohenrücken, der sich zwischen der Ruda und der Birwaka hinzieht, belegen, ist nach Stanitz eingeschult.Das Terrain ist sandig un din den Niederungen zwischen den Hügeln oft moorig. Die Hügel sind nicht hoch, sondern die ganze Umgegend ist nur flach wellenförmig. Der Ackerbau (472 Morgen) ist durch den Boden nicht begünstigt und beschränkt sich auf Korn, Kartoffeln, Heiden und etwa Hafer. Einige Flächen mit stärkerer Lehmbeimischung lohnen den Fleiß des Anbauers besser. Im Ganzen würde die Bevölkerung ohne die Hülfe, welche der Erwerb im herzoglichen Forste giebt, nicht gut bestehen können. Das Dorf enthällt 93 Haushaltungen mit 407 polnisch Sprechenden; ein Viehstand von 12 Pferden, 56 Stück Rindvieh und 1 Ziege. Als Marktort wird von den Bewohnern das nahe belegene Kieferstädtel benutzt, nächstedem Gleiwitz, wo Getreide einen besseren Pfreis hat und stets Käufer findet.