2) Dorf und Feldmark

[da die Sonderzeichen zur Verdeutlichung der dialektalen Ausprache hier nicht abgedrucken werden können, sind diese in der Folge meist weggelassen]
Geschichte
    Schönwald liegt in der Südostecke des Kreises Gleiwitz, 4 Kilometer von der Kreisstadt nach SSO.  Das Dorf reicht von der Knurower Chaussee ostwärts noch über die Gieraltowitz-Orzescher Chaussee hinaus bis nahe an Preiswitz.  Das Oberdorf ist 1,5 km lang und ziemlich eben; von der Kirche ab erstreckt sich das 2,5 km lange Niederdorf in einer nach Osten geneigten Mulde.  Der Boden der Mulde war anfangs nicht bebaut, die Bauernhöfe liegen vielmehr, wenigstens auf der Südseite, etwas oberhalb, während in der Mitte am tiefsten der vom Dorfbache durchflossene Anger lag, der dann im Laufe der Zeit von den Angerhäuslern bebaut wurde.  Das Dorf ist ein Reihendorf mit geschloßner Bauweise, die Gehöfte liegen zu beiden Seiten der Dorfstraße.  Gegen 2000 Gebäude und 564 bewohnte Grundstücke sind vorhanden.  Die an die Gehöfte sich anschließenden Gärten werden von parallel mit der Dorfstraße laufenden Feldwegen eingeschlossen und liegen mitten in der Feldmark, die die Gestalt eines 4 x 6 km großen Rechtecks hat.  Der höchste Punkt ist im NW. 278,7 m, der tiefste im 0. 234, 7 m über NN.  Die Feldmark ist 2300 ha = 9200 Morgen groß, wovon etwa 1000 Morgen im Laufe der letzten 45 Jahre den Nachbargemeinden abgekauft worden sind.  Der Boden ist gut, doch wegen der lettigen Unterschicht war vor der Drainierung der Acker oft wochenlang unbetretbar.  Früher wurde viel Flachs gebaut, im 16. und 17. Jahrhundert blühte vor allem der Hopfenbau.  Das Urbar von 1534 betont die vielen Hopfengärten im Orte.
    Die ständige Bevölkerungszunahme und die Teilung der Wirtschaften bringen es mit sich, daß jetzt, vor allem im N. des Oberdorfes, hinter den an der Straße liegenden Höfen neue Stellen gebaut werden.  Im Jahre 1719 hatte Schönwald 700 Einwohner, heute zählt es deren 3954.
    Die Feldeinteilung ist folgende.  Vorn an der Straße ist der Angerzaun.  Am Hause war der Garten, der heute mehr und mehr verschwindet.  Hinter dem Grundstück, das rückwärts meist durch die Scheune abgeschlossen wird, ist der Hinterzaun, mit Gras bewachsen und mit ein paar Obstbäumen bestanden.  Auch Frühkartoffeln und Kraut werden hier gebaut.  Den Abschluß nach rückwärts bildet der Querweg, der hinter den Gehöften parallel zur Dorfstraße läuft.  Nun kommt die eigentliche Feldmark, das Heimerbe, das in den Kaufbüchern aus dem Ende des 18. Jahrhunderts auch Hauserbe oder Hausacker genannt wird.  Das Vorderfeld ist am größten.  Dahinter läuft quer ein Feldweg, der erste Anwand.  Ihm folgt das viel kleinere Hegefeld, das der hinterste Anwand begrenzt.  Hinter ihm liegt, größer als das Hegefeld, das Mittelfeld, abgeschlossen vom schlimmen Anwand.  Jenseits beginnt das Gerstfeld, hinter dem meist ein Fußweg geht. Darauf kommt das Hinterfeld, das, ohne von einem Wege durchschnitten zu sein, in das vordere und hintere Hinterfeld zerfällt und bis zur Grenze reicht.  Abgesehen vom Hinterzaun hat jedes Feld zwei Gewende, nur das Gerstfeld hat bloß ein Gewende.  Dazu kommen die den Nachbargemeinden abgekauften Felder.  Neben dem Heimerbe, das in gerader Linie vom Hause bis an die Grenze lief, gab es noch das Niedererbe. Das ist der früher außerhalb des Dorfes nach Osten zu liegende Grundbesitz.  Er ging von der Straße aus nach Süden bis zur Gieraltowitzer Grenze in derselben Einteilung wie das Heimerbe.  Ein einzelnes Feld im Niedererbe hieß Niederfeld.  Entsprechend bezeichnete man auch die im Westen des Dorfes liegenden Felder als Oberfelder.  Sie dehnten sich von der Straße bis zur Knurower und Nieborowitzer Grenze und nach Norden bis zur Tryneker Grenze aus.  Um 1800 sind die Bezeichnungen Oberfeld, Niederfeld, Niedererbe in den Kaufbüchern gäng und gäbe.  Die beständig zunehmende Ausdehnung des Ortes, vor allem nach Osten hin, hat die Namen etwas zurückgedrängt, ohne sie jedoch ganz verdrängen zu können; vor allem Niedererbe ist in den Wirtschaften am Ostende des Dorfes noch ziemlich geläufig.
    Daneben gibt es noch eine Reihe schon im 18. Jahrhundert belegter Flurnamen.  Die g'ät'e (Gärten) im W. an der Knurower Chaussee erinnern jetzt noch daran, daß hier einst Gehöfte gestanden haben.  Nach einem Brande, vermutlich im 30jährigen Kriege, wurden sie nicht mehr aufgebaut.  Die "Gärten", die etwa dem heutigen "Hinterzaun" entsprechen, leben aber als Flurname "owa g'at'a" (auf den Gärten) noch fort.
    Von dem Walde, der früher in SW., auf Knurow zu stand, zeugen noch die Feldbezeichnungen poschaker, poschfautg (Buschacker, -feld).  Die Kaufbücher bekunden, daß im Knurower "Oberfelde" vor allem das Gerst- und Mittelfeld mit Wald ("Busch") bestanden war; sie sprechen auch geradezu vom Kiiurower Busch.  Das Vorderfeld war urbar gemacht.  Der Flurname "bei den drei Eichen" erinnert heute auch noch an den Knurower Waldbestand, wenn auch von den drei Eichen nichts mehr zu sehen ist.  Auch nach N., auf Trynek zu, stand 1797 im Oberfelde Wald im Gerst- und Hinterfelde.  Heute sucht man danach vergebens.  Außer den Flurnamen zeugen nur noch der Name des Dorfes selbst und ein paar ziemlich kümmerliche Waldstückchen auf Knurow zu von dem früheren Waldbestande. - 1797 wird ferner der "Eisensteiner Weg" im W. des Dorfes erwähnt.  Später hieß er Schlackenweg.  Es ist der Weg nach Deutsch-Zernitz, und der Name erinnert an die unzähligen Fuhren Schlacke von der Gleiwitzer Hütte, mit denen die Schönwalder den grundlosen Weg fahrbar machten.  Zum Oberdorfe gehörten schließlich noch die in den Kaufbüchern vorn Ende des 18.  Jahrhunderts oft genannten Follungen.  Sie lagen auf Knurow und Pilchowitz zu.  Daran schlossen sich dann nach SO. auf Gieraltowitz zu die feog'er . Ein kiesiges Feld heißt Schtenerheawo (Steinehübel).  Im S. des Niederdorfes heißt eine tief gelegene Wiese hinter dem Mittelfelde an der Preiswitzer Grenze der Molkengrund.  In der Nähe lag der Schleegrund.  Ein früherer Teich im "Kola-" oder "Kalafelde" hieß bei der Zergliederung des Vorwerks Kalateich, heute heißt das Stück Wiese einfach Teich.  Auf dem früheren Dominialvorwerke lag "das Niedrige" [wohl dasselbe wie die 1723 genannte Niederseite].  Das Obervorwerk im W. am Knurower Wege hieß einfach Kolonie, die darauf sitzenden Leute heißen kornis, kolnis, und weil alle Besitzer zufällig Johannes hießen, nennt man diesen Teil bis heute johanoskolni.  Ein nicht mehr genau zu bestimmendes Feld hieß auf diesem Vorwerke "Plünderfeld" oder einfach "der Pländer".  Als Flurname kommt schließlich noch der Viehweg vor.  Heute kennt man deren noch zwei.  Thomas' Viehweg, nach dem Besitzer des Schrotholzhofes westl. der Kirche genannt, geht von der Dorfstraße nördlich bis zur Chaussee, meist der Kleinbahn entlang.  Der andere geht nördl. des Niederdorfes von der Chaussee ab bis zur Ellguther Grenze.  Beide Viehwege folgen natürlich der Richtung der Felder.
    Die Schönwälder haben die Ackerwirtschaft lange gründlich vernachlässigt.  Jahrhunderte lang lebten sie hauptsächlich vom Fuhrwesen.  Mancher Besitzer soll 30 und mehr Pferde gehabt haben.  Mit Salz, Kohle, Holz, Erz und Kaufmannswaren fuhren sie weit über die Grenzen ihrer Heimat hinaus.  In Sachsen, Polen, in der Mark und tief in Österreich und Ungarn fand man die an ihrer eigentümlichen Fuhrmannstracht leicht kenntlichen Schönwälder.  Mancher verunglückte auch in der Fremde oder wurde, fern der Heimat, ausgeplündert und erschlagen. Bis in die Mitte
des vorigen Jahrhunderts blühte ihre Fuhrhalterei.  Der alte Johann Puscher ist für ein Gleiwitzer Handelsbaus noch 1854, als er Schulze war, selber bis Triest nach Zitronen und Apfelsinen gefahren.  Erst die Konkurrenz der Eisenbahnen legte die Schönwälder Frachter lahm.  Da trat plötzlich ein vollständiger Umschwung ein.
    Man war nun auf eine ausgiebigere Bodenutzung angewiesen.  Dennoch drang die Drainierung nur langsam durch.  Die ersten Versuche wurden verspottet; erst der sichtbare Erfolg führte zur Bildung vor, Drainageverbänden.  Aber auch jetzt standen noch manche eigensinnig abseits, und im Niederdorfe sind die letzten Felder erst um die Jahrhundertweiide drainiert worden.  Heute sieht man freilich den wohlbestellten und vortrefflich gepflegten Feldern der Schönwälder nicht an, daß hier der sorgfältige Betrieb des Ackerbaus eigentlich jung ist.  Selbst der kleine Besitzer arbeitet mit den neuesten landwirtschaftlichen Maschinen.  Mag die Maschine sich für den kleinen Betrieb auch ziemlich teuer stellen, so erspart sie doch die schwer zu beschaffenden Arbeitskräfte.
    Wie aber nun das früher gering geachtete Feld auf einmal zum wertvollen Besitze geworden war, entwickelte sich ein neuer Übelstand.  Früher erbte meist der älteste Sohn die Wirtschaft und fand die Angehörigen billig ab.  Seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts teilen jedoch die Schönwälder ihre Feldmark unter sämtliche Kinder.  Dadurch werden die Wirtschaften zerschlagen, die Felder zerstückelt.  Von großer Weite ist die Schönwälder Feldmark kenntlich an den schmalen Feldstreifen, den "Handtüchern".  Statt abgerundeter Güter haben die jetzigen infolge der Teilung Halb- und Viertelbauern heißenden Besitzer, die bei der Heirat noch die Ackerstreifen der Frau mitbekommen, ihr Feld in lauter schmalen Streifen womöglich an allen Ecken des Dorfes verstreut.  Doch nicht genug damit.  Auch die Gehöfte werden zerteilt.  Seit der Anfertigung der Flurkarte im Jahre 1865 sind etwa vier Fünftel des Grundbesitzes zerstückelt worden. Über 450 Morgen gehn durch Feldwege und Raine verloren.  Kein Wunder, da z. B. sogar zwei Brüder bei der Teilung des väterlichen Ackers nicht einmal zwischen ihren Feldern einen gemeinsamen Feldweg haben wollen, sondern unmittelbar nebeneinander zwei Wege anlegen.  Jetzt sind die Felder vielfach schon so schmal, daß sie gar nicht mehr in der Länge geteilt werden können.  Man beginnt also schon mit der Querteilung.  Das muß in ganz kurzer Zeit für viele Wirtschaften zum Verderben werden. Seit Jahren arbeiten einsichtige Leute und auch die Regierung daran, die Schönwälder zur Umlegung zu bewegen.  Aber wer kennt nicht einen deutschen Bauerndickkopf und sein maßloses Mißtrauen !  Viele glauben, sie würden dabei benachteiligt; was sie gewinnen, wollen sie nicht sehen. Ja denen, die der Umlegung eifrig das Wort reden, werfen sie wohl einmal nachts die Fenster ein, oder sie versprechen ihnen gar, sie totzuschlagen.  Das ist ein ganz überlegungsloses Eifern; die einen sind lediglich deshalb dagegen, weil andere dafür sind, und weil das Oberdorf schon beinahe gewonnen ist, muß ein großer Teil des Niederdorfes natürlich Widerstand leisten, so daß das Ende noch gar nicht abzusehen ist.  Mancher kleine Mann hat schon Pflug und Spaten beiseite gestellt und seine Selbständigkeit aufgegeben, weil ihm die Teilung das Fortkommen unmöglich machte, und hat in der Nachbarschaft in Gruben oder Fabriken eine viel lohnendere Beschäftigung gefunden.
    Die unvernünftige Teilung hat noch ein anderes Übel im Gefolge.  Die Wirtschaften waren zum großen Teil Schrotholzbauten, weiß, hollgrün oder hellblau getüncht oder roh.  Von der Giebelwand des Wohnhauses bis zur Straße lag ein kleiner Gras- oder Ziergarten; das Haus, an das der Kuhstall meist unmittelbar anstieß, öffnete sich nach dem Hofe, auf dessen Rückseite die Scheuer stand. Behaglich und geräumig bot sich das ganze Gehöft den Blicken dar. Doch diese Wirtschaften schwinden immer mehr; man muß dem Platze geizen, die Blumen verschwinden, der Blick in den Hof wird verschlossen, und das neue, abscheuliche und geschmacklose Rohziegelhaus legt sich mit der Breitseite nach der Straße, eis genau so wie das andere. Auch das schmucke Hoftor fällt natürlich. In den letzten Jahren ist durch diese roten Kisten fast das ganze Dorfbild verhunzt worden.

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