§ 15 Hermanns Söhne und Enkel
Es hatte also Hermann von
Blücher, der 1302 oder 1303 vor dem 28. September verstorben war,
noch unmündige Kinder hinterlassen. Doch hatte wenigstens ein Sohn
damals die Volljährigkeit
bereits erlangt, oder er war nicht weit mehr von dieser entfernt. Denn
für einen Sohn Hermanns, jenes Demminer Burgmannes, vielleicht - nach
dem Taufnamen zu schliessen - für den ältesten oder den zweiten
Sohn, halten wir den Ritter Hermann von Blücher, den der junge Herzog
Wartislav IV. von Pommern-Wolgast in einem der 11 am 15. Juni 1309 zu Stettin
ausgefertigten Bestätigungsbriefe für diese Hauptstadt seines
Oheims Otto unter seinen Zeugen nennt. In den übrigen Confirmationen
fehlt er wohl deshalb, weil er Herzog Ottos, nicht Wartislavs Vasall war.
Diesen jüngeren Ritter Hermann berührt
noch eine zweite Urkunde, die freilich, wenn man ihren Werth nach dem Werthe
des Gegenstandes, den sie betrifft, bemessen wollte, ziemlich unbedeutend
ist, die aber über die Blüchersche Familiengeschichte nicht unwesentliche
Aufschlüsse giebt. Nämlich im Jahre 1320 verlieh der Herzog Otto
von Pommern-Stettin, zu dessen Festen die Burg (das Haus)
Demmin gehörte, der Demminer Bürgerschaft, deren Landesherr
der Herzog von Pommern-Wolgast war, des Eigenthum von zwei Morgen "Lehmlandes"
auf dem Felde zu Popporow, welche sie von den Rittern Herrn Hermann von
Blücher und Herrn Gerhard Metzeke "an ihrem Burglehn" gekauft hatten.
Dies ist die einzige Nachricht von einem Blücherschen
Burglehn zu Demmin; höchst wahrscheinlich war es von dem Stammvater
der pommerschen Linie erworben. Uebrigens ist auch die Lage des Popporower
Feldes nicht ohne Interesse. Die Ortschaft Popporow ist untergegangen;
aber der Demminer Töpferacker bei der Klenzer und bei Trittelwitz
noch wohl bekannt. Auch die Klenzer Mühle gehörte anfänglich
den "Burgmannen und Eingesessenen in der Feste Demmin", ward von diesen
aber um eine jährliche Geldhebung aus Schönfeld am 22.
September 1279 an das Kloster Verchen vertauscht, und dieser Tausch 1287
von den pommerschen Herzögen bestätigt. Aber auch das Kloster
muss diese Mühle nicht lange hernach veräussert haben; denn 1334
war sie im Besitz der Familie von Blücher.
Am 1. Juli 1334 sind zu Demmin vier Knappen, "Ludolf
Bernhard, genannt von Blücher, Hermann Herrn Ulrichs Sohn, Hermann
Herrn Hermanns Sohn, genannt von Blücher", versammelt, welche "mit
ihren übrigen Brüdern und Erben" "in der Absicht, auf keine Weise
ihrer Vorgänger und ihren eigenen Contract zu brechen, sondern nach
Kräften zu erweitern", zu einem ewigen Gedächtniss ihrer Vorfahren
und ihrer selbst eine Vicarei bewidmen, die ihre Vorfahren und Brüder
bei ihren Lebzeiten einmüthiglich an einem zu Ehren der Jungfrau Katharine
in der Kirche ihres Dorfes Rellin gegründeten Altare gestiftet haben.
Sie begaben den Priester und Vicar an diesem Altare mit sehr bedeutenden
jährlichen Hebungen, mämlich 6 Mark "aus dem Hofe und den 2 Hufen,
welche gegenwärtig Ludolf Blücher hat, mit 3 Mark Hebungen aus
dem Hofe und Hufe Heinrich Gustekows" und mit noch 3 Mark aus einer vierten
Hufe; sie fügen dann aus einer fünften noch einen Mark und aus
einem Katen 16 Hühner hinzu, so lange der Vicar dies Haus nicht selbst
bewohnen will. Endlich weise sie aus "ihrer Klenzer Mühle" dem Vicar
von Rellin noch jährlich 2 Last Roggen und 2 Last Malz an, und verheissen
ihm, falls sie der Mühle verlustig gehen sollten, eine völlige
Entschädigung flir diese Kornhebung "aus ihren sichersten Gütern
im Dorfe Rellin, Daberkow, oder wo immer sie solche dann noch sonst haben
werden". Nach dem Rathe ihrer Freunde bestellen sie zum ersten Vicar einen
Demminer Bürgerssohn, der eben so wie seine Nachfolger bei dem Geber
aller Dinge ihr und ihrer Vorfahren Gedächtniss treu erhalten, d.
h. fleissig Todtenmessen für sie lesen soll.
Wenig Urkunden haben für die Blüchersche
Geschlechtsgeschichte eine so grosse Bedeutung, wie dieser Stiftungsbrief;
wir müssen ihn daher einer ausführlichen Betrachtung unterwerfen.
Die vier Knappen setzen also, nach ihrer eigenen
Erklärung, nur ins Werk, was ihre Väter und Brüder, die
nun schon heimgegangen sind, beschlossen und gelobt hatten; sie stiften
eine Vicarei zu Memorien für ihre Familie und statten sie mit Mitteln
aus, welche von einem bedeutenden Reichthum zeugen. Schon die Orte,
welche sie dabei als ihre Besitzthümer nennen, verdienen unsere Aufmerksamkeit.
Das Dorf Buchar, welches wir zuerst als ein pommersches Besitzthum der
von Blücher kennen lernten, wird hier gar nicht mehr als solches erwähnt;
und doch würde es kaum fehlen, wenn es noch in den Händen der
Familie gewesen wäre. Dagegen sind Daberkow, Rellin und die
schon berührte Klenzer Mühle genannt; sie zeigen uns ohne Zweifel
den ganzen Umfang des Güterbesitzes, dessen sich die pommersche Linie
damals zu erfreuen hatte, und dieser erscheint als ein gemeinsamer Besitz.
Wie und wann derselbe erworben ist erfahren wir bei dieser Gelegenheit
leider nicht; aber eben weil er ein Gemeinbesitz war, dürfen wir,
wie schon oben bemerkt ward, sicher voraussetzen, dass er von jenen vier
Knappen nicht erst gewonnen, sondern ihnen angeerbt war.
Rellin, welches hier gewissermassen als das Hauptgut
erscheint und in dessen Kirche vor dem Katharinenaltar wohl ohne Bedenken
das Blüchersche Familienbegräbniss zu vermuthen ist sucht man
jetzt freilich vergeblich auf der Landkarte; aber zu jener Zeit wird es
wiederholt genannt. Als am 31. Januar 1283 der Cammier Bischof Hermann
dem Kloster Ivenack alle Besitzungen und Zehnten bestätigte, führte
er darunter auch die Zehnten von zwei Hufen zu Relyn auf. - Wann der Name
untergegangen ist, vermögen wir nicht nach Urkunden anzugeben; es
berichtet aber Bergbaus in seinem pommerschen Landbuche (II, A., S. 88),
dass das an das Vorwerk Lindenberg anstossende Dorf Lindenberg "bis zum
Jahre 1584 den Namen Rellin führte". Von dem Vorwerke Lindenberg
ist bekannte dass es im Jahre 1300 noch ein Gut des Klosters Ivenack war
und dass es 1406 bereits der Familie Voss gehörte; von Rellin ist
aber selten die Rede, und in dem Blücherschen Lehnbriefe von 1486
wird es gar nicht mehr erwähnt. Doch wissen wir, dass die von
Blücher das Patronatrecht und das ausgedehnte Pfarrgut der Kirche
zu Rellin erst 1547 an die Landesherrschaft vertauschten. Gegenwärtig
gehören von der Feldmark Lindenberg zum Vorwerk 661 Morgen 26 Ruthen,
die bäuerlichen Wirthe haben 161 Morgen, die geistlichen Institute
313 Morgen inne. Wir müssen dahingestellt sein lassen, ob die
von Blücher schon vor 1486 einzelne Teile ihres Dorfes an die Voss
auf dem Lindenberg veräussert hatten, oder ob sie das, was Ihnen nach
der Bewidmung der Vicarei im Jahre 1334 noch verblieben war, auch noch
nach und nach an die Kirche abgetreten haben. Nach Bergbaus ist die jetzige
Kirche vom Herzoge Ernst im Jahre 1584 erbauet "als er die Pfarre von Kenzlin,
wo ehemals die Mutterkirche war, nach Lindenberg verlegte."
Auch die Klenzer Mühle werden die von Blücher
nicht lange festgehalten haben. Dagegen ward Daberkow im Demminschen
Kreise (unweit Jarmen, 1/2 Meile von der Tollense, auf ebenem, schwrem,
etwas nasskaltem Boden belegen) ihr Stammgut in Pommern, und ward, wiewohl
an sich schon ein ansehnlicher Besitz, allmählich, noch im Mittelalter,
durch Pertinentien im Nachbardorfe Pritzenow, späterhin auch in Bartow
und Wiezow erweitert. Erst im 18.Jahrhundert haben die vor Blücher,
wie wir später sehen werden, diese Güter an die ihnen verwandte
Familie von Heyden-Linden verkauft. Uebrigens mahnt es an die Vergänglichkeit
alles Irdischen, dass man heutzutage in Daberkow, so oft es in alter Zeit
genannt ward, vergebens eine Erinnerung an jene Familie, welche daselbst
über vierhundert Jahre gewohnt und gewartet hat, zu finden sucht.
Auch die dortige Kirche, welche mit ihrem Filial Tellin unter dem Patronat
der Blücher stand und wenigstens e i n Mitglied aus dieser Familie
zu ihren Pfarrern zählte 379 von diesem auch mit reichem Gute beschenkt
ist, hat heutiges Tages kein Denkmal kein Wappenbild, keinen Grabstein
der von Blücher aufzuweisen.
Fassen wir nun noch die vier Aussteller der Urkunde
vom Jahre 1334 ins Auge! Es kann uns zunächst nicht zweifelhaft
sein, dass "Hermann, Herrn Hermanns Sohn", ein Sohn jenes "Herr (Ritters)
Hermann ist, der 1309 und 1320 lebte. Der ihm zur Seite gestellte
"Hermann, Herrn Ulrichs Sohn", ist wohl gleichfalls als ein Enkel des pommerschen
Stammvaters Hermann anzusehen. Da nun diese beiden in so merkwürdiger
Weise von den beiden an erster Stelle genannten Knappen Ludolf und Bernhard
gesondert werden, so bleibt nichts weiter übrig anzunehmen, als dass
Ludolf und Bernhard entweder von einem uns sonst unbekannten Sohne des
pommerschen Stammvaters Hermann abstammten, oder dass sie Söhne dieses
ersten pommerschen Hermann, also Oheime der beiden nach ihnen genannten
Knappen waren. Wir entscheiden uns für diese zweite Annahme;
denn aus diesem verschiedenen Grade der Abstammung jener vier Knappen von
dem Stammvater erklärt sich nicht nur die Sonderung der Namen am leichtesten,
sondern auch das Bekenntnis, dass sie nur den Entschluss ihrer verstorbenen
"Väter und Brüder" ausführten. Die Ritter Hermann
und Ulrich waren nach unserer Meinung die Brüder der Knappen Ludolf
und Bernhard, und zugleich die Väter der beiden Hermann; Ludolf und
Bernhard werden aber die Söhne des ersten Hermann sein, welche 1303
noch minorenn waren. In der Urkunde gebührte ihnen die Stelle
vor den Neffen.
Ist unsere, Ansicht richtig, so nannte der erste Ritter Hermann seinen
ältesten Sohn nach seinem eigenen Vater, den zweiten Ulrich nach seinem
eigenen Grossvater, den dritten Ludolf vielleicht nach seinem eigenen Urgrossvater;
Bernhard wäre dann der vierte Sohn, und 1334 sähen wir neben
den beiden jüngsten Vertretern der zweiten pommerschen Generation
in den Söhnen der Ritter Hermann und Ulrich schon die dritte Generation
des Daberkowschen Hauses,
Hermann
Meklenbuurgischer Ritter 1266-1271, 1287-1302
pommerscher Ritter und Rath, Burgamnn zu Demmin,
auf Buchar (Rellin und Daberkow ?)
|
--------------------------------------------------------------------------
Hermann
Ulrich
Ludolf
Bernhard
Ritter, 1309, 1320
Ritter
Knappe
Knappe
+ vor 1334
+ vor 1334 zu Rellin (und
zu Rellin und
auf Daberkow
auf Daberkow Daberkow)
Daberkow
und Rellin
und Rellin
|
|
Hermann
Hermann
Knappe 1334
Knappe 1334
Weiter zu § 16 - Die Blücher im
Lande Werle
Zurück zur Blücher-Übersicht