§ 16 Die von Blücher im Lande Werle
Mehr als eine der Familien, welche von Meklenburg aus
nach Pommern gezogen waren, haben sich von dort aus wiederum im östlichen
Meklenburg ausgebreitet. Wir erinnern nur an das Geschlecht von Maltzan.
Was die von Blücher betrifft, die wir 1334 mit reichem Güterbesitz
in Pommern ausgestattet sahen, so vergehen fast zwei Menschenalter, bis
sie wieder auf Daberkow auftauchen; dagegen erscheinen Mitglieder dieser
Familie im Lande Werle, die mit den Vettern in der Grafschaft Schwerin
in keinem ersichtlichen Zusammenhange stehen, sich uns aber später
als Angehörige der pommerschen Linie ausweisen werden.
Es sind nicht eben erfreuliche Ereignisse, von denen
uns die werleschen Urkunden rücksichtlich der Familie von Blücher
wenigstens einige Andeutungen geben.
Die werleschen Lande wurden durch Theilungen mehr
und mehr geschwächt; nur mit Mühe wussten die Fürsten die
immer zunehmende Fehdelust ihres Adels zu zügeln, und ihre geringen
Einnahmen reichten wiederum nicht hin, um die Bedürfnisse eines fürstlichen
Haushaltes und die Opfer der zahlreichen Fehden zu bestreiten, ohne den
guten Willen ihrer Mannen in Anspruch zu nehmen. Wenigstens gilt
dies vom Fürsten Bernhard III., dem durch den Theilungsvertrag mit
seinem Bruder Nicolaus vom 14. Juli 1347 die Lande Waren, Penzlin,
Röbel und halb Wredenhagen zufielen. Halb Wredenhagen; denn
die andere Hälfte dieser Burg war im Besitz des Herzogs Albrecht von
Meklenburg, und eben dieses Verhältniss war von üblen Folgen.
Bernhard hatte auch ohnehin guten Grund, mit diesem ebenso klugen als mächtigen
Fürsten gute Freundschaft zu halten, seine Geldnoth zwang ihn (in
Gemeinschaft mit seinem Bruder Nicolaus), an Albrecht 1356 um 6000 Mark
Silbers Haus, Stadt und Land Plan zu verpfänden; den Zins - für
diese Summe wies er auf das Land Waren an. Andererseits stand Bernhard
auch in einer gewissen Abhängigkeit von Brandenburg, er hatte ein
Beutellehn auf die Münze zu Kyritz empfangen.
Im März 1362 sehen wir nun Bernhard mit dem
Herzoge Albrecht in neuen Unterhandlungen begriffen. Am 9. März
schlossen sie wegen der gemeinsamen Burg Wredenhagen einen Burgfrieden;
Io von Grambow, der werlesche, und Dietrich Scharpenberg, der meklenburgische
Vogt in dieser Burg, sollten beide den Frieden beschwören. Aber
diese löbliche Absicht ward alsbald durch gleichzeitige anderweitige
Verhandlungen gefährdet.
Nämlich Albrecht war erbötig, um 1500
Mark Silbers seine Anspräche auf das Land Waren aufzugeben, wie es
Bernhard wünschte; aber da der Letztere, weit entfernt, solche zahlen
zu können, vielmehr noch andere Gläubiger auch zu befriedigen
hatte, so verpfändete er dem Herzoge nun wiederum Stadt und Land Röbel,
behielt sich indessen das Leibgedinge seinergemahlin, die Güter Solzow,
Gneve ete., auf deren Lebenszeit vor. Einstweilen gab Bernhard jedoch
Stadt und Land Röbel erst noch an Claus von Plasten um 500 Mark Silbers,
welche dieser auf Waren und Penzlin geliehen hatte; aber Albrecht übernahm
die Verpflichtung, diesen lästigen Gläubiger bis Johannis
abzufinden. Auch andere Vasallen hatten auf Röbel schon
Pfandbriefe; aber Bernhard cassirte dieselben und verhiess dem Herzoge
sogar seinen Beistand für den Fall, dass sie ihre Ansprüche verfolgen
wollten. Ende Juni tritt dann Claus von Plasten dem Herzoge Albrecht wirklich
Stadt und Land Röbel ab,, Bernhard weiset den neuen Pfandinhaber ein,
und die Stadt leistet die Pfandhuldigung.
Damit lehnen aber die Vasallen des Landes Röbel in
eine schlimme Stellung. Im Röbelschen lagen nämlich Burglehen
von Wredenhagen; und wegen dieser sollten die Vasallen von dem Herzog leihen,
demselben dagegen von ihren andern Lehen ihre Schuldigkeit thun. Hierin
lag von vorne herein ein Same der Zwietracht. Claus von Plasten,
nunmehr des Herzogs Beamter (Vogt), gerieth mit dem werleschen Vogte zu
Wredenhagen, Ige von Grambow, in den heftigsten Streit und nahm denselben
gefangen. An den röbelschen Vasallen fand er gleichfalls entschiedene
Gegner, namentlich widersetzten sich ihm die Kossebade und der werlesche
Vogt Hermann von Blücher, der im Pfandbesitze der Röbelschen
Mühle war; aber auch diese unterlagen, Blücher musste von der
Mühle weichen. Claus von Plasten achtete die Verträge so
weing, dass er selbst die Güter, welche zum Leibgedinge der Fürstin
Elisabeth gehörten, Solzow, Gneve u. s. w., nicht unangefochten liess.
Gerade über diese aber war vermuthlich Blücher als Vogt gesetzt;
denn das Land Röbel war ja im Uebrigen verpfändet und stand also
unter dem meklenburgischen, nicht unter einem werleschen Vogte.
Der Bruch des Pfandcontraetes durch Plasten war
offensichtlich; in einem Vertrage mit dem Fürsten Bernhard vom 18.
Oct. 1363 gab der Herzog von Meklenburg also nach. Grambow ward seiner
Haft entlassen, aber auch seines Eides entbunden und durch einen andern
Beamten ersetzt. Blüchers Pfandbriefe auf die Röbelsche
Mühle erkannte Herzog Albrecht an und setzte ihn wieder in Besitz
derselben, versprach auch, seinen "Unmuth" wider Blücher, die Kossebaden
und ihre Genossen schwinden zu lassen und ihnen hold und gewogen zu sein;
endlich sollten auch die Güter der Fürstin fortan unbehelligt
bleiben. Damit erreichte der Herzog, dass sein Vetter Bernhard ihm
eine ansehnliche Hülfsmacht zu einem Zuge über erhiess.
Der Pfandbesitz der wichtigen Röbelschen Mühle
war dem Vogte Hermann von Blücher also vorläufig wieder gesichert;
aber seine Forderungen an den Fürsten Bernhard sind ihm späterhin
noch
einmal gefährdet und wahrscheinlich auch verloren gegangen.
Nämlich der Sohn jenes Vogtes, gleichfalls
Hermann genannt, gerieth, wir wissen nicht wann und bei welcher Gelegenheit,
in die Gefangenschaft der Markgrafen von Brandenburg. Als dann am
12. December 1369 der Markgraf Otto, im Begriff, seinen verhängnisvollen
Krieg mit Pommern zu eröffnen, zu Berlin ein Bündniss mit dem
Fürsten Bernhard von Werle und dessen Sohn Johann abschloss, verpflichtete
er sich, den jungen Hermann von Blücher nicht eher aus seiner Haft
und aus der Obhut derer, denen er anvertraut war, zu entlassen, als bis
er den werlesche Fürsten alle die Briefe wiederverschafft habe, welche
Hermann von Blücher der jüngere und sein Vater von ihnen besässen
Wahrscheinlich haben die Blücher hierauf ihre
Pfandbriefe herausgeben müssen; jedenfalls hat der Sohn seine Freiheit
wieder erlangt. Denn am 9. November 1318 war er Zeuge und Mitbürge
für Hermann Wangelin, als dieser dem Kloster Malchow Hebungen aus
Damerow im Kirchspiel Jabel und aus der Küzker Mühle überwies.
Daraus, dass er auch damals noch als der jüngere Hermann bezeichnet
ward, darf man wohl schiessen, dass der Vater, der vormalige Vogt, gleichfalls
noch am Leben war.
Diese Urkunde vom Jahre 1378 ist uns übrigens
auch noch anderer Hinsicht von Werth. Sie beweist hinlänglich,
dass der Aufenthalt euer beiden Blücher im Lande Werle sich nicht
nur an den Pfandbesitz der Röbelschen Mühle knüpfte; wenn
sie trotz jener traurigen Erfahrung noch im Lande Werle verweilten, so
geschah es doch wahrscheinlich wohl deshalb, weil sie daselbst auch auf
einem Lehn angemessen waren.
Nun wird diese Vermuthung freilich nicht durch eine
Urkunde zu unanfechtbarer Gewissheit erhoben; dennoch aber lässt ein
späteres Zeugenverhör - aus dem 16. Jahrhundert - keinen
Zweifel darüber, dass das Dorf Schwasdorf bei Waren einst ein Blüchersches
Gut war. Und da durch diese Zeugenaussagen sich zugleich der Zusammenhang
der von Blücher auf Schwasdorf mit den pommerschen auf Daberkow aufhellen
lässt, so müssen wir einstweilen das 14. Jahrhundert verlassen
und uns in das Jahr 1574 versetzen.
Der Process, in welchem die Zeugen erhört wurden,
betraf gar nicht die Familie von Blücher, sondern die Familie von
Kamptz; an kann also ihre Aussagen um so weniger für parteiisch ansehen.
Nämlich als Levin von Kamptz, derselbe, welcher durch seine Fehde
mit den von Plasten sich die Reichsacht zugezogen hatte, ohne Söhne
verstorben war, stritten um seine Giiter seine Vettern Jürgen und
Ewald von Kamptz. Ewald suchte zu erweisen, dass nicht alle Familiengüter
allen Linien seines Geschlechtes gemeinsam seien (zur gesammten Hand),
dass vielmehr unter andern an Schwasdorf die Linie Jürgens von Kamptz
kein Anrecht habe, dieses Gut nicht wie Gross-Dratow ein Stammgut, sondern
eine spätere Erwerbung sei. Manche von den Zeugen, welche 1574
von beiden Parteien aufgerufen wurden, begnügten sich nun aber nicht
mit der Aussage, dass Schwasdorf ein erkauftes Gut sei, sondern sie fügten
auch noch hinzu, was sie über die früheren Besitzer dieses Dorfes
vernommen hatten. Z. B. hatte Engelke von Rostke auf Schlön,
ein bejahrter Edelmann, von seinem Vater gehört, , dass Schwasdorf
von den Kamptzen solle gekauft worden sein; er habe aber vergessen, ob
sie es von den Heydebreken oder von den Blüchern erkauft hätten.
Bestimmter lautete das Zeugniss der Jungfrau Dorothea von Kamptz dahin,
Schwasdorf solle vormals den Blüchern gehört haben; und Margarete
von Kamptz, Ulrich
von Strahlendorfs Frau, und Joachim von Rostke hatten gleichfalls verdass
solch Dorf (Schwasdorf) von den Blüchern gekauft sei. Noch genauer
äusserte sich Jürgen von Linstow auf Garz, nämlich dass
Schwasdorf von den Blüchern zu Daberkow gekauft sein solle.
Am merkwürdigsten war jedoch das Zeugniss des Achim Voss auf Luplow:
er habe "von Frens (soll heissen: Venz) und Ewald Blüchern - den Besitzern
von Daberkow im 16. Jahrhundert - gehört, dass Schwastorp solle ihr
Stammlehn sein, und die Kamptzen solches von ihren Vorfahren gekauft".
Es begegnen sich hier also Nachrichten aus ganz
verschiedenen Gegenden und aus den beiden zunächst betheiligten Familien,
deren eine, die Blüchersche, an dem Processe gar kein Interesse hatte,
in der Kundschaft, dass Schwasaorf von der Familie von Blücher zu
Daberkow auf die Familie von Kamptz zu Gross-Dratow übergegangen ist.
Aber freilich lag dieses Factum damals schon in
weiter Ferne, genauere Angaben über Zeit und Personen liessen sich
von der mündlichen Ueberlieferung nicht erwarten. Im Jahre 1500
stand Schwasdorf schon den beiden älteren der drei damals blühenden
Linien des Geschlechtes von Kamptz je zur Hälfte zu, und zwar zweifelsohne
schon seit längerer Zeit, da die eine jener beiden Linien damals nur
aus unmündigen Kindern bestand. Da überdies ein Besitz
je zur Hälfte in der Regel auf eine Erwerbung durch einen Vorfahren
hindeutet, die Stammväter der gedachten beiden Linien, Ewald und Hermann
von Kamptz, aber schon 1444 selbständig auftraten: so steht zu vermuthen,
dass ihr Vater (der in unserer Urkunde Nr. 411 vom Jahre 1427 genannte)
Henning von Kamptz es war, der das Gut Schwasdorf von den von Blücher
für seine Familie erwarb.
Damit ist nun freilich das Ende dieses Besitzes im Blücherschen
Hause annähernd ermittelt; die Zeit der Erwerbung aber lässt
sich kaum einigermassen bestimmen. An einen kurz vorübergehenden
Besitz ist freilich wohl kaum zu denken, da sich noch in den späteren
Generationen des Geschlechts von Blücher die Kunde von jenem "Stammlehn"
Schwasdorf erhalten hat. Und da wir 1378 des vormaligen Vogtes Hermann
gleichnamigen Sohn hi der Nähe von Waren finden und sehen, dass er
sogar eine Bürgschaft daselbst übernimmt, also gewiss auch im
Lande angemessen war: so dünkt es uns das Wahrscheinlichste, dass
der damals noch lebende Vogt Hermann von Blücher schon auf Schwasdorf
wohnte.
Da wir aber ferner aus dem obigen Zeugenverhör
erfahren, dass die von Blücher auf Schwasdorf aus Daberkow stammten,
so bleibt uns kaum ein Zweifel, dass der werlesche Vogt Hermann voll Blücher
einer jener beiden gleichnamigen pommerschen Vettern war, die 1334 mit
ihren muthmasslichen Oheimen Ludolf und Bernhard die Vicarei zu Rellin
stifteten. Wir vermuthen aber weiter, dass der Vogt nicht der Sohn
des Ritters Ulrich, sondern der Sohn des Ritters Hermann war, weil auch
sein Sohn den Namen Hermann führte; doch legen wir natürlich
hierauf kein Gewicht denn wir wissen nicht ob nicht etwa ein älterer
Sohn des Namens Ulrich jung verstorben ist und ob man nicht den Namen Hermann,
als den Namen des Stammvaters jener Linie, vornehmlich auf die Söhne
übertrug. Von dem Vetter des Vogtes haben wir dann weiterhin
keine einzige sichere Nachricht mehr, da sich nicht ausmachen lässt,
welcher der beiden gleichnamigen Vettern es war, der am 21. October
1359 dem Kloster Dargun wegen des Gutes Upost für Bernhard und Ulrich
von Maltzan
Gewähr leistete. Es bleibt dahin gestellt, ob der zweite Hermann
(Ulrichs Sohn) überhaupt Söhne hinterlassen hat; es scheint Daberkow
den Schwasdorfern bald zugefallen zu sein.
Zu Daberhow finden wir gegen Ende des 14.
Jahrhunderts keinen andern Blücher, als den Pfarrer Bernhard, 1389
und mit der ausdrücklichen Bezeichnung als Pfarrer 1405 erwähnt.
Bernhard verewigte sein Andenken dadurch, dass er seiner Pfarre aus seinem
Hofe zu Bartow eine ansehnliche Geldhebung schenkte.
Fassen wir unsere Erörterungen kurz zusammen,
so dünkt uns also die Entwicklung des Daberkowschen Hauses sich folgendermassen
gestaltet zu haben: Von den vier Söhnen des ersten Ritters Hermann
von Blücher, der nach Pommern ging (+ 1302/3), hatten die beiden ältesten,
die Ritter Hermann und Ulrich, je einen Sohn Namens Hermann; diese beiden
Enkel waren 1334 noch Knappen. Hermann, Ulrichs Sohn, blieb auf Daberkow,
während Hermann, Hermanns Sohn, wahrscheinlich, nachdem er die Klenzer
Mühle veräussert hatte, ins Werlesche zog, Schwasdorf erwarb,
die Mühle zu Röbel in Pfand nahm und eine Weile festlicher Vogt,
wenn nicht über das ganze Land Röbel so doch über das dort
belegene Leibgedinge der Fürstin Elisabeth von Werle war. Er
lebte noch im Jahre 1378. Ihm folgte, als Erbe sein Sohn Hermann, seit
1369 genannt, zu Schwasdorf, und dieser erbte wahrscheinlich von seinem
Oheim Hermann, Ulrichs Sohn, auch Daberkow, wo sein jüngerer Bruder
Bernhard 1389 - 1405 als Pfarrer genannt wird.
Wir nehmen also an, dass alle späteren Blücher in Pommern
nicht von Ulrichs Sohn Hermann auf Daberkow abstammten, also nicht von
einem Enkel jenes Ulrich, der uns durch eine Ungunst des Geschickes ungenannt
geblieben wäre, sondern von jenem Hermann auf Schwasdorf; die Familie
ist also unsers Erachtens von Daberkow nach Schwasdorf gegangen und hat
späterhin von Schwasdorf ihren Sitz nach dem ihr angeerbten Daberkow
zurückverlegt. Daraus allein erklärt sich die in dem Daberkowschen
Hause gepflegte Tradition von dem Stammvater Ulrich auf Trade (d. i. Gross-Dratow).
Doch über diese später, nachdem wir uns einstweilen mit den jüngeren
Generationen des Daberkow-Schwasdorfschen Hauses bekannt gemacht haben.
Die muthmasslichen Enkel des Vogtes Hermann von
Blücher erscheinen im Jahre 1406 zuerst, und zwar wiederum in der
Herrschaft Werle; sie kaufen einen Theil des Gutes Marin in der Penzliner
Gegend, damals (Neu-)Morin genannt.
Als 1261 Fürst Nicolaus I. von Werle der Stadt
Neu-Röbel das Schwerinsche Recht bestätigte, saß auf dem
Gute Morin bei Röbel ein Ritter Konrad von Morin. Sein Geschlecht
hat dieses Gut hernach Jahrhunderte lang in Besitz gehabt; jetzt aber ist
es längst seit 1659, ausgestorben, und auch die Ortschaft Morin ist
untergegangen, die Feldmark grösstentheils an Ludorf gekommen.
Konrad oder seine Söhne gründeten nun aber auf einer äusserst
fruchtbaren Feldmark bei Penzlin, die 40 Hufen umfasste, ein Dorf, welches
sie nach ihrem Stammgute (Neu-)Morin benannten und welches jetzt unter
dem Namen Marin der Familie von Oertzen gehört. Vielleicht haben
jene auch die Kirche zu Marin gegründet eine Filialkirche von der
zu Gross-Lukow, deren Patronat mit dem der Mutterkirche Fürst Nicolaus
II. 1304 an das Kloster Broda überliess.
Uebrigens blieb dieser neue Besitz der Familie von
Morin nicht lange ungeschmälert. Denn schon 1306, am ?. November,
belehnte der Fürst Nicolaus II. von Werle den Ritter Johann von Holstein
mit 20 Hufen in diesem Dorfe Marin. Gerade ein Jahrhundert später
aber, am 18. October 1406 , gaben die Fürsten Nicolaus und Christoph
von Werle den Gebrüdern Hermann, Nicolaus und Hans von Blücher
das erbliche Lehn von der im fürstlichen Gericht von ihnen erstrittenen
(andern) Hälfte des Dorfes Marin, nachdem die von Blücher Jahr
und Tag im unangefochtenen Besitze derselben gewesen waren. Wie und
von wem sie diese Hälfte des Dorfes erstritten hatten, erfahren wir
aus dem Lehnbriefe nicht; dass sie dieselbe nicht durch einen gewöhnlichen
Kauf direct von der Familie von Morin erworben hatten, ergiebt sich aus
der Bemerkung, dass sie Jahr und Tag ohne Anfechtung im Besitze gewesen
seien. Höchst wahrsclieinlich hatten sie Pfandrechte auf das
halbe Dorf käuflich an sich gebracht, und die von Morin wollten solche
nicht gelten lassen. Diese gaben ihre Ansprüche auch trotz jenem
Erkenntiiiss des fürstlichen Gerichtes immer noch nicht auf; der Streit
zwischen den beiden Familien ist erst fast 20 Jahre später völlig
geschlichtet. Nämlich mehrere Standesgenossen legten sich ins
Mittel, von Blücherscher Seite Henning und Eckhard Kamptz, deren Ersterer
schon als der muthmassliche Käufer von Schwasdorf vorkam, und
Karsten Wangelin, für dessen Vorfahren 1378 Hermann von Blücher,
wie oben erzählt ist, Bürgschaft geleistet hatte; und ihren Bemühungen
gelang es, am 10. November 1427 einen Vertrag zu Stande zu bringen, durch
welchen Otto und Heinrich von Morin, auf (Alt-)Morin im Lande Röbel
gesessen, an Hermann Blücher, den alten Hermann Blücher und Claus
Blücher, Hans Blüchers Sohn, das halbe Dorf Morin im Lande Penzlin,
in 20 Hufen und den Hausstätten, zu einem Erbkaufe überliessen.
Damit war den von Blücher die eine Hälfte
des Dorfes nun also gesichter; und im Laufe des 15. Jahrhunderts
ist es ihnen auch noch gelungen, nicht nur die andere Hälfte des Dorfes
wenigstens pfandweise zu erwerben, sondern diesen Besitz selbst über
die Feldmark Marin hinaus zu erweitern, indem sie das angrenzende Dorf
Avege (jetzt Ave genannt) an sich brachten und auf der wüsten Feldmark
Schmort (bei Penzlin) die Mühle und Aecker kauften. Genau lässt
sich jedoch die Zeit dieser Erwerbungen nicht ermitteln. Zu Anfang des
15. Jahrhunderts scheint das wenig zahlreiche Blüchersche Haus
Daberkow sich eines ansehnlichen Wohlstandes erfreut zu haben, der sogar
Rentenkäufe verstattete, und der Verkauf des Gutes Schwasdorf stellte
zu andern Erwerbungen die Mittel zur Verfügung, um die Mitte desselben
Jahrhunderts nimmt man indessen Anzeichen wahr, dass sich dieser Wohlstand
gemindert hatte. Denn 1460 war wenigstens ein Antheil an dem Stammgute
Daberkow, wohl als Pfand, in den Händen Heinrichs von Heydebreck;
und um dieselbe Zeit (1459, 1462) wohnte zu Marin, ohne Zweifel auf dem
Holsteinschen Antheile, Bolto von Zepelin.. Von wem dieser letztere
Pfandbesitz auf Zepelin übergegangen war und wie lange die Famlie
von Zepelin in demselben verblieben ist, miissen wir dahin gestellt sein
lassen. Aus den aufgefundenen Urkunden geht nur hervor, dass bald
hernach die von Blücher mit den von Holstein um Marin in grosse Misshelligkeiten
geriethen, welchie schliesslich den Ersteren den grössten Theil des
Dorfes, wenn auch gegen Entschädigungen, entfremdeten.
Die Familie von Holstein stellte schon 1470 die
Behauptung auf, dass den von Morin das Erbe an der einen Hälfte des
Dorfes Marin gehöre, ihr selbst aber vergönnt sei, ein Capital
darin zu lösen,
d. h. die von Morin seien die eigentlichen Lehnmannen, die von Holstein
hätten von ihnen diesen Antheil zu Pfand genommen und mit der Bedingung,
denselben einlösen zu dülfen, weiter verpfändet. Ob
diese Behauptung gegen die von Zepelin, oder gegen die von Blücher
gerichtet war, erfährt man nicht; gewiss ist nur, dass Ewald von Blücher
nach Zepelin auch die zweite Hälfte des Dorfes inne gehabt hat, und
dass die Gegner selbst die von seinen Verfahren erblich erworbene Hälfte
nicht unangefochtein liessen. Nach langem Streite brachten die Herzoge
Magnus und Balthasar von Meklenburg - an deren Linie mit dem Erlöschen
des werleschen Mannesstammes 1436 das Füstenthum Werle (oder Wenden)
gefallen war - endlich am 21. Juni 1485 einen Vergleich zu Stande,
wonach Ewald von Blücher an die Frau Johanns von Kaland, ihren Bruder
Hans von Holstein und ihre Bruderlünder um 150 Rheinische Gulden und
130 Mark Finkenaugen 6 Rufen zu Marin und 15 zu Ave erblich überliess.
Jene Hälfte des Dorfes, welche die von Blücher 1427 zu einem
erblichen Besitz erwarben, ward hierdurch von 20 Hufen auf 14 vermindert.
Aber auch der andern Hälfte von Marin entäusserte sich Ewald
von Blücher nicht lange hiernach, indem er dieselbe mit dem Antheil,
den er noch an Ave hatte, an Otto Stut verkaufte. Dessen Sohn, Henning
Stut, überliess diesen erst vom Vater erworbenen Besitz schon 1501
weiter an den Ritter Bernhard von Maltzan, worauf Letzterer am 14. August
damit belehnt ward.
Wollte man freilich dem Wortlaute des Lehnbriefes,
welchen Maltzan damals empfangen hat, strenge nachgehen, so müsste
man annehmen, dass Ewald von Blücher die ganzen Dörfer Ave und
Marin mit den Aeckern und der Mühle auf der Feldmark Schmort an Otto
Stut veräussert hätte; allein man würde fehlschliessen.
Denn auf Grund eines älteren, von den Herzogen Magnus (+ 1503) und
Balthasar (+ 1507) ausgestellten Lehnbriefes empfing Ewald von Blüchers
Sohn, Hans, 1505 von den Söhnen des Herzogs Magnus einen neuen Lehnbrief
über 14 Hufen zu Marin und die Schmorter Mühle, wie solche "sein
Vater und seine Voreltern" zu Lehn gehabt hätten; und auf dieselben
Güter sind Johanns Söhnen 1508 und deren Nachkommen zahlreiche
Lehnbriefe ertheilt worden. Die von Blücher auf Daberlow haben
diese kleinere Hälfte des Dorfes bis ins 18. Jahrhundert hinein besessen,
während der grössere Antheil wenigstens theilweise, zunächst
bald wieder in die Hände der von Morin zurückkehrte und späterhin
noch verschiedene Besitzer gehabt hat bis das ganze Gut im 18. Jahrhundert
consolidirt ward.
Machen mir uns nun mit den ältesten von Blücher
auf Marin bekannt!
Dass die 3 Brüder, Hermann, Nicolaus und Hans,
also 1406 zuerst in jenem Dorfe festen Fuss fassten, dem Hause Daberkow
angehörten, ergiebt sich nicht allein aus den späteren Besitzverhältnissen;
sondern es wird auch durch Urkunden aus der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts bestätigt, dass Marin und Daberkow in gemeinsamem Besitze
waren. Jene drei Brüder halten wir demnach, auf Grund der Urkunden,
für Enkel des Vogtes Hermann und für Söhne seines 1378 genannten
gleichnamigen Sohnes; sie. vertreten also im Daberkowschen Hause die fünfte,
und stehen auf der Stammtafel des ganzen Geschlechtes von Blücher
in der siebenten
Generation.
Von jenen drei Brudern wird der mittlere, Nicolaus,
nach 1406 nicht wieder als lebend erwähnt. Der dritte, Hans,
wohnte noch 1414, am 24. März, dem Landtage zu Penzlin bei,
wo der Fürst Balthasar von Werle den Mannen des Landes Penzlin die
Handfeste gab, dass sie bei ihren Rechten verbleiben und bei etwaigen Streitigkeiten
nicht vor ein fremdes Gericht gezogen werden sollten.
1427, am 10. November, lebte aber von den
genannten drei Brüdern nur noch Hermann, den man jetzt den "alten"
zubenannte, um ihn von seinem Neffen, dem "langen" Hermann, zu unterscheiden.
Wenn man nun ferner 1426, am 3. Februar, den "olden
Hermen vnde langen Hermen, vedderen gheheten die Blucher, wonhaftig tu
Daberkowe" - als Mitgelober des Ebele von Bertkow für eine Rente aus
dem Dorfe Cölln bei Treptow - findet, und am 10. November 1427 "Hermen
Bluchere, olde Hermene Bluchere vnd Clawes, Hanses Sohn", als Käufer
von Marin, so ergiebt sich aus der Vergleichung dieser beiden Stellen mit
hinlänglicher Sicherheit, dass der "lange" Hermann nicht ein Sohn,
sondern ein Neffe des "alten" Hermann, und nicht ein Bruder, sondern ein
Vetter desd (jüngeren) Nicolaus, mithin der Sohn jenes Nicolaus, der
1406 vorkam, gewesen ist.
Den "langen" Hermann und seinen Vetter, den jüngeren
Nicolaus, haben wir also als Mitglieder der 6. Generation des Daberkowschen
Hauses zu verzeichnen.
Dieser jüngere Nicolaus muss eine in unserm
Ritterstande jener Zeit ziemlich seltene Liebe zu den Wissenschaften gehabt
haben; wenigstens liess er sich am 23. December 1433 auf der Universität
zu Rostock immatriculiren. Doch wissen wir nicht, ob er die dort
erworbenen Kenntnisse zu verwerthen Gelegenheit gefunden hat, denn er wird
nie wieder erwähnt.
Mehr im Sinne jener Zeit wo der Ritterstand in heilloser
Fehdelust und wohl auch im Strassenraub Befriedigung und Genuss suchte,
handelte jedenfalls ein "Hermen Bluchgher", indem er sich jener grossen
Schaar von wendischen Vasallen auschloss, die unter der Führung Heinrichs
von Maltzan, des wendischen Marschalls, im August 1427 - allen Verträgen
zum Trotz - einen Plünderuugszug in die meklenburgische Vogtei Neubukow
und in die Propstei Neukloster unternahm, der einen Schaden von mehr denn
12000 Mark Lübisch verursachte, bald einen zweiten in die Vogtei Schwan,
der die Meklenburger an Raub, Brand und Schatzungen mehr denn 14000 Mark
Lübisch kostete. Charakteristisch ist es, beiläufig bemerkt,
für jene treulose Zeit dass der Fürst Wilhelm von Wenden von
dem Raube zu seiner Küche 180 Kühe und 400 Schafe empfing.
Welcher von den beiden damals lebenden wendischen
Vasallen, die Hermann von Blücher hiessen, ob der "alte Hermann" oder
der jüngere hier zu verstehen ist, lässt sich freilich eben so
wenig ausmachen, als welche die "zwei Blücher" waren, die 1421 mit
Stargardschen Mannen einen Zug ins Brandenburgische unternommen hatten;
immerhin aber denkt man eher als an den "alten" Hermann bei solchen Unternehmungen
an den "langen" Hermann zu Marin und Daberkow, der damals wohl noch im
kräftigen Mannesalter stand.
Wenigstens reden von diesem die Urkunden noch öfter
mieder; wir lesen, dass er 1433 den vom Golme zu Rumpshagen, Plötz
und Zeitlow als Mitgelober diente, und dass er 1440, am 16. November, dem
Ratislav von Bertekow eine gleiche Gefälligkeit erwies.
Zu beachten ist dass der "lange" Hermann zwei verschiedene
Siegel führte. Das erste (Taf. II, Nr. 8), in einem Abdruck
an der Urkunde von 1426 erhalten, zeigt die beiden Schlüssel durch
eine Querstange verbunden; auf dem zweiten (Taf. II, Nr. 13) ist der Schild
mit den Schlüsseln in eine Art von Dreipass gestellt. Dies letzere
Siegel ist noch 1546 von einem der beiden Brüder Venz und
Ewald von Blücher auf Daberkow - trotz der Umschrift: "s'herman
blvcher" - wieder in Gebrauch genommen ! - War es etwa das Siegel ihres
Ahnherrn? - Doch davon später!
Von den beiden Siegeln des "langen" Hermann unterschied
sich nun aber das des jungen Hermann von Blücher zu Daberkow an der
Urkunde vom 20. December 1439, in welcher Werner vom Golme eine Rente
verpfändet und der "junge Hermen Blucher to Daberkow" sich als Mitgelober
nennt. Kann man gleich die Umschrift auf des Letzteren Siegel nicht
mehr lesen, so ist doch der Schild mit den beiden Schlüsseln noch
deutlich genug, um die Verschiedenheit dieses Siegels von dem des "langen"
Hermann aus dem Jahre 1440 festzustellen.
Der 1427 zuletzt genannte "alte" Hermann mochte
also auch 1439 noch am Leben sein, da man damals einen andern "Hermann
den jungen"' nannte; oder der Letztere behielt diesen Beinamen auch nach
des älteren Tode, um dadurch von dem "langen" unterschieden zu werden.
Jedenfalls lernen wir in dem "jungen" Hermann ein drittes Mitglied der
sechsten Daberkowschen Generation kennen; und als viertes sehen wir endlich
den "Bernd Bluocchcher to Daberkowe" an, der nur einmal, nämlich 1442
als Mitbürge für Heinrich von Heidebrek zu Klempenow, sichtbar
wird.
Schwerlich aber darf man jenen "jungen Hermann"
und diesen Bernhard für Brüder des jüngeren Nicolaus und
des langen Hermann ansehen, da sie sonst ohne Zweifel neben diesen in dem
Kaufbrief über Marin vom Jahre 1427 mitgenannt wären; dagegen
ist die Uebergehung ihrer Namen dort ganz natürlich, wenn sie die
Söhne des daselbst miterwähnten "alten Hermann" waren.
Mehr Namen der sechsten Daberkowschen Generationen
nennen unsere allerdings nicht zahlreichen Urkunden aus damaliger Zeit
nicht.
zu § 17 - Ewald von Blücher und
sein Sohn Hans
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