§ 61 Bernd Christoph
Weniger Nachrichten als über den schwedischen Rittmeister Ulrich Hans
von Blücher haben wir über seinen Bruder Bernd Christoph, den
jüngeren Sohn Bernd auf Groß Renzow.
Die früheste ist, dass auch er in schwedische Dienste trat, und dass
er seinen schwerbeschädigten Bruder zu Ende November 1655 von Krakau
in die Heimath geleitete. Ob er dann noch zur schwedischen Armee zurückgekehrt
ist, bleibt zweifelhaft. Desto besser bezeugt ist sein Bemühen, das
väterliche Gut Gr. Renzow zurückzugewinnen.
Die Käufer dieses Gutes, Domdechent Detlef
von Bülow, hatte nicht die Absicht, es dauernd zu behalten und wieder
herzustellen, er beeilte sich daher, er mit landesherrlicher Genehmigung
auf 12 Jahre an den Lübecker Kaufmann Heinrich Stein um 11000 Gulden
zu verpfänden. Als nun hernach 1658 der Herzog Christian zur Regierung
gekommen war, entstand um Gr. Renzow eine rechtes Jagen. Bülow erfüllte
seien Lehnspflicht, indem er es am 26. Januar 1659 muthete, und er empfing
auch einen Muthschein; Stein muthete gleichfalls das Gut, empfing aber
keinen Schein; endlich am 30. October muthete auch Bernd Christoph sein
väterliches Gut, begehrte es einlösen zu dürfen und bat,
dem Pfandinhaber den verkauf des Holzes oder den verbrauch desselben in
einer Glashütte zu verbieten, weil in den Waldungen damals der grösste
Werth steckte. Blüchers Muthung kam zu spät; aber "aus sonderbaren
Gnaden" empfing er doch den gewünschten Schein und die Aufforderung
fördersamst den Lehneid zu leisten.
Schon durfte er als hoffen zum Ziele zu gelangen.
Aber den Pfandinhaber trat ihm entgegen. Stein behauptete, auf die Hebung
des Gutes ein Grosses verwandt zu haben und seines Kriegschadens in den
Jahren 1658 und 1659 sich nur an der Holzung erholen zu können; er
bat zugleich, ihm die Allodialität über Gr. Renzow zu ertheilen.
Er war damals nun freilich noch ausser der Regel, Kaufleuten, welche Güter
in Mecklenburg als Gläubiger oder zum Pfandbesitz erworben hatten,
zu Ungunsten der Lehnanwärter die Allodialität zuzugestehen;
da jedoch Stein auch noch anderweitige Güterankäufe im Lande
machte, so empfing er am 20. Januar 1660 vom Herzog Christian den gewünschten
Allodialbrief über Groß Renzow.
Aber auch Stein wollte dies Gut gar nicht behalten;
er veräusserte er mit fürstlichem Consens an Anton Low, und dieser
verkaufte es 1662 abermals an Wulf von Ahlefeldt, der am 27. Juni 1663
den Homagialeid leistete. Als dieser sich mit Anna Maria von Moltke vermählte,
vermachte er ihr in dem Ehepacten vom 18. Januar 1664 auf den Fall, dass
ihre Ehe kinderlos bliebe, jenes Gut zum Leibgedinge. Dieser Fall trat
hernach ein, und die Witwe brachte Groß Renzow ihrem zweiten Manne,
dem Rath Bildebeck, zu.
Gegen Wulf von Ahlefeldt machten nun die beiden
Brüder Ulrich Hans und Bernd Christoph ihre Retractrecht geltend.
Jedoch erging am 13. December 1664 die Sentenz : "das Klägern an dero
zwar altväterlichen, mediante creditorum concursu aber durch gerichtliche
Addiction und vorschiedentlich weiters mit fürstlichem Consens beschehene
erb- und eigenthümliche Translationes an andere Hand übergangenem
Gute Grossen-Rentzow das jus retractus nicht competire"; nur das väterliche
Begräbniss der Kläger zu Pokrent sei jure religiosi von gedachter
Translation und erblichem Gutsübergange auszunehmen usw.
Um hier gleich den Abschluss zu erwähnen, so
fand lange nach Bernd Christophs Tode sein Sohn Ulrich
Christoph jenen Muthschein vom 1. November 21659 unter des Vaters Briefschaften
und begann, mit dem obigen Processe von 1664 unbekannt, im Jahre 1702 wider
den Rath Bilderbeck einen neuen Lehnprocess. Dieser that jedoch am 28.
Juni 1702 sein Recht auf Gr. Renzow dar, und Blücher stand hernach
von weiteren Schritten ab.
Nach dem verfehlten Versuche auf Gr. Renzow gründete
sich Bernd Christoph bald ein anderes, wenn auch freilich viel bescheideneres
Heim. Er vermählte sich mit der Wittwe Joachims von Köln [Cölln]
Katharina, Tochter Caspar von Oldenburgs auf
Wattmannshagen und der Anna geb. von Wedel, und
erwarb durch einen Vertrag mit der Nichte seiner Frau, Katharina Knust,
um eine geringe Abfindung Antoni 1666 den kleinen Hof zu Roggow, der einen
Pertinenz von Wattmannshagen war. Nach einigen Streitigkeiten wurden 1669
Blücher die beiden Wattmannshäger Pertinentien zu Roggow und
Krassow durch einen neuen Vergleich zu Theil. In dem Besitze dieser beiden
Gehöfte finden wir ihn auch noch 1678.
Unterdessen war er aber am 30. Januar 1678 auch
in den Pfandbesitz der Domänen Markow und Tützen (im Amte Stavenhagen)
eingetreten. Nach Markow verlegte er dann seinen Wohnsitz, und dort ist
er auch am 26. December 1679 verstorben.
Seine oben erwähnte Ehefrau hinterliess ihm
einen Sohn, Ulrich Christoph, und eine Tochter,
Anna Marie, die sich am 11. November 1697 mit August von Linstow auf Woggersin
und Kalübbe (+ 5. Juni 1723) verheirathet hat und am 21. Februar 1721
verstorben ist.
Am 4. Januar 1677 hatte aber Bernd Christoph zum
andern Mal Hochzeit gemacht, mit Sophie Marie, Tochter Joachims
von Blücher auf Levitzow und Remlin und der Dorothea geb. von
Grabow. Die Wittwe ging hernach eine zweite Ehe
ein mit Joachim Christian von Möller auf Teschow und Karnitz.
Die zweite Ehe Bernd Christophs soll unbeerbt geblieben
sein; und in der That können wir ausser den beiden obenerwähnten
mit Sicherheit keine Kinder desselben nachweisen. Andererseits erscheint
in den Zahlrollen der meklenburgischen Infanterie-Compagnie von Bülow
vom October 1701 ein "Sergeant Ulrich Friedrich von Blücher", der
"nach alter Gewohnheit" eine monatliche Gage von 6 Rthlrn., unter Abzug
eine Thalers "für Mundirung", empfing. Dieser kommt als 1. Sergeant
bis zum März 1702 vor, im April fehlt er schon, und wir hören
fortan seinen Namen nie wieder. Er ist also wahrscheinlich damals gestorben.
Der Vorname Ulrich weist ihn den Häusern Gr. Renzow und Gorschendorf
zu. Der Zeit nach dürfte man ihn am ersten für einen jung verstorbenen
Sohn Bernd Christophs halten.
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