Hochzeitsgebräuche
Zur Werbung um die Auserwählte nimmt der Freier
meist einen älteren Bruder oder Verwandten mit. Bekommt er das Jawort,
so wird gleich der Tag für die Hochzeit festgesetzt. Nach dem
ersten Aufgebote in der Kirche werden die Personen für die verschiedenen
Ehrenämter ausgesucht. Da heißt es, peinlich acht geben,
daß niemand übergangen oder zurückgesetzt wird, der auf
ein solches Amt wegen verwandtschaftlicher oder sonstiger Beziehungen Anspruch
hat. Geschwister erhalten kein Ehrenamt. Die Hochzeit wird
getrennt gefeiert. Die Verwandten und Freunde des Bräutigams
feiern im Hause von dessen Vater, die Gäste der Braut im Hause des
Brautvaters. Eine Hochzeit wurde früher allenthalben drei Tage
lang gefeiert, manchmal noch länger. Heute begnügt man
sich mit zwei Tagen.
Beide Hochzeitshäuser wählen zunächst
je einen Starosten, der sich mit dem Hausherrn um die ganze Bewirtung der
Gäste und besonders um die Getränke zu kümmern hat.
Er ist die wichtigste Person; darum hatte der Starosta des Bräutigams
auch beim Kirchgange den Ehrenplatz rechts vom Bräutigam, während
derjenige der Braut früher nicht mit zur Kirche ging. In beiden
Häusern sind dann je zwei Mädchen als Kränzeljungfern [mat'chadruschk'a
oder bloß druschk'a], je zwei verheiratete Frauen als -Kränzelfrauen
[frauadruschk'a] und zwei junge Burschen als Kränzelherren [driuscheba]
zu wählen. Diese bilden für das Brautpaar das Ehrengefolge;
die Kränzelherren haben auch für die Bedienung der Hochzeitsgäste
zu sorgen. Ein weiteres Ehrenamt, das hauptsächlich älteren
Frauen aus der Verwandtschaft zugänglich ist, ist das der "Köchinnen".
Das Reich ihrer Tätigkeit und Verantwortung ist die Küche.
Am Tage vor der Hochzeit, meist Montags, gehn von beiden Hochzeitshäusern
die mat'chadruschk'a, ihre "Freundschaft", das heißt Verwandtschaft,
zur Hochzeit zu laden. Dabei bringen sie Flaschen vom Hochzeitswein
mit und geben davon den Einzuladenden zu trinken. Die Einladungsworte
lauten gewöhnlich: "Der IIochzeitsvater und die Hochzeitsmutter lassen
schön bitten, Ihr möchtet so gut sein und morgen auch zum Hochzeitsmahl
kommen." Natürlich sind die Gäste schon vorher von den Brautleuten
oder ihren Eltern eingeladen worden.
Am Abend vor der Hochzeit fahren der Starosta, die
frauadruschk'a und driuschba der Braut mit den Federbetten nach der neuen
Behausung, um das Brautbeit herzurichten. Dort haben sich bereits
die nächsten Gäste des Bräutigams versammelt. Die
Anklopfenden werden zunächst als Fremde behandelt, die sich erst durch
einen Paß ausweisen sollen. Nun wird gewöhnlich ein Bogen
Papier mit einem oft gleichgültigen, häufig in Spiegelschrift
geschriebenen Satze vorgezeigt. Darauf wird den Abgesandten der Braut
Einlaß gewährt. Jetzt haben sie aber noch einen harten
Stand, denn das Herrichten der Betten wird ihnen möglichst ersehwert.
Sind sie mit ihrer Arbeit fertig, so wird alles wieder zerwühlt, irgendwelche
Gegenstände werden hineingeworfen oder sind vorher schon im Stroh
versteckt worden und inüssen angeblich erst wieder herausgeholt werden.
Ist endlich alles von neuem in Ordnung gebracht, so steht wohl einer, der
verstohlen unter das Bett gekrochen ist, plötzlich auf, so daß
alles wieder herausfliegt. Manchmal wirft wohl auch der Starosta
des Bräutigams oder die im Hause befindlichen "Köchinnen" oder
ein Kränzelherr einen Jungen aufs Bett, der sich gehörig darin
herumwälzt, aber dann sehen muß, wo der Zimmermann das Loch
gelassen hat. Ist dann die schwere Arbeit doch endlich getan, so
werden die Gäste bewirtet.
Am Hochzeitstage, meist Dienstags, sammeln sich
früh vor acht in beiden Hochzeitshäusern die nächsten Verwandten
und Ehrengäste zu Kaffee und Kuchen. Dann geht der Bräutigam
mit seinen Gästen, den Nachbarn und mit der Musik nach dein Hause
der Braut. Dort finden sie zunächst die Tür verschlossen.
Ein driuscheba des Bräutigams klopft an und bittet um Einlaß.
Dann tritt der Starosta des Bräutigams vor und bittet für ihn
in einer langen Ansprache um die Braut mit etwa folgenden Worten:
Ich bitte um die Erlaubnis, an
den Herrn Starosta und die junge liebe Braut ein paar Worte sprechen zu
dürfen. Unser lieber, guter Vater im Himmel, der uns erschaffen
hat, setzte schon die Ehe zu Anfang des Menschengeschlechtes ein, und zwar
schon im Paradiese. Unser lieber Heiland erhöhte die Ehe sogar
zu einem Sakrament, und darum ist es notwendig, daß sich die Brautleute
zu diesem Schritt gut vorbereiten, der sie fürs ganze Loben miteinander
verbindet. Dies haben die Brautleute auch getan, und wir sind heute
mit dem Bräutigam hierhergekommen, um hier seine liebe Braut zu finden,
die den festen Willen hat, sich fürs ganze Leben in Liebe mit ihm
zu verbinden. Da ich nun hoffe, daß die liebe Braut uns und
ihrem Bräutigam folgen wird, und vor dem Altare das Gelöbnis
der Liebe und Treue abzulegen, so danke ich vor allem den Eltern der Braut
und dem Starosta, daß sie das Versprechen gehalten haben. Möge
der liebe Gott den neuen Ehebund segnen und den Brautleuten die Gnade geben,
in dem neuen Stande auch für ihr ewiges Seelenheil zu wirken.
Und so wollen wir denn die Feier beginnen in der Hoffnung auf Gottes Segen
und zur Ehre des Brautpaares.
Hierauf erwidert der Starosta der Braut etwa Folgendes
:
Mir ist die große Ehre zuteil
geworden, Euch alle im Namen unsrer ganzen Freundschaft herzlich willkommen
zu heißen. Ich danke auch der ganzen Begleitung und auch Dir,
lieber Starosta, daß Ihr Euer Versprechen gehalten habt und heute
das Brautpaar in die Kirche begleiten wollt, wo sie einander fürs
ganze Leben ewige Treue versprochen wollen. Insbesondere aber danke
ich Dir, geliebter Bräutigam, daß Du Dir eine Braut aus meiner
Verwandtschaft ausgesucht hast und ihr heute Liebe und Treue am Altare
schwören willst. Echt christliche Liebe und Anhänglichkeit
sei das Band, das dich heute an sie fesselt, und unverbrüchliche Treue,
und Zärtlichkeit sei das Siegel deines heutigen Gelöbnisses.
Mögen Kummer und Sorgen ihre heitre Stirn trüben, mögen
Krankheit, Unglücksfälle und Mühsal des so schweren Ehelebens
ihre jetzige Schönheit schwinden machen, sie darf dir deswegen nicht
weniger lieb und teuer sein. Sei stets eingedenk des großen
Opfers, das dir die Braut bringt, denn sie verläßt dir zu Liebe
heute nicht nur ihr väterliches Haus und ihre liebenden Geschwister,
sondern auch eine liebende Mutter; und diese Liebe zu ersetzen dürfte
dir sicher sehr schwer worden. Aber tu, was in deinen Kräften
steht; sei du ihr Schutz und Hort in der neuen Heimat, denn ihr Wohl und
Wehe hängt von dir und deiner Behandlung ab. Sie soll sich wohlgeborgen
in deiner Nähe fehlen, und nichts soll imstande sein, ihr deine schätzende
Hand zu entziehen.
Nun bittet der Starosta des Bräutigams um die
drei Zeichen. Der Brautstarosta überreicht auf einem Teller
einen Myrthenzweig und ein seidnes Tuch. Der Bräutigam empfängt
die Gaben aus der Hand seines Starosta und legt ein Goldstück und
die Ringe auf den Teller. Früher vertraten kleine myrthengeflochtne
Kränzlein die Stelle der Trauringe. Eine frauadruschk'a des
Bräutigams befestigt ihm den Myrthenzweig auf der Brust. Während
dieser Zeremonie spricht der Brautstarosta:
Hier ist ein grüner Zweig!
Der soll ein Sinnbild sein von dem dürren Zweige des hl. Josef, der
nicht nur grün, sondern auch mit schönen weißen Blumen
geziert war und so durch ein Wunder entschied, wer der Mann Mariens sein
sollte. Einen solchen Zweig überreicht heute auch die Braut
dem Bräutigam zum Zeichen, daß sie ihn als ihren Mann anerkennt.
Beim Überreichen des Tuches spricht der Starosta
weiter:
Das zweite Zeichen ist ein Schweißtuch
und soll eine Nachahmung des Schweißtuches der hl. Veronika
sein, welche Jesus, ihrem auserwählten Bräutigam, ihren Schleier
darreichte, damit er sein Angesicht abtrocknen konnte. Und wie sie dann
alles verließ und Jesu nachfolgte, so wird auch
heute die Braut Vater und Mutter verlassen und ihrem
Manne aubangen.
Bei der Einhändigung des Ringes fährt
er fort:
Hier ist noch das dritte Zeichen, ein goldner Ring.
Er soll ein richtiges Zeichen der Liebe sein; und wie das Gold das edelste
und wertvollste Metall ist, so ist auch die Liebe die edelste und vollkommenste
Tugend, und wie der Ring rund und ohne Ende, so soll auch die Liebe ewig
währen. Wie böse Menschen Gold und Goldeswert zu entwenden
suchen, so wird auch der böse Feind in Gestalt von bösen Menschen
die Tugend der Liebe zu zerstören suchen. Und deshalb soll sie
auch wie Gold verwahrt werden. Und so nimm denn hin, geliebter Bräutigam,
diese drei Zeichen der Liebe von der Braut! Möge eure Liebe
immerdar neu und schön wie diese Zeichen sein! Das wünschen
wir von ganzem Herzen.
Während dieser ganzen Handlung hält sich
die Braut im Hintergrunde, hinter den übrigen Gästen versteckt.
Nach der Überreichung der drei Zeichen verlangt der Starosta des Bräutigams
endlich einmal auch die Braut zu sehen. Darauf wird ein bräutlich
geschmücktes kleineres Mädel, vielfach eine jüngere Schwester
der Braut, hervorgeholt und als Braut vorgestellt. Damit ist jedoch der
Bräutigamsstarosta nicht zufrieden. Er lehnt die falsche Braut ab;
sie sei noch zu jung und noch zu klein. Diese verteidigt sich aber selbst;
sie erklärt, sie könne schon kochen, rühmt sich noch aller
möglichen anderen Künste und sucht den Bräutigam zu bewegen,
sie doch zu nehmen. Auf dessen beharrliche Ablehnung hin wird schließlich
nach einer Weile die richtige Braut von ihrem Vater hervorgeholt und dem
Bräutigam zugeführt. Die Brautleute reichen sich die rechten
Hände und beschreiten im Gehn einen Kreis. Die Musik spielt
dazu einen Tusch. Dann tritt die Braut zurück und sagt ihr g'ebätcha
(Gebetchen). Sie dankt zuerst allen Venvandten und Bekannten, daß
sie zu ihrem Ehrentage erschienen sind, besonders den Ehrengästen
und Freundinnen. Darauf dankt sie den Eltern für alles, was
sie ihr bisher Gutes erwiesen haben, und bittet sie schließlich um
ihren Segen zu dem Schritte, den sie heute tun will. Nach dieser
Bitte kniet sie nieder und empfängt von den Eltern den Segen.
Nun ordnet sich der Zug für den Gang oder die
Fahrt in die Kirche zur Trauung, die vor der Messe, gewöhnlich um
8, mitunter um 9 stattfindet. Der Bräutigam ist dabei stets
barhäuptig, auch in Winter und Regen. Die Braut trägt heute
den Kranz. Früher hatte sie eine Brautkrone aus Pappdeckel,
etwa 10 cm. hoch, inwendig mit Stoff ausgelegt, außen mit Flitter
und roten und grünen Schleifen verziert. Solche Brautkronen
gab es ein paar im Dorfe; sie wurden leihweise abgegeben. Kleinere
Kronen tragen die Brautjungfern. Nach der Trauung, trennt sich die Gesellschaft
wieder in die beiden Häuser zui Kuchen und Kaffee. Die Musik
geht mit dem Bräutigam.
Früher begann das eigentliche Hochzeitsessen
bald nach der Traiiung, und um 3 Uhr zog man schon ins Gasthaus.
Jetzt geht es erst um 8 ins Gasthaus, und das Essen beginnt um 3 Uhr.
Gegen 2 Uhr holen die Kränzelherren alle Gäste in ihr Hochzeitshaus
ab, die am Tage vorher von den Kränzeljungfern bereits geladen worden
sind. Früher geschah dies zu Pferde. Beim Einreiten in
den Hof meldeten sich die driufebas mit dem Rufe "feter mime he!" (Vetter,
Muhme, he!) an. Heute radeln wohl einige, meist kommen sie zu Wagen,
Ärmere zu Fuß. Wenn sich dann die Gäste in den beiden
Hochzeitshäusern versammeln, gibt es zunächst Kuchen, Wein, Bier
und Butterschnitten, früher gab es auch Schnaps. Um drei Uhr
geht es zum Essen. Es gibt in der Regel Nudelsuppe, Rindfleisch mit
Tunke und Brot, feine Graupe mit Pfefferkuchen und Zimt bestreut und mit.
brauner Butter, Schweine- oder Rindsbraten mit warmen gekochten Pflaumen.
Der Starosta ist der Speisemeister; er gibt jedem mit der Gabel sein Stück
Fleisch, das früher mit den Händen ergriffen und auf den blank
gescheuerten Tisch gelegt wurde. Teller gab es nicht. Oder
das Fleisch wird in großen Stücken auf einem Kuchenblech herumgereicht,
und jeder nimmt sich sein Stück mit der Hand herunter und schneidet
es mit dem eigenen Messer, die Männer meist mit dem Taschenmesser.
Je vier bis acht Mann haben einen gemeinsamen Tunkennapf, aus dem sie sich
ihr Teil jedesmal mit einem Löffel herausholen, oder sie tunken, ihr
Brot in den Tankennapf ein. Gesuppt wird ebenfalls zu vieren, sechsen
oder achten aus einer gemeinsamen Schüssel. Auch die Graupe
wird in großen Schüsseln, eine für mehrere Gäste,
aufgetragen. In der Mitte der Graupe ist ein Loch gebohrt, das mit
zerlassener Butter gefüllt ist. Jeder nimmt mit dem Löffel
vom Rande und tunkt die Graupe ins Butterloch ein. Als die Männer
noch durchweg glattrasiert gingen, mag es wohl leichter gewesen sein ohne
erhebliche Straßen von Speiseresten auf dem Tische zwischen Esser
und Schüssel zu hinterlassen, aus einem gemeinsamen Gefäße
zu essen. Die heute immer mehr auftretenden Schnurrbärte machen
das schwieriger. Jetzt gilt die gemeinsame Schüssel nur noch
bei armen Leuten; im übrigen hat sich der eigne Teller sein Recht
verschafft.
Wie in der Kirche, so sind auch beim Essen Männer
und Frauen an verschiednen Tafeln getrennt. Zum Essen selbst wird
wenig getrunken; nach dem Essen gibt es Wein, Bier und Schnaps. Die
Gefäße sind dabei oft knapp. Früher ging oft ein
einziges Weinglas in der Runde herum. Auch Biergläser gibt es
oft nur ein paar. Bekommt nun ein tüchtiger Zecher das Glas
und sitzt er in nächster Nähe des Fasses, so haben die andern
das Nachsehen. - Die Musik spielt im Hause des Bräutigams.
Dieser Hochzeitsschmaus findet immer zu Hause, nie
im Gasthause statt. Jede Hausfrau bringt sich dazu ein Taschentuch
mit, um darin den Hochzeitskuchen einzupacken. Am ersten Tage hat
jede Familie Anspruch auf zwei große Blechkuchen, einen für
den Mann und einen für die Frau. Am zweiten Tage bekommen Mann
und Frau je einen halben Kuchen. Einzelne Gäste erhalten
ebenfalls ihren entsprechenden Anteil. Das Fleisch, das nicht gegessen
wird, muß ebenfalls mit nach Hause genommen werden. In die
Küche geht nichts zurück.
Während die Frauen nach dem Essen gewöhnlich
ihr gefälltes Taschentuch heimtragen, holt der Bräutigam mit
den übrigen Gästen die Braut mit ihren Leuten unter Musikbegleitung
gegen 8 Uhr ins Wirtshaus zum Tanze. Heute geht dabei allerdings
nicht mehr die ganze Freundschaft des Bräutigams mit, sondern nur
dieser selbst mit seinen Kränzelherren. Im Gasthause findet
sich schließlich die ganze Gesellschaft aus beiden Häusern wieder
zusammen. Nun beginnt der Tanz. Zuerst tanzte früher Bräutigam
allein mit der Braut, dann die Starosten und die Kränzelherren.
Während die übrige Hochzeitsgesellschaft
oft noch länger im Wirtshause bleibt, ist es eine streng beobachtete
Anstandsptlicht, daß das Brautpaar am ersten Tage um Mitternacht
spätestens verschwindet. Es geht, von den beiden Elternpaareil,
den beiderseitigen frauadruschk'a und beiden Starosten begleitet, ins Haus
des Bräutigams zum "Brätchen". Die Unverheirateten, driuscheba
und mat'chadruschk'a, gehn also nicht mit. Da wird noch einmal kalter
oder warmer Braten gegessen. Daher der Name. Fär das Essen
hat die Brautmutter zu sorgen. Die Braut bleibt schließlich
im Hause des Bräutigams. Am zweiten Tage geht das Paar früh
gemeinsam zur Kirche. Darauf begibt sich die Braut wieder in ihr
Elternhaus. Nachmittags fährt oder geht der Bräutigam mit
der Musik und seinen Kränzelherren ins Haus der Braut. Dort
essen sie, im selben Zimmer zwar, aber nach Geschlechtern getrennt.
Die anderen Gäste des Bräutigams bleiben in dessen Hause.
Sein Starosta muß als rechte Hand des Hausvaters natürlich auch
zurückbleiben.
Für den zweiten Tag, an dem das Feiern erst
mittags beginnt, sind die Gäste bereits am eigentlichen Hochzeitstage
von den beiden Hochzeitsvätern oder von den Starosten eingeladen worden.
Es gibt "Flecke", das sind Kaldaunen, Nudelsuppe, Braten, Kaffee und Kuchen.
Früher wurde auch am zweiten Tage getanzt. Dabei wurde gegen
10 Uhr die Braut "kapitst" [eingehaubt]. Die Kinder tragen Fichtenbaumchen
mit Lichtern und Schnürchen dem Brautpaare voran; es folgen paarweise
die ilbrigen Gäste, alle mit Lichtern. Dann setzen die frauadruschk'a
der Braut die Kapitse auf, befestigen an ihr das "weiße," d. h. hellblaue
Band und darauf ein rotes. Oben kommt um die Kapitse, etwas kleiner
als der Kranz, ein grünes Schnüreben. Die Mütze wird
nicht aufgesetzt; die Kapitse ist das eigentliche Wahrzeichen der Frau.
Heute ist das Einhauben, da am zweiten Hochzeitstage nicht mehr getanzt
wird, vielfach weggefallen.
Geht man jetzt auch nicht mehr am zweiten Abende
wie früher ins Gasthaus, so hält man dennoch bis tief in die
Nacht aus, wieder getrennt in den beiden Festhäusern. Man macht
sich selbst Musik mit Küchenblechen und mit der Harmonika. Hier
findet die Unterhaltungsgabe einiger Witzbolde, von denen es mancher zu
großem Rufe im Dorfe gebracht hat, ein weites Feld zu Betätigung
und auch ein dankbares Publikum. Man foppt sich gegenseitig; der
und jener trägt eine lustige Schnurre oder ein Lied vor, oder es tiitt
einer verkleidet als "Poiats" auf. Die alten sind besonders im Rätselaufgeben
unerschöpflich.
Früber war diese Belustigung zu Hause am dritten
Tage. Heute ist sie auf den zweiten verlegt, da meist nur noch zwei
Tage gefeiert wird. Am dritten wird nur noch "gewandert".
Am dritten Tage ging es erst nachmittags los, und
nur die nächsten Angehörigen feierten noch, wieder in beiden
Häusern getrennt. im Hause des Bräutigams fanden sich sein Starosta,
seine Kränzelherren, Kränzeljungfern, Kränzelfrauen, Köchinnen"
und nächsten Verwandten ein. Nachher fuhren sie mit dem Bräutigam
ins Haus der Braut. Dort wurden sie wieder bewirtet. Jetzt
erst, also gewöhnlich am Donnerstage, wurde die Braut endgültig
heimgeführt; gleichzeitig wurden die Hausgeräte in die neue Behausung
geschafft, in die am Tage vor der Hochzeit nur die Betten gebracht worden
waren. Das ist das "Wandern", das auch heute noch am dritten Tage
ausgeführt wird. Die Braut wird begleitet von ihren Eltern und
Geschwistern, ihrem eignen offiziellen Hochzeitsgefolge und dem Bräutigam
samt seinem zur Abholung mit ihm erschienenen Gefolge. Auf mehreren
Wagen geht es nun in lustiger Fahrt ins neue Heim. Zum großen
Kummer der Ortspolizei wird unterwegs beständig gejohlt und gejuchzt.
In der neuen Wohnung, in der die Betten schon seit Montag stehn, packen
die Burschen kräftig zu, und bald steht die ganze Ausstattung in schönster
Ordnung da. Und nun wird wieder alles bewirtet.
Früher bewiesen die driuscheba häufig
ihre Fürsorge für den neuen Haushalt noch dadurch, daß
sie, wenn es zum "Wandern" ging, den Hühnerstall des Brautvaters schnell
noch einmal musterten, um auf dem Brautfuder ein paar Hennen zu verstecken,
die dann erst im Gehöfte des jungen Paares plötzlich zum Vorschein
kamen. Jetzt sollen sie diese Art Fürsorge für die Mitgift
allerdings nicht mehr ausüben. Dessen war man sich freilich
nicht bewußt, daß man damit einen alten Fruchtbar- keitszauber
vollzog.
Spinnen
Bis vor etwa 50 Jahren wurde alles Gespinst und
alle Leinirand ohne Ausnahme im Hause hergestsellt. Jetzt ist an ihre Stelle
längst die Fabrikware getreten. Im Herbst und im Winter kamen
die Frauen und Mädchen zusammen; auch die Männer beteiligten
sich oft, die alten, um ebenfalls zu spinnen, die jungen höchstens
Burschen mehr der Mädchen wegen. Man nannte das "zum Rocken
gehn". Dabei wurde auch gesungen, aber selbst da waren es nur Schul-
oder geistliche Lieder. Auch durch Spiele, Rätselraten und durch
Erzählen von lustigen Geschichten sorgte man für Abwechslung.
Das Spinngerät der Frauen war einfach und altertümlich.
Ein hübsch geschnitzter, gerader, etwa 1,20 Meter langer Holzpfahl
steckte im rokabrát'cha, einem schmalen, höchstens 10 x 20
cm großen, mit vier kurzen Füßen versehenen Brettchen.
Die Spinnerin hielt mit den aufs Brettchen gestellten Füßen
und mit den Knien den Rocken fest. Spinnräder waren fast ganz
unbekannt, und nur ganz vereinzelt ist eins von auswärts eingeführt
worden. Die Männer hatten ein besonderes Spinngerät.
Ein etwa meterlanges Brett trug an einem Ende ein ungefähr 60 cm hohes
Stäbchen, über das ein unten ausgehöhlter Holzkloben, die
k'elpe, gestülpt wurde, daran der Flachs befestigt war. Das Brett
wurde auf eine Bank oder einen Stuhl gelegt, un der Spinner setzte sich
darauf. So hielt er den "tschierschok" fest und hatte den Flachs
vor sich.
Geschichte
Tod und Begräbnis
Der Tod des Hausherrn wurde dem Vieh angesagt.
Das Fenster wurde geöffnet, damit die Seele hinaus könne.
Verwandte und Nachbarn gehn, wenn ein Erwachsener gestorben ist, abends
zur Leiche, um da zu singen und zu beten. Nach etwa zwei Stunden
wird ein Laib Brot herumgereicht, und jeder schneidet sich ein Stück
ab. Vielfach wird auch einmal ein Glas Wein gegeben. Solange
ein erwachsener Toter im Hause liegt, geht niemand zu Bette. Die
Betten werden hinausgetragen, Bretter und Bänke werden in der Stube
aufgestellt. Um 10 Uhr gehn die meisten nach Hause, nur die nächsten
Verwandten bleiben noch und schlafen mit den Angehörigen, damit die
sich nicht fürchten, auf Stroh. Nur ein Kopfkissen wird aufs
Stroh gelegt, aber keine Decke. Früh wird die Stube gereinigt,
man geht zur Leiche hinein, um zu beten; dann gehn die Verwandten nach
Hause. Das wiederholt sich bis zur Beerdigung. Wenn die Leiche
hinausgetragen wird, werden die Stühle, auf denen der Sarg stand,
sofort umgeworfen, und beim Hinaustragen wird der Sarg dreimal über
der Schwelle gehoben und wieder gesenkt.
Wenn man kurz nach dem Tode jemandes im Finstern
etwas Weißes laufen sieht, so ist der Tote in den Himmel eingegangen;
sieht man etwas Schwarzes laufen, so leidet er in der Hölle.
Sonstige Bräuche
Nach Sonnenuntergang verkauft man gewöhnlich
keine Milch mehr. Muß man es dennoch tun, so mischt man ein
wenig Weihwasser darunter, damit die Kühe die Milch nicht verlieren.
... Flechten heilt man, wenn man den Schweiß von den Fensterscheiben
daraufstreicht. Als noch besser gilt folgendes Mittel Man legt frische
Birkenruten ins Feuer. Den sich tropfenweise absondernden Saft streicht
man auf einen Teller. Hat man genug davon gesammelt, so wischt man
damit über die Flechte.
Gegen Lungenkrankheiten nimmt man geriebene Lindenholzkohle,
mit feinem Öl und Milch vermengt. Furunkel heilt man, wenn man
mit Holzkohle einen Strich darum macht. Dieser Strich darf nicht
abgewischt werden. Er verhindert das Weiterwachsen des Geschwüres.
Im ersten Jahre kommt weder Kamm noch Schere auf
den Kopf des Kindes. Am besten werden die Haare zum ersten Male am
Ostersonnabend während des ersten Glockenläutens geschnitten.
Wenn Kinder abgesetzt werden, legt man sie auf einen
Tisch, auf dem ein Gebetbuch, ein Brot und ein Geldstück liegen.
Frömmigkeit, Wirtschaftlichkeit oder Reichtum werden ihm bebeschieden
sein, je nach dem Gegenstande, nach dem es zuerst greift.
Beim Säen von Gerste oder Weizen legt man ein
paar Körner unter die Zunge, sät barhäuptig, ohne zu sprechen,
zu grüßen oder zu danken, und am Ende speit man die Körner
am Wege aus und zertritt sie. Das ist gut gegen die Sperlinge.
Beim ersten Austreiben nahm der Hirte ein Stück
Brot und zwei gekochte Eier mit. Das Brot und das Weiße der
Eier aß der Hirte, das Gelbei nahm er samt einem bißchen Gras
nach Hause und mischte es unter das Futter, damit man das Jahr über
viel und schön gelbe Butter hätte. Beim Heimkommen wurden
Hirte und Kühe aus dem Melkkübel mit Wasser begossen, damit der
Hirte nie einschlafe und die Kühe viel Milch gäben. Auch
der Ackerbesteller, der das erste Mal ins Feld fuhr, wurde beim Heimkommen
mit Wasser begossen.
Andre Bräuche knüpfen sich an verschiedene
wichtige Tage des Kirchenjahres.
Am Nikolaustage gibt es allerhand Vermummungen.
Früher zog ein Bischof umher, jetzt geht man gewöhnlich in Soldatenröcken
oder in umgedrehten Pelzen. Mitunter war früher auch ein als
Mädchen angezogner Bursche dabei mit einem Körbchen, aus dem
er Gaben verteilte. In ganzen Scharen ziehn heute die Burschen mit
Glocken lärmend durchs Dorf, in der ersten Dämmerung das kleinere
Volk, wenn es finster wird, die größeren. Begegnen sich
solche Scharen und will einer gar gewaltsam ergründen, wer hinter
der Vermummung steckt, so ist häufig eine Keilerei das Ende vom Liede.
Am hl. Abende werden alle möglichen Fastengerichte
aufgefischt, gewöhnlich neunerlei Speisen. Wo Kinder sind, wird
schon mittags gegessen, sonst ist die Hauptmahlzeit abends, und mittags
gibt es bloß eine Wassersuppe. Nur an diesem Tage wird der
Eßtisch gedeckt. Unter dem Tische liegen Strohseile und ein
Beil. Jeder muß bei Tische etwas Geld bei sich haben.
Beim Essen muß jeder wenigstens einen Fuß auf das Beil setzen.
Das hilft gegen Krankheiten. Nach dem Essen wird das unter dem Tisch
liegende Stroh um die Obstbäume gebunden; Schalen, Kerne und Brosamen
werden ebenfalls an den Bäumen verteilt. Dabei spricht man:
"Blüh, Bäumchen, blüh und schlafe, blüh und trage süße
Frucht!"
Am hl. Abende werden die Hühner in einem
Reifen gefuttert, damit sie sich gut halten und nicht verlaufen.
Der Hofhund bekommt eine Butterschnitte mit Knoblauch, damit er recht bissig
werde.
Am Stephanstage (2. Weihnachtsfeiertage) wurde der Hafer geweiht.
Jeder Besitzer schickte etwa 1 Liter ausgedroschnen Hafer in einem Tuche
oder in Papier gehüllt zur Kirche. Dieser geweihte Hafer wurde
dann zum Teil unters Saatgetreide gemischt, der Rest wurde am selben Tage
dem Vieh unters Futter getan.
Nach Neujahr kommen die hl. Dreikönige
gewöhnlich aus den Nachbardörfern nach Schönwald und singen
meist deutsche Texte. Früher gehörte auch ein Schäfer
dazu, der unter beständigem Schrittwechsel das Lied sang: "Ob ich
gleich ein Schäfer bin".
Zur Faschingszeit wird im Gasthause oder in größeren
Wohnungen die schnoschk'e abgehalten. Es ist dies, im Gegensatze
zum offentlichen Tanze, ein Vergnügen im kleineren Kreise, das vorher
angesagt wird und zu dem die nächsten Bekannten eingeladen werden.
Die Musiker, Streicher und Bläser, sind gewöhnlich Dilettanten.
Mitunter besorgt auch eine Ziehharmonika die Musik.
Sommersingen an Lätare. Die Kinder tragen
kleine Fichtenbäume, mit buntem Papier und Schnüren geschmeckt
oben ist darin häufig eine Puppe angebracht. Auch polnische
Kinder aus Nachbardörfern kommen oft ins Dorf. Gesungen wird
gewöhnlich: "Es geht durch alle Lande ein Engel still und hehr', dazu
der polnische Kehrreim: selonje pikne nasdrojonje". Die Kinder be-
kommen für ihr Singen Eier oder Geld.
Zu Ostern werden Eier bemalt. Oben und unten sind
gewöhnlich Kronen, in der Mitte Sprüche. Hauptsächlich schenken
sich Liebesleute solche Eier.
Ostersonnabends wurden früher Eier, Brot und
Schinken geweiht. Heute geschieht es am Tage der hl. Agatha (5.
Febr.). Am Ostersonnabende wird das Feuer in der Kirche geweiht. Dann geht
man mit den brennenden Laternen, die in der Kirche bei der Zeremonie verwandt
wurden, um Haus und Gehöft herum Dadurch sichert man sich vor Feuersgefahr.
Am 1. Osterfeiertage werden kleine Holzkreuze und
ein paar geweihte "Palmzweige" [Weidenkätzchen] in die Feldecken gesteckt.
Gleichzeitig wird, ebenso wie zu Pfingsten, Weihwasser auf die Felder gesprengt.
Noch in der Dunkelheit geht man am 1. Ostertage
früh aufs Feld und singt Osterlieder, meist mehrere Familien zusammen.
Auf einem Wege geht man bis zur Grenze hinauf, auf dem andern zurück.
Vor Morgengrauen ist man wieder zu Hause. Dieser Umgang heißt
ems kün senga = ums Korn singen.
Die uralte sinnige Art des Feldumganges hielt sich
bescheiden, aber zähe bis in unsere Zeit, obwohl daneben die prunkvolle
kirchliche Prozession stand. Diese war, ebenso wie bei den benachbarten
Polen, ein Fest der ganzen Gemeinde, und für ihre Reiterprozession
opferten die Schönwälder gerne. Im Anfange des 18. Jahrhunderts
ging, es dabei so zu: In der Regel am 2. Ostertage versammelte man sich
um ein Uhr auf dem Kirchhofe. Auf Befehl des Abtes wurden hier die
Teilnehmer ermahnt, hübsch in Ordnung und im Schritt zu reiten und
nicht wild darauf los zu galoppieren. Dann ging es mit Kreuz, Osterherze
und Auferstehungsfigur unter Glockengeläute um die Felder. Durch
Lieder und Litaneien suchte man Hagel und Unwetter abzuwenden und Gedeihen
für die Saat zu erflehen. Die Burschen und jüngeren Männer
waren zu Pferde. Ging der Pfarrer mit, so konnte er sich aus der Gemeinde
ein beliebiges Pferd aussuchen und bekam 16 Silbergroschen. Der Rest
des gesammelten Geldes floß in die Kirchkasse. Blieb der Pfarrer
aber weg, vielleicht weil ihm die Schönwälder Pferde zu mutig
waren, so bekam er nichts. Trotz der guten Ermahnungen hörte
jedoch der Unfug nicht auf, so daß die Reiterprozessionen 1817 aufgehoben
und in eine Nachmittagsandacht umgewandelt wurden.
Am Ostermontage bespritzen die Jungen die Mädchen
mit Wasser und bekommen dafür bemalte Ostereier. Am Osterdienstage
bespritzen umgekehrt die Mädchen die Burschen, ohne jedoch vor ihnen
sicher zu sein, da mancher allzueifrige Bursche auch am Dienstage noch
sein Recht ausübt. Die sonst in Schlesien bekannten "Schmackostern"
gibt es nicht.
Am 1. Mai wird der Maibaum gesetzt. Dann wird
ein Stück Ast von der Birke abgehauen und auf den Mist gesteckt.
Abends, wenn die jungen Burschen kommen, nehmen sie die Leitern und stellen
sie vors Fenster und auch vor die Tür, daß man nicht herauskam.
Manchmal nageln sie auch die Tür zu; dann muß man zum Fenster
hinauskriechen. Oder sie tragen die Tonnen bis ins Mittelfeld oder
ins Hegefeld, oder sie hängen die Milchtöpfe und die Butterfässer
auf den Baum. Manchmal setzen sie auch den Wagen auf die Scheune.
Im Niederdorfe hatten sie einmal den Wagen auf der Scheune mit Mist beladen.
Oder sie legen auf den Kamin ein Stück Glas, daß der Rauch alles
zurückkommt; und wenn man in den Schornstein hineinsieht, dann sieht
man doch nichts, ob er etwa verstopft ist. Dann denkt man, die Hexe
ist drinnen. Vor die Tür legen sie auch Rasenschollen, daß
die Hexe nicht ins Haus hineingeht. Die Leute sagen auch, wenn man
des Nachts herausgeht, dann sieht man die Hexen auf den Besen und Mistgabeln
in der Luft herumfliegen. -
Birkenreiser und Rasenschollen werden besonders
vor alle Stalltüren gelegt, Birkenreiser, wie oben gesagt, auch auf
den Mist gesteckt.
Rein kirchlicher Natur war die Prozession am Tage
des hl. Florian (4. Mai), der in Schönwald besonders verehrt
wurde. Sie ging durchs Ober- und Niederdorf. Da der Ort sehr
oft durch Brände verheert wurde, ist die Ehrung dieses vor Feuer bewahrenden
Heiligen besonders verständlich. Heute kennt man sie nicht mehr.
Auch die Prozession um die Felder am Isidor- und Urbanstage (15. und 25.
Mai) hat aufgehört. Am 4. und 25. Mal wird in der Wirtschaft
nur die nötigste Arbeit, wie z. B. Viehfüttern, verrichtet.
Sonst gelten diese Tage als Feiertage. Bis 1907 waren sie auch schulfrei.
Seitdem ist auf Antrag der Lehrer nach dem Gottesdienste Unterricht. Ebenso
rein kirchlicher Natur war das Gelöbnis aus der Mitte der 40er Jahre,
um den Hagel abzuwenden, nach Pschow zu wallfahren. Anfangs geschah
das am Peter-Paultage. Da die Schönwälder aber dann von
polnischen Wallfahrern erdrückt wurden, machen sie jetzt die Bittfahrt
nach dem 29. Juni zusammen mit den Ratiborern.
Zu Mariä Himmelfahrt findet die Kräuterweihe
statt. Eberesche, Getreide, Wermut und andere Arzneikräuter
und Obstbaumzweige werden dabei zu einem Büschel zusammengebunden.
Bei Krankheiten wird dem Vieh davon unters Futter gegeben. Am hl.
Abende hackt man davon unter den Kuchen, der von den Back- und Speiseresten
vom Weihnachtsabende geknetet und am selben Abende dem Vieh gegeben wird.
Tanz und Spiel
Der Besentanz. Ein überzähliger
Tänzer steht mit einem Besen in der Mitte. Die anderen Tänzer
gehn erst paarweise, teilen sich dann, so daß die Herren rechtsum,
die Damen linksum, also in entgegengesetzter Bewegung im Kreise schreiten.
Plötzlich wirft der Besentänzer seinen Besen fort und erfaßt
eine Tänzerin. Die Musik geht im selben Augenblicke aus der
langsamen Reigenmelodie in eine lebhafte Tanzweise über. Jeder
Tänzer sucht eine Tänzerin zu erhaschen. Der Übrigbleibende
nimmt nun den Besen, und nach ein paar Runden wiederholt sich das Spiel.
Ebenso wird er in der polnischen Nachbarschaft getanzt,
auch bei den Trachtenfesten zu Koslowagora.
Der Tücheltanz wird besonders bei Hochzeiten
getanzt. Die Paare schreiten langsam im, Kreise um einen überzähligen
Tänzer herum, der unter allerhand Neckereien schließlich auf
eine Tänzerin zugebt und ein Tuch vor ihr hinbreitet. Beide
knien darauf nieder, umarmen und küssen sich, stehn dann auf und tanzen
miteinander. Die Tänzerin nimmt nun ihrerseits das Tuch und
sucht sich einen Tänzer, während der erste in den Beigen eintritt.
Dabei wird, vor allem von den Kränzelherren [driuscheba], allerhand
Ulk gemacht. Holt sich dann einer die sich ablehnend verhaltende
Mutter des Mädchens, das er liebt, so erregt er dadurch bei den Eingeweihten
besondere Heiterkeit.
Beim Katertanz stehn die Tänzer in zwei Reihen. Eine Tänzerin
entflieht ihrem Herren und wird überall von den andern durchgelassen,
ihr Tänzer, der sie verfolgt, dagegen nicht. Die Musik spielt
dazu in sehr schnellem Tempo. Hat der Tänzer seiner Dame erhascht,
so tanzt er ein paarmal mit ihr herum, während die Musik ein ruhigeres
Tempo anschlägt. Dann treten die beiden in die Reihe, und die
nächsten kommen dran.
Pantoffeljagen.. Alles sitzt, möglichst
in bunter Reihe, auf der Diele mit angezogenen Knien. Ein Pantoffel
wird unter den Knien bald rechts, bald links herumgeschoben. Ein
Spieler in der Mitte sucht ihn zu fangen. Er wird von demjenigen
Mitspieler abgelöst, bei dem der Pantoffel gefunden wurde.
Schinkenschlagen. Einer steckt in gebückter
Stellung das Gesicht in eine Mütze und muß erraten, wer ihn
mit der Hand auf die "Schinken" geschlagen hat. Erst wenn er das
errät, wird er von dem Betreffenden abgelöst.
schperk'etsin. Zwei Burschen liegen auf allen
Vieren, Gesäß gegen Gesäß auf der Erde. Jeder
trägt einen Reiter. Die Reiter fassen überrücks die
Enden eines Stockes. Darauf gehn die "Pferde" auseinander, und die
Reiter suchen sich gegenseitig rücklings herabzuziehen.
Schtek'eschpelda ist ein Spiel zur Verulkung Uneingeweihter.
Einer liegt als Klotz auf allen Vieren, der andere wird als Schlegel an
Bein und Schulter gepackt un dmit dem Gesäß gegen des Klotzes
geschlagen.
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