Die Gründung von Schönwald

    Der Herzog Wladislaus von Oppeln, Enkel Meskos I., hatte 1252 das Kloster Rauden gegründet und ihm in einer Urkunde vom 21. Oktober 1258 ganz bedeutende Vorrechte verliehen.  Er selbst nannte es nach seinem Namen Wladislauskloster, bald aber wurde es nach dem Flusse, an dem es lag, Rudakloster genannt.  Die Mönche kamen mit Bewilligung des Bischofs Thomas von Breslau aus Andreow bei Krakau.  Die Untertanen des Stiftes brauchten keine Heeresfolge zu leisten und waren aller Verpflichtung zum Bau oder zum Ausbessern einer Burg ledig.  Sie waren frei von der Gerichtsbarkeit der Kastellane, nur der Herzog durfte sie zur Verantwortung ziehen.  Das Bußgeld erhielt unverkürzt der Abt.  Der zu Stanitz sitzende Richter des Klosters übte die Gerichtsbarkeit aus; ihm wurden als Symbol Schild, Stab, Eisen und Wasser verliehen.  Das Kloster erhielt ferner auf seinem Grund und Boden Jagdrechte und eine Reihe anderer Vorrechte und Leistungen von seiten seiner Untertanen, die sonst dem Fürsten zustanden.  Bischof Thomas von Broslan bewilligte am
5. September 1261 dem Kloster noch den dem Bischofe zustehenden Neubruchzehnten.
    Nun war ein reicher Grundbesitz vorhanden, aber es fehlte an Bebauern.  Die umwohnenden Polen waren für die Kolonisation ungeeignet.  So wurden die Raudener geradezu gedrängt, deutsche Bauern heranzuziehen.  Abt Peter wandte sich an den Palatin Mrocco von Oppeln, der mit Erlaubnis des Herzogs Wladislaus im Jahre 1263 das Gut Stanitz und 100 große Huben des Waldes Boycou übernahm, um sie mit guten Leuten zu besetzen.  Die diesem Grund und Boden auszusetzenden Dörfer sollten nach Ablauf der üblichen Freijahre den Zins dem Mrocco zahlen, den Zehnten dem Abte, dem nach dem Tode des Palatins auch der Zins zufallen sollte. - Gewöhnlich verhandelte der Grundherr unmittelbar mit einem Unternehmer, der dann die nötigen Siedler zu besorgen hatte.  Hier vermittelte ausnahmsweise ein Dritter die Aussetzung.  Die Durchführung des Mroccoschen Planes verzögerte sich.  Erst am 6. März 1269 gibt Mrocco im Einverständnis mit dem Herzog Wladislaus von Oppeln und dem Abte von Rauden einem gewissen Heinrich 50 große Huben von dem bereits dem Kloster versprochenen Walde Boycouo, um sie nach fränkischem Rechte zu besiedeln.  Des Herzogs Richter Lociborius und sein Feldmesser Gregorius maßen die Gemarkung ab.  Eine Hufe wurde für die Viehtrift, eine als Kirchenhufe bestimmt.  Der Aussetzer Heinrich bekam die sechste Hufe frei, dazu den Schank, eine Mühle an der Klodnitz, eine Brot- und Fleischbank, d. h. das Recht, Brot zu backen und zu schlachten, und ein Drittel vom Gerichtsgelde.  Den anzusiedelnden Bauern wurden fünfzehn Freijahre gewährt, nach deren Ablauf sollte jeder dem Mrocco einen Silbervierdung, 2 Scheffel Weizen, 2 Scheffel Gerste und 2 Scheffel Hafer zahlen und an das Kloster als Zehnten einen Silbervierdung.  Der Aussetzer bekam auch Schwert und Stab als Zeichen der Gerichtsbarkeit mit all den Vorrechten, wie sie die Raudener Mönche auf allen ihren Dörfern haben.  Kein Richter, außer dem Grundherren, sollte über ihm sein, und seine Nachkommen sollten ihm nach dem Erbrecht in all diesen Gerechtsamen folgen.
    Der Name des Ortes wird in dieser Urkunde zwar nicht genannt.  Es ist aber so gut wie sicher, daß sie sich auf Schönwald bezieht, weil in der Bestätigungsurkunde von 1283 die Mühle an der Klodnitz ausdrücklich als zu Schönwald gehörig genannt wird, und weil obendrein in der Bestätigung alter Urkunden durch Kaiser Leopold vom Jahre 1660 die beiden Urkunden von 1269 und 1283 unmittelbar hintereinander folgen.
    Daß unser Dorf im Walde angelegt worden ist, macht schon sein Name wahrscheinlich.  Damit hängt es auch zusammen, daß die Gemarkung nach fränkischen Hufen abgemessen wurde.  Die fränkische Hufe war etwa doppelt so groß wie die flämische und betrug etwa 140-150 Morgen  Sie war bei Aufteilung von Umland oder Waldland das Übliche, und der größeren Schwierigkeit bei der Urbarmachung entsprachen dann auch mehr Freijahre.  Nach der flämischen Hufe wurde dagegen das Feld im Baulande oder im leichter urbar zu machenden Gelände ausgemessen.  Ihr wurden auch beträchtlich weniger Freijahre zugebilligt.  Die Aussetzungsurkunde von 1269 wird unterm 25. April 1283 vom Herzog Kasimir von Oppeln und Kosel, dem Sohne Wladislaus, bestätigt.  Hier erscheint zum ersten Male der Name des Dorfes als Scuenevalde.  In dieser Bestätigungsurkunde werden dem Raudener Kloster in Scliönwald dieselben Freiheiten und Vergünstigungen gewährt, wie sie ihm im Dorfe Stanitz (Kr. Ratibor) zustehn.
    Wie Schönwald, so hatten von den ein Kloster gehörigen Dörfern Stanitz und Dobroslawitz deutsches Recht, ebenso Deutsch Zernitz, das 1283 durch Tausch gegen das im Kreise Pleß gelegene Woschczütz ans Kloster gekommen war.  Mag die Aussetzung nach deutschem Rechte zunächst auch mir eine rein rechtliche Bestimmung sein, aus der noch nicht unbedingt auf deutsche Nationalität der Besiedler geschlossen werden kann, so darf man doch mindestens für Stanitz und Deutsch-Zernitz deutsche Besiedlung annehmen.  Denn Mrocco will 1263 die 100 großen Hufen im Walde Boycou und das Gut in Stanitz mit guten Leuten besetzen, also mit geeigneten Siedlern von auswärts, und da kommen wohl nach Lage der Verhältnisse nur Deutsche in Betracht.  Dazu kommt, daß hier Stanitz in engster Verbindung mit dem Gebiete des späteren Dorfes Schonwald genannt wird.  Und in Deutsch Zernitz läßt uns die Ortsbezeichnung selbst und der deutsche Name des Unternehmers darauf schließen, daß er Deutsche angesiedelt hat.  Deutsch-Zernitz hat übrigens als einziges Dorf neben Schönwald, im Gegensatz zu andern Raudener Stiftsdörfern, bis zur Klosteraufhebung 1810 nur freie erbliche Bewohner gehabt.  Und im Laufe der Geschichte erscheint dies Dorf immer wieder in engster Verbindung mit Schönwald, wo sich übrigens bis heute bei den Bewohnern die Erinnerung an den einst deutschen Charakter von Deutsch-Zernitz bewahrt hat.  Doch, von Schönwald abgesehen, ist ringsum das Deutschtum früh wieder verloren gegangen.  Man bequemte sich in Sprache und Sitte der polnischen Umgebung an.  Am Kloster fanden die deutschen Siedler für die Erhaltung ihres Volkstums nicht den geringsten Rückhalt.  Sie waren ja nicht aus nationalen Rücksichten herbeigerufen worden, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen In "Niederschlesien" hatten vor allem die Zisterzienser in Leubus und die von ihnen ausgegangenen Heinrichauer Mönche sowie eine Reihe anderer Klöster, Stifte und adliger Herren mit den deutschen Siedlern glänzende Erfahrungen gemacht.  Diese Erfolge wollte man auch in Rauden wahrnehmen, und man versprach sich mit Recht von den deutschen Kolonisten viel größere Vorteile und vor allem größere Einkünfte.  So hat das Stift denn ausgiebig für die Besiedlung seines großen Feld- und Waldbesitzes gesorgt, aber weiter ging seine Fürsorge nicht.  Die Raudener Mönche hatten schließlich auch gar keine Veranlassung, den Ansiedlern ihre Nationalität zu erhalten.  Die ersten Bewohner des Stiftes waren aus dem polnischen Kloster Andreow bei Krakau gekommen, der Abt von Andreow leitete bis zum 15. Abte die Abtwahl im Raudener Tochterkloster, und häufig wurde der Prior des Mutterklosters zum Abte in Rauden gewählt.  Der Zuzug von Mönchen nach Rauden war offenbar größtenteils polnisch, während den deutschen Einwanderer seine Scholle beschäftigte und ernährte.  So ist es begreiflich, daß bald ein starker polnischer Einfluß im Kloster einriß, über den später arg geklagt wird.  Kein Wunder, wenn fast alle deutschen Siedelungen wieder verpolschten.  Schönwald allein hat bis heute seine deutsche Art und seine deutsche Sprache zäh bewahrt und zwar - das kann den Schönwäldern nicht hoch genug angerechnet werden - lediglich durch eigne Kraft und Zähigkeit, ohne irgendwelche Unterstützung.

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