§ 50 - Mathias II., Knappe (1343-1368)

       Wir müssen aus den so eben erwähnten und folgenden Gründen annehmen, dass der seit dem J. 1343 öfter genannte Mathias Hahn ein Sohn des Mathias I. gewesen sei, vorzüglich deshalb, weil wir sonst für das ganze 14. Jahrhundert für das Haus des Mathias I. nur diesen einzigen Besitzer erhalten wurden und weil bei allen späteren Verhandlungen der mitwirkende Mathias Hahn offenbar ein jüngerer Mann sein musste, als Mathias I. es z. B. noch im J. 1365 sein konnte. Freilich ist das an der unten genannten Reknitzer Urkunde vom 19. Jan. 1368 hängende Siegel des Mathias, welchen wir für Mathias II. halten, durchaus dasselbe, welches Mathias I. zur Besiegelung der oben erwähnten Stralsunder Urkunde vom 22. Juni 1339 führt; aber es lässt sich annehmen, dass der Sohn das Siegel des Vaters benutzt habe, da beiden den gleichen Namen führten : dergleichen Fälle kommen in jener Zeit, wenn auch nicht häufig, vor, wie z.B. der Fürst Heinrich II. der Löwe von Mecklenburg das Siegel seines Vaters Heinrich I. des Pilgers führt, wenn auch in andern Fällen die Sorglichkeit beim Gebrauche des Siegels sehr gross ist, wie z. B. bei dem Fürsten Albrecht und der Vormundschaft ihn und seinen Bruder Johann.
        Um das J. 1348 hatten sich die Söhne des Ritters Nicolaus II. auseinandergesetzt, und bei dem Uebergewicht, welches sich der älteste seiner Söhne Nicolaus III. von Basedow erworben hatte, waren auf diesen allein am 11.  Nov. 1349 die Güter Basedow, Gessin und Sand-Liepen übergegangen, zu denen er noch Jahmen, Wargentin und Bristow für sein Haus erwarb. Die Güter Wozeten und Kl. Wardow, welche seit 1337 und 1342 Gesammtlehen der Linie waren, gingen wohl auf die andern Brüder über: Wozeten auf Nicolaus, d.j., da seine Söhne Veräusserungen ans diesem Gute vornahmen, Wardow wahrscheinlich auf Mathias; Kuchelmiss, welches ebenfalls ein altes Gesammtlehn der Linie war, bildete urkundlich das Haus des zweiten Bruders Eckhard.
        Wir müssen dem Knappen Mathias das Haus Kl. Wardow zuschreiben, da er am häufigsten in der Gegend von Laage auftritt und ohne Zweifel mit den in der Vogtei Laage angemessenen ritterlichen Geschlechtern verwandt war.  Am 15.  Nov. 1357 verkauften zu Laage die Brüder Nicolaus Hahn, Knappe, und Ludolf, Priester, zur Stiftung einer Vicarei vier Hufen in Wozeten, welche sie von ihrem Vater Nicolaus geerbt hatten; zu diesem Verkaufe leisteten Einwilligung und Bürgschaft ihre Verwandten ("vrund"): Arnold von Lewetzow, Bernhard von Lehsten, Mathias Hahn und Joachim Nortmann, welche alle in der Gegend von Laage wohnten. Am häufigsten erscheint Mathias Hahn in Gemeinschaft mit den Nortmann, welche auf dem Schlosse Rossewitz wohnten und weit um diese Burg eine grosse Menge, reicher Güter besassen, namentlich bei der Stiftung zweier Vikareien in der Kirche zu Reknitz (vgl. oben S. 58). Am 28.  April 1365 versprachen die beiden Vettern Nicolaus und Joachim Nortmann, Mathias Hahn und oder Conlrad Nortmann, des Ritters Conrad Sohn, mit gesammter Hand für sich und ihre Erben, dem Priester Hermann von Wismar über den Ankauf von 8 ½ Hufen in Glasewitz und 2 ½ Hufen in Prusekendorf, welche einst dem genannten Joachim Nortmann gehört hatten und zur Stiftung einer Vikarei bestimmt waren, nach geschehener Auflassung innerhalb eines halben Jahres den landesherrlichen und den bischöflichen Consens verschaffen.  Aus dieser Urkunde geht ein gleiches Erbrecht des Mathias Hahn mit den jüngern Nortmann hervor, von denen z.B. Joachim nach seinem Leichensteine in der Kirche in Reknitz erst im J. 1389 starb.  Sicher war Mathias Hahn mit einer Nortmann aus dem Hause Rossewitz vermählt und Mathias Hahn handelte hier in ehelicher Voirmundschaft seiner Frau.  Am 19. Jan 1368 stiftete der Knappe Nicolaus Zapkendorf, ein Sohn des Ritters Johann Zapkendorf, welche mit den Nortmann denselben Stammvater und neben den Nortmann ihre Sitze hatten, testamentarisch eine Vikarei in der St. Bartholomäus-Kirche zu Reknitz zu Ehren der Apostel Jacobus d. ä. und Johannes d. E. und dotirte sie vorzüglich mit seinem Hofe zu Reknitz; diese Stiftungsurkunde besiegelten die Knappen Joachim Nortmann und Mathias Hahn, ohne Zweifel als seine nächsten Verwandten: das an dieser Urkunde hängende Siegel ist durchaus dasselbe, mit welchem Mathias Hahn die stralsunder Urkunde vom 22.  Juni 1339 besiegelte und welches ohne Zweifel von dem Vater auf den Sohn übergegangen war.  Als am 23. und 27. Febr. 1369 auf dem Schlosse zu Rossewitz von den Nortmann und Zapkendorf eine neue Vikarei in der Kirche zu Reknitz gestiftet ward, war jedoch nicht Mathias, sondern der Bitter Nicolaus Hahn Zeuge.
         Am 4. März 1343 verglichen sich die Brüder Nicolaus, Eckhard und Nicolaus Hahn mit dem Ritter Johann von Plessen und dessen Brüdersohn Heinrich über die bei Parchim gelegenen mallinschen Güter Slate, Klokow, Lübow, Voddow, Slepkow, Meiersdorf und Menzendorf dahin, dass Nicolaus Hahn d. j. diese Güter so lange behalten solle, als seine zweite Frau, des Ritters Nicolaus von Mallin Tochter, leben würde; nach deren Tode sollten die Güter zur einen Hälfte an die genannten Hahn, zur andern Hälfte an die von Plessen fallen.  Bei diesem Vertrage fehlt Mathias Hahn den Brüdern; in der Urkunde ist auch ausdrücklich nur von "drei Brüdern" die Rede, die mit gesammter Hand gelobt hätten.  Am 5. Febr. 1366 verkauften die Brüder Nicolaus und Ludolf Hahn von Basedow und die Eckhard Hahn Vater und Sohn, von, von Kuchelmiss, die Hälfte dieser Güter an die Stadt Parchim, ohne dass von Mathias Hahn die Rede gewesen wäre; das Haus des jüngern Nicolaus Hahn auf Wozeten war wahrscheinlich schon ausgestorben.  Am 9. März 1366 gab jedoch Mathias Hahn zu gesammter Hand mit Joachim Nortmann, und Albern Schönberg seine Zustimmung zu diesem von seinen "Vettern Eckhard und Nicolaus" abgeschlossenen Verkaufe; wahrscheinlich war damals zwischen 5. Febr. und 9. März 1366 Eckhard I. auf Kuchelmiss gestorben, und Ludolf Hahn auf Basedow tritt erst im J. 1372 nach dem Tode seines Bruders Nicolaus IV. wirksam auf (vgl. oben S.. 60).
        Am 29.  Jan. 1367 war Mathias Hahn noch zu Güstrow bei den Fürsten von Werle unter den Vermittlern der Sühne zwischen der Stadt Güstrow und den Preen wegen der vor Güstrow vollzogenen Enthauptung des Hans Preen von Davermoor, und am 19. Jan 1368 zeugt er zuletzt mit Nicolaus Zapkendorf bei der oben erwähnten Stiftung einer Vikarei zu Reknitz.
       Hiermit verschwindet nicht allein Mathias Hahn, sondern es ist auch in sehr langer Zeit nicht von Nachkommen desselben sie Rede. Wahrscheinlich starb er früh und hinterliess minderjährige Kinder, da bei der Stiftung einer neuen Vikarei zu Reknitz im Februar 1369 nicht er, wie zu erwarten stand, sondern der Ritter Nicolaus IV. auf Basedow, damals das Haupt der Linie, vielleicht als Vormund seiner Kinder, handelnd erscheint.
        Es war überhaupt ein eigenthümlicher Zustand in der Familie.  Wohl sicher gegen das Jahr 1380 waren die Häuser Kuchelmiss und Wozeten ausgestorben.  Bei der um das J. 1380 vorgenommenen Theilung der Güter des Hauses Basedow waten die alten Gesammtlehen Wozeten und Kl. Wardow an dieses Haus zurückgefallen und bei der Theilung an das Haus Wargentin gekommen.  Die mallinschen Güter waren im J. 1366 an die Stadt Parchim verkauft.  Kuchelmiss war ebenfalls eine Zeit lang an das Hans Basedow zurückgegangen. Es war also um das J. 1380 alles Besitzthum der basedowschen Linie bei dem Hause Basedow.
        Und dennoch muss das Haus Kl. Wardow nicht ausgestorben gewesen sein. Wir haben freilich keine bestimmte Angabe über die Fortdauer dieses Hauses, aber so viel triftige Gründe anzunehmen, dass es nicht ausgestorben sei.  Dass das alte Haus Wargentin um 1466 ausgestorben sei, wissen wir, eben so dass Kuchelmiss an die Linie zurückgefallen und im Besitze des Hauses Wargentin gewesen war.  Die Häuser Wozeten und Kl. Wardow waren wahrscheinlich sehr verschuldet gewesen; in, der Urkunde vom 27.  März 1443 wird ausdrücklich gesagt, dass Jahmen und Wozeten an die Negendank verpfändet gewesen, aber wieder eingelöset seien, in der Urkunde vom 15.  Sept. 1405, dass Kl. Wardow an die Lehsten verpfändet sei.  So behielt also der Erbe des Hauses Kl. Wardow wenig oder nichts.
        Kl. Wardow war also in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts an die Lehsten, deren Hauptsitz Gottin war, verpfändet worden. Seit dem Anfange des 15.  Jahrhunderts wohnten die Lehsten auch auf Kl. Wardow und erwarben im Laufe des 15.  Jahrhunderts auch das Gut Gr. Wardow, welche nach und nach zu Einem Gute Wardow zusammengezogen wurden: seit dem 16.  Jahrhundert war nur Ein Wardow im Besitze der Lehsten.  So ging das alte hahnsche Lehn Kl. Wardow schon früh an die Lehsten verloren.  Das Gut Gr. Wardow hatten eine Zeit lang die von Lowtzow besessen:, noch am 6. Dec. 1451 wohnte "Eler Levetzow (d. i. Lowtzow) zu Gr. Wardow". - Auch Jahmen und Wozeten waren' am Ende des 14.  Jahrhunderts an die Negendank verpfändet worden, deren Hauptsitz in diesen Gegenden Schwiessel war: im J. 1425 wohnte Wulf Negendank auf Schwiessel.  Diese beiden Güter Jahmen und Wozeten waren sehr zerstückelt, namentlich hatte der Rath und die Geistlichkeit von Laage viele Anteeile an diesen Gütern. Namentlich war Wozeten sehr zerstückelt.  Zwar hatten die Hahn nach der Urkunde vom 27. März 1443 das Lehn und den Rittersitz von Wozeten wieder eingelöset, aber damit keinesweges das ganze Gut wieder erworben.  Wozeten ging im Laufe des 15.  Jahrhunderts ebenfalls an die Lehsten über, welche es sicher seit dem 16.  Jahrhundert besassen.  So ging mit Wardow auch Wozeten an die Lehsten verloren.  Das Gut Jahmen war ebenfalls sehr zerstückelt. Zwar brachten die Hahn in der ersten Hälfte, des 15.  Jahrhunderts viele einzelne Besitzungen und Gerechtigkeiten dieses Gutes wieder auf einige Zeit zusammen, aber seit dem 17. Jahrhundert ging auch Jahmen nach und nach an die Lehsten über.
        Um das J. 1421 tritt plötzlich wieder ein Mathias Hahn, im Lande Güstrow, wahrscheinlich zu Kuchelmss, auf. Kuchelmiss hatte, nach dem Aussterben des alten Hauses Kuchelmiss, eine Zeit lang dem Hause Basedow-Wargentin gehört. Am 27. März 1443 verglich sich Lüdeke Hahn auf Wargentin mit seinem Vetter Lüdeke Hahn auf Basedow wegen aller Ansprüche, welche dieser deshalb haben möchte, weil Mathias Hahn auf Wargentin (1380-1409) das Gut Kuchelmiss verkauft habe. Dieser Verkauf von Kuchelmiss war wahrscheinlich in der Familie an den 1425 plötzlich wieder auftretenden Mathias Hahn geschehen, welcher ein Sohn des Mathias II. auf Kl. Wardow war: der Name Mathias war diesem Hause eigenthümlich und dieser Mathias lässt sich nirgends anders unterbringen. Matthias III. Hahn ward also der Stifter des neuen Hauses Kuchelmiss, welches bald mit Ansehen und Reichthum aufblühete und von den Landesherren ebenfalls besonders begünstigt ward.  Daher lässt es sich denn auch erklären, dass bei der Verleihung von Pleetz und des stargardschen Erbmarschallamtes am 12. November 1469 sich die Hahn auf Basedow und die Hahn auf' Kuchelmiss die gesammte Hand an allen ihren Gütern in Meklenburg versicherten weil "sie unter einander die nächsten Vettern" seien und sich, wie damals noch klar war und immer angenommen ist, unter einander näher standen, als den Hahn auf Solzow und Arensberg, welche zu der Errichtung der gesammten Hand zwischen Kuchelmiss-Pleetz und Basedow Zustimmung gaben, und dass das Haus Basedow beim Aussterben der Häuser Kuchelmiss und Pleetz in deren Güter succedirte daher kam, es auch, dass z. B. am 21. Jan. 1453 die Hahn auf Basedow, Wargentin und Kuchelmiss zu gesammter Hand von. den v. Kamptz Versicherung auf die Verpfändung von Langwitz erhielten, am 11.  Nov. 1458, als die Hahn auf Kuchelmiss den Pfandbesitz des Landes Gnoyen erwarben, die "Hahn auf Basedow als nächste Vettern" zu treuer Hand mit ihnen die Anwartschaft empfangen und am 4. Sept. 1467 die Theilung des Schlosses Basedow zwischen die Vettern Lüdeke und Hans durch Vermittelung "ihrer nächsten Vettern" , der Brüder Heinrich und Claus Hahn auf Kuchelmiss, ausgeführt ward. Es liegt daher sehr nahe, anzunehmen, dass Mathias Hahn, der um das J. 1425 auf Kuchelmiss wohnt, ein Sohn des Mathias Hahn auf Kl. Wardow sei und das neue Haus Kuchelmiss gegründet habe.

Mathias III.

 zurück zur Hahn-Übersicht