§ 100 - Anton (Tönnies II), Lüders Sohn [10754]
Die drei Söhne Lüders v. Blücher
auf Sukow waren, als sie den Vater verloren, dem Knabenalter noch nicht
entwachsen.Ja, wie es scheint, hatten sie auch 1535i noch nicht alle die
Volljährigkeit erreicht; wenigstens werden in der Osterwoche dieses
Jahres noch "Lüder Blüchers Erben zu Slaustorff" (d. i. Schlakendorf)
und wegen des Gutes Sukow "Luder Bluchers Kynder" als Vasallen aufgeführt.
Indessen trat Tönnies (Anton), der älteste Sohn, jetzt doch bereits
als der Herr auf jenen Gütern auf; nach einem Register der "Reuter",
die nach Dänemark reiten sollten (wo sich der Herzog Albrecht der
Schöne von Meklenburg in die "Grafenfehde" einmischte), angefangen
am 4. Juli 1535, wird unter den am 5. Juli zu Rostock angekommenen Pferden
auch ein Ross des Tönnies Blücher genannt; und die obige Angabe
in der Rossdienstrolle von 1535: "Luder Bluchers Kynder" ist hernach (1543)
verwandelt in: "Tonnies Plucher zu Sukaw". - Von der Vormundschaft für
Tönnies und seine beiden Brüder Christoph und Hartwig wird uns
nichts gemeldet; und ebenso wenig wissen wir, in welcher Weise diese späterhin
sich über den väterlichen Nachlass unter einander und mit den
Schwestern, die an dem Pfandbesitz von Schlakendorf hatten, geeinigt haben.
Wie es scheint, führte Tönnies das Wort, aber seine Briider blieben
mit ihm in ungetheiltem Besitz. Übrigens starben Christoph und Hartwig
beide im besten Mannesalter und unvermählt, wie es heisst; jedenfalls
haben sie keine Söhne hinterlassen. Sie lebten beide noch am
6. October 1550; im Herbste 1551 aber werden sie bereits als verstorben
erwähnt. Wenn es richtig ist, was Latomus etwa 50 Jahre später,
ohne Zweifel aus der Familie v. Blücher selbst, vernahm, dass nämlich
Christoph und Hartwig, im Kriege geblieben sind, so dünkt es uns am
wahrscheinlichsten, sie unter dem Herzoge Georg von Meklenburg an der Belagerung
Magdeburg (1550) Theil genommen und bei dem Ausfall der Magdeburger am
20. December, wobei diese den Herzog gefangen nahmen ihren Tod gefunden
haben.
Von Tönnies sind keine Kriegsthaten zu berichten.
Auch folgt aus der Angabe, dass er 1535 ein Ross zum dänischen Zug
nach Rostock sandte, noch nicht, dass er sich selbst an dieser Unternehmung
betheiligt habe; vielmehr darf man aus dem Umstande, dass er nur ein Pferd
sandte, eher schliessen, dass er zu des Herzog Mannschaft einen "Reuter"
stellte. - Dagegen hatte er vor den Gerichten des Landes mehrern Händel
auszufechten. Die v. Kalden konnten den Verlust des schönen
Gutes Sukow noch immer nicht verschmerzen; Kaspar v. Kalden erhob etwa
1541 wider Tönnies v. Blücher und seine Brüder darum eine
Revocationsklage. Erfolge konnte er nach dem Stande der Sache freilich
nicht wohl damit erzielen; aber er wollte doch auch seine Gegner nicht
zum ruhigen Besitze gelangen lassen. Tönnies musste wiederholt
auf Rechtstagen erscheinen, 1548 schwebte die Sache noch vor dem Hof- und
Landgericht. Ja noch 1560 zog ihn Kalden wiederum auf einen Rechtstag;
und wir werden sehen, dass auch nach Tönnies II. Tode die Sache noch
nicht ruhete.
Einen zweiten Streitpunkt bildete das Pfandgut Schlakendorf.
Joachim und Heinrich v. Passow auf Zidderich machten nämlich als Agnaten
des Pfandverkäufers Reimar v. Passow ihr Einlösungsrecht geltend.
Die drei Gebrüder v. Blücher weigerten sich, ihnen solches zuzugestehen,
und die Landesherrschaft gab ihnen Recht. Auch Reimar Passows Tochter,
Anna Eixen, erhob sich gegen ihre Vettern, weil ihr noch das Erbjungfernrecht
am Gute frei stehe. Von dieser Seite her drohete also keine Gefahr.
Aber in anderer Hinsicht schien die Angelegenheit weitläufig zu werden.
Nämlich der Herzog Johann Albrecht I. eröffnete Tönnies
1551 seine Absicht, das Gut Schlakendorf wieder einzulösen.
Indessen der Herzog Heinrich, und nach dessen Tode der Herzog Ulrich versagten
ihre Einwilligung. Die Sache blieb über 10 Jahre lang in der
Schwebe, und Tönnies v. Blücher starb zu Anfang des Jahres 1562,
ohne dass er ihre Erledigung nach seinem oder nach seines Nebenbuhlers
Wunsch erlebt hatte. Der Letztere war der fürstliche Rath Werner
Hahn auf Basedow; und diesem gab jetzt am 7. Februar 1562 der Herzog Johann
Albrecht die eine Hälfte des Dorfes Schlakendorf zu Lehn und den Pfandschilling
von 400 Gulden zur Einlösung derselben. Die andere Hälfte
konnte Hahn aber nicht erlangen; Herzog Ulrich löste sie ein, legte
sie aber zum Klosteramte Dargun.
Tönnies v. Blücher hatte sich etwa 1545
verheirathet mit Ilsabe Preen. Diese tüchtige
Frau stand noch als Wittwe eine Reihe von Jahren in Gemeinschaft mit den
Vormündern ihrer Kinder der Verwaltung des Gutes Sukow mit Umsicht
vor. Den Verlust von Schakendorf konnten sie freilich nicht mehr abwenden;
dagegen verfochten sie das Recht des Sukower Hauses an Wibendorf.
Wir haben sptäterhin den Erbstreit um das Gut Wibendorf-Blücher
genauer zu verfolgen; hier genügt es zu erwähnen, dass Frau v.
Blücher durch einen Erbvertrag vom 9. Juli 1568 ihrem Sohne Jürgen
(Georg) die Hälfte jenes grossen Grundbesitzes erstritt.
Auch die v. Kalden hielten die damaligen Umstände
in Sukow für den geeigneten Zeitpunkt, um noch einmal ihre Ansprüche
geltend zu machen; Jasper, Jürgen, Matthias und Balthasar, Gebrüder
und Gevettern v. Kalden auf Rey, revocirten 1566 das Lehn Sukow.
Der Rechtsstreit zog sich mindestens durch 5 Jahre hin; da er aber keinen
für sie günstigen Verlauf nahm, so gaben die v. Kahlden ihre
erfolglosen Bestrebungen nun für immer auf.
Weitere Streitigkeiten erhoben sich 1568 mit Christoph
v. Levetzow auf Kl. Markow "von wegen eines Orts Wischen und darauf
gewachsener Weidensträuche bei der Alten Burg genannt belegen".
Es wurden 1569 Commissarien zur Schlichtung dieser Irrungen ernannt, und
diese werden dieselben auch wohl beigelegt haben, da uns keine weiteren
Actenstücke vorliegen. - Die Wittwe llsabe v. Blücher war am
28. April 1571 noch am Leben; ihr Todesjahr ist uns unbekannt.
Dass Tönnies v. Blücher Kinder hinterlassen
habe, wird gelegentlich in Acten erwähnt; ausdrücklich genannt
wird in denselben jedoch nur ein Sohn, Georg
(Jürgen). Aber der Genealoge Latomus erwähnt (Bd.
I, 8. 328) noch einen andern Sohn, Lüder, von welchem er anmerkt,
dass er unbeweibt gestorben sei. Noch weitere Nachrichten über
das Sukower Haus im 16. Jahrhundert entnehmen wir einem durchaus
glaubwürdigen Denkmal aus dem Jahre 1569, nämlich der schon erwähnten
Ahnentafel in geschnitzten und tingirten Wappen und Inschriften auf den
Wangen der beiden Blücherschen Kirchenstühle, von denen der eine
neben der andere gegenüber dem Altare in der Kirche zu Jördenstorf,
der Pfarrkirche für Sukow erbauet ist, so dass sie das alte Blüchersche
Erbbegräbniss vor dem Altare auf zwei Seiten umschliessen. Zusammengestellt
ergeben die Inschriften unter den Wappen folgende Ahnentafel,
wobei die Zahlen den Platz der einzelnen Wappen an den Stühlen andeuten.
Latomus nennt Georg, die Ahnentafel aber nennt Lüder
als den ältesten Sohn und sie hat vermuthlich Recht, da es eine häufig
wahrzunehmende alte Sitte war, dem ältesten Sohne den Namen des Großvaters
von väterlicher, dem zweiten hernach den Namen des Großvater
von mütterlicher Seite beizulegen.
Von Georg werden
wir im §. 101, von Lüder im §. 108 weiter handeln.
Von den Töchtern Antons von Blücher war also
1) nach der Ahnentafel Magdalena 1569, anscheinend
unvermählt, bereits gestorben, da "Der godt gna[de]" beigefügt
ist.
2) Ueber Else und
3) über die in jener Ahnentafel nicht genannte
Anna erfahren wir viel später etwas Genaueres. Nämlich
am 16. März 1593 machte "Elsabe Blüchers, Christophs v.
Hagen eheliche Hausfrau", Jürgen Blüchers Schwester, ihr Testament
zu Gunsten der verwaisten Kinder ihrer Schwester "Anna Blüchers" und
deren Ehemanns Martin Voigt (Ilse, Franz und Martin Voigt), welche Frau
v. Hagen zu sich ins Haus genommen hatte. (Ilse besass ein Haus zu
Malchin) Als "Ilse Bluchers sel., Christoph v. Hagens zu Buckauw" [Bukow
im Amt Neukalen] "erbgesessen gewesene eheliche Hausfrau", gestorben war,
ward am 12. Februar 1600 jenes Testament in Anwesenheit Jürgens
v. Blücher eröffnet.
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